Leitsatz

Die Art und Weise, in der der Steuerpflichtige seine Aufzeichnungen geführt hat, ist eine Tatsache i. S. d. des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Dies gilt im Fall der Einnahmenüberschussrechnung nicht nur für Aufzeichnungen über den Wareneingang gemäß § 143 AO, sondern ebenso für sonstige Aufzeichnungen und die übrige Belegsammlung.

 

Sachverhalt

Gesetzliche Regelungen

Nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen.

Sachverhalt: Außenprüfer nimmt Zuschätzungen vor

Die Kläger wurden in den Streitjahren 2013 und 2014 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Kläger betreibt als Einzelunternehmer einen Einkaufsladen. Das Warensortiment umfasst vorwiegend Bau- und Heimwerkerbedarf, ebenso Dekoartikel, Schreibwaren, Zeitungen, Lotterielose, Tabak sowie diverse andere Haushaltswaren. Außerdem kauft und verkauft bzw. vermittelt der Kläger Edelmetall und bietet verschiedene Dienstleistungen an. Seinen Gewinn ermittelt er durch Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG.

Der Kläger verwendet eine elektronische Kasse, die auf den täglich ausgedruckten Z-Bons insgesamt fünf Warengruppen (Verkauf 19 %, Verkauf 7 %, Versandhandel, Wäscherei, Lotto) ausweist. Eine weitere Aufgliederung oder Aufzeichnung der Umsätze nach den einzelnen Waren und Dienstleistungen nimmt der Kläger nicht vor. Auf den Z-Bons hat der Kläger gelegentlich handschriftliche Korrekturen vorgenommen.

Außerdem führt der Kläger tägliche Kassenberichte, die wie folgt aufgebaut sind:

  • + Erlöse (Soll) laut Bon
  • - abzgl. EC-Umsatz
  • - abzgl. Auszahlung
  • + zzgl. Einzahlungen
  • = Kassenbestand (Soll)

Der Kassenbestand am Tagesende wurde nahezu ausschließlich mit 0 EUR angegeben, die Wechselgeldeinlage in der Kategorie "+ zuzüglich Einzahlungen". Für einige Tage der Streitjahre lautete diese Eintragung auf 0 EUR. Überwiegend entsprachen die Eintragungen im Kassenbericht den Zahlenwerten auf den Z Bons. Soweit der Kläger handschriftliche Korrekturen auf den Z Bons vorgenommen hat, entsprachen die Eintragungen im Kassenbericht teils den korrigierten Zahlen auf den Z Bons (z. B. am xx.xx.2015), teils wurden die Korrekturen nicht in den Kassenbericht übernommen (z. B. am xx.xx.2015). Für den xx.xx.2015 war ein Kassenendbestand von × EUR vermerkt. Dieser wurde für den Folgetag (xx.xx.2015) nicht als Einzahlung notiert, die Erlöse und die Auszahlung laut Kassenbericht entsprachen den auf dem Z Bon ausgewiesenen Beträgen.

Das FA hatte die Kläger für die Streitjahre zunächst erklärungsgemäß und ohne Vorbehalt der Nachprüfung zur Einkommensteuer veranlagt.

In der Folge fand eine Außenprüfung beim Kläger statt. Der Prüfer kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger seinen Aufzeichnungspflichten nach § 22 UStGnicht hinreichend nachgekommen sei, weil er nicht sämtliche Geschäftsvorfälle nach der zeitlichen Reihenfolge und mit ihrem richtigen Inhalt festgehalten habe. Es sei nicht erkennbar, ob der Kläger Umsätze zu verschiedenen Steuersätzen zutreffend getrennt und auf die Umsätze den zutreffenden Steuersatz angewendet habe. Zudem müsse ein grundsätzlich nicht zur Führung eines Kassenbuchs verpflichteter Steuerpflichtiger, der - wie der Kläger - ein solches freiwillig führe, die gesetzlichen Anforderungen an ein Kassenbuch erfüllen. Dem genüge das 2013 und 2014 in Form einer nicht gegen nachträgliche Änderungen geschützten Excel-Tabelle erstellte Kassenbuch nicht. Auch könne eine Kassensturzfähigkeit im Nachhinein nicht festgestellt werden. Ferner seien die Geschäftsvorfälle, die den handschriftlichen Korrekturen auf den Z Bons zugrunde lägen, mangels Eigenbelegen nicht nachvollziehbar.

Eine Geldverkehrsrechnung ergab keine ungeklärten Einnahmefehlbeträge.

Der Prüfer vertrat die Auffassung, dass wegen erheblicher Kassenführungsmängel eine Hinzuschätzung durch Sicherheitszuschlag i. H. v. 10 % der Barerlöse zu erfolgen habe.

Das FA machte sich die Feststellungen der Außenprüfung zu eigen und änderte dementsprechend die Bescheide über Einkommen- und Umsatzsteuer sowie über den Gewerbesteuermessbetrag für 2013 bis 2015. Es stützte die Änderung der Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbetragsbescheide für 2013 und 2014 auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO, die Änderung der übrigen Bescheide auf § 164 Abs. 2 AO.

Klage teilweise erfolgreich

Die nach der erfolglosen Durchführung des Einspruchsverfahrens erhobene Klage hatte teilweise Erfolg. Das FG machte die Erhöhung der Betriebseinnahmen für die Einkommensteuer und die Gewerbesteuermessbeträge für 2013 und 2014 vollständig rückgängig und brachte im Übrigen nur noch einen Sicherheitszuschlag von 5 % der Betriebseinnahmen beziehungsweise Umsätze in Ansatz.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Bundesrechts und beantragt, das Urteil FG aufzuheben, soweit es die Änderungsbescheide für 2013 und 2014 über Einkommensteuer betrifft, und die Klage insoweit abzuweisen.

 

Entscheidung

Revision des FA begründet

Die Revision führt zu...

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