Leitsatz
Hat sich der Vermögensübernehmer eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs gegenüber den Vermögensübergebern (Eltern) in einem Altenteilsvertrag verpflichtet, die Kosten eines ortsüblichen Grabmals zu tragen, so sind die dadurch nach dem Tod des Erstverstorbenen entstandenen Aufwendungen als dauernde Last i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abziehbar, soweit sie angemessen sind.
Normenkette
§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG
Sachverhalt
Im Jahr 1995 erhielt der Kläger von seinen Eltern durch vorweggenommene Erbfolge gegen Gewährung eines umfassenden Leibgedings einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb übertragen. U.a. verpflichtete sich der Kläger, beim Tod seiner Eltern für deren standesgemäße Beerdigung und ein ortsübliches Grabmal aufzukommen. Im Streitjahr 1998 machte der Kläger die von ihm aufgewendeten Kosten für das Grabmal seines im Vorjahr verstorbenen Vaters i.H.v. 10.420 DM als dauernde Last i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG geltend.
Das FA versagte den Abzug. Das FG gewährte ihn (vgl. FG Nürnberg in EFG 2004, 722). Die dagegen gerichtete Revision des FA hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Der Rechtsbegriff "Versorgungsleistungen" umfasse jedenfalls solche Zuwendungen zur Existenzsicherung, durch welche laufende Grundbedürfnisse des Bezugsberechtigten wie Wohnen und Ernährung sowie der sonstige Lebensbedarf abgedeckt würden. Darüber hinaus seien als Sonderausgaben abziehbar aber auch einmalige Aufwendungen, die – wie die Kosten für die Beerdigung und das Grabmal des Altenteilers – nach dem Zivilrecht zum Inbegriff "typischer" Versorgungsleistungen gehörten. Dies gelte ungeachtet dessen, dass die Aufwendungen für ein Grabmal naturgemäß nicht "wiederkehrend" seien.
Die "Bündelung" verschiedenartiger Versorgungsleistungen schließe es aus, einen einmalig zu erbringenden Leistungsbestandteil isoliert zu betrachten, zumal wenn sich dieser – wie hier die Kosten des Begräbnisses – als zeitlich letzter in einer Reihe unterschiedlicher laufender Zuwendungen an den Vermögensübergeber darstelle.
Hinweis
In zivilrechtlicher Hinsicht sind die Interessen der Beteiligten eines Altenteilsvertrags exemplarisch und Richtung weisend in den zu Art. 96 EGBGB ergangenen landesrechtlichen Ausführungsgesetzen bewertet. Danach gehören die Kosten der Beerdigung des Altenteilers zu den Bestandteilen des im Altenteil zusammengefassten Leistungsbündels. Dies gilt selbst dann, wenn die Übernahme dieser Kosten im Altenteilsvertrag nicht ausdrücklich geregelt wurde, "soweit die Bezahlung vom Erben nicht zu erlangen ist" (vgl. z.B. Art. 15 AGBGB Bayern und § 12 AGBGB Baden-Württemberg).
Diesen zivilrechtlichen Wertungen folgend hat der BFH im vorliegenden Fall – in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung (vgl. BFH, Urteil vom 20.3.1984, IX R 8/80, BStBl II 1985, 43) – entschieden, dass die angemessenen Kosten für die Beerdigung des Altenteilers inklusive der Aufwendungen für ein ortsübliches Grabmal vom Vermögensübernehmer als Bestandteil der dauernden Last i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abgezogen werden können. Damit korrespondierend musste allerdings die Mutter als Leistungsempfängerin den Bezug nach § 22 Nr. 1 EStG versteuern.
Im Streitfall konnte der BFH offen lassen, ob der Kläger die Beerdigungs- und Grabmalkosten auch dann nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG hätte abziehen können, wenn der Vater alleiniger Vermögensübergeber gewesen wäre. In diesem Zusammenhang sind zwei Konstellationen zu unterscheiden:
Soweit der Vermögensübernehmer in diesem Fall Erbe des Vermögensübergebers wird, kommt m.E. ein Abzug im Hinblick auf die durch den Erbfall bewirkte Vereinigung von Leistungspflicht und -berechtigung nicht in Betracht.
Soweit der Vermögensübernehmer dagegen nicht Erbe wird, kann er m.E. die Beerdigungs- und Grabmalkosten als Sonderausgaben gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abziehen; der Erbe muss sodann die entsprechende Zuwendung als Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers nach § 22 Nr. 1 EStG versteuern.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 15.2.2006, X R 5/04