Leitsatz
1. Unter Instandsetzung und Modernisierung eines Gebäudes sind bauliche Maßnahmen zu verstehen, durch die Mängel oder Schäden an vorhandenen Einrichtungen eines bestehenden Gebäudes oder am Gebäude selbst beseitigt werden oder das Gebäude durch Erneuerung in einen zeitgemäßen Zustand versetzt wird.
2. Zu den Aufwendungen i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG gehören unabhängig von ihrer handelsrechtlichen Einordnung sämtliche Aufwendungen für bauliche Maßnahmen, die im Rahmen einer im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes vorgenommenen Instandsetzung und Modernisierung anfallen und nicht nach Satz 2 der Vorschrift ausdrücklich ausgenommen sind. Hierzu zählen auch Kosten für die Herstellung der Betriebsbereitschaft.
3. Von einer Renovierung und Modernisierung im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes kann im Regelfall ausgegangen werden, soweit bauliche Maßnahmen innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung durchgeführt werden.
Normenkette
§ 6 Abs. 1 Nr. 1a, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, § 255 Abs. 1 HGB
Sachverhalt
Der Kläger erwarb ein Einfamilienhaus und sanierte es umfassend. Ohne Berücksichtigung der Aufwendungen für den Austausch der Fenster war die 15 %-Grenze noch nicht überschritten. Der Kläger stritt deshalb dafür, dass diese Aufwendungen, die nach seiner Auffassung handelsrechtlich zu Anschaffungskosten geführt hatten, nicht einzubeziehen seien. Die Aufwendungen für die übrigen Sanierungsarbeiten seien folglich sofort abziehbar, da der Grenzwert insofern nicht überschritten sei. FA und FG (FG München, Urteil vom 3.2.2015, 11 K 1886/12, Haufe-Index 7744909, EFG 2015, 1081) bezogen die Aufwendungen für den Austausch der Fenster dagegen in die Berechnung der 15 %-Grenze ein und versagten den sofortigen Abzug sämtlicher Aufwendungen.
Entscheidung
Der BFH hat die Revision des Klägers zurückgewiesen.
Hinweis
1. In einer Serie von drei Fällen, die alle zur Veröffentlichung vorgesehen sind (vgl. auch IX R 25/14, BFH/NV 2016, 1617, Haufe-Index 9734952 und IX R 22/15, BFH/NV 2016, 1623, Haufe-Index 9734954), hat der BFH den Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG (anschaffungsnahe Herstellungskosten) grundlegend neu bestimmt und dabei eine maximal verwaltungsfreundliche Auslegung vorgenommen.
Eine ausführliche Besprechung der neuen Rechtsprechung finden Sie zum Aktenzeichen IX R 22/15 (BFH/NV 2016, 1623, Haufe-Index 9734954).
2. Der Besprechungsfall warf u.a. die Frage auf, ob Kosten für die Herstellung der Betriebsbereitschaft (Bewohnbarkeit), die handelsrechtlich zu den Anschaffungskosten gehören, in die Berechnung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG einzubeziehen sind. Der BFH hat dies bejaht. § 255 Abs. 1 HGB wird durch § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG vollständig verdrängt. Die Aufwendungen für den Austausch von Fenstern gehören deshalb zu den Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG (Leitsatz 2 letzter Satz), auch wenn sie handelsrechtlich (ausnahmsweise) zu den Anschaffungskosten gehören.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 14.6.2016 – IX R 15/15