Dipl.-Finanzwirt Helmut Bur
Leitsatz
Der Begriff der Schuldzinsen im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG ist weit auszulegen und umfasst u. a. auch die Nebenkosten der Geldbeschaffung. Hierzu gehören auch die Kosten für eine Grundschuldbestellung.
Sachverhalt
Der Steuerpflichtige hat eine Eigentumswohnung erworben, deren Nutzen und Lasten im Oktober 1998 auf ihn übergegangen sind und die gemäß Mietvertrag vom 1.12.1998 ab diesem Tag an seinen Sohn vermietet ist. Im Einkommensteuerbescheid 1998 hatte das Finanzamt bei den Einkünften aus Vermietung der Eigentumswohnung die Kosten für eine Grundschuldbestellung (Notargebühren sowie Gerichtskosten) als sofort abzugsfähige Geldbeschaffungskosten aus der Bemessungsgrundlage für die AfA herausgerechnet. Mit dem hiergegen eingelegten Einspruch wendet der Steuerpflichtige ein, die Kosten für die Grundschuldbestellung seien neben dem Werbungskostenpauschbetrag und damit zusätzlich als sofort abzugsfähige Werbungskosten berücksichtigungsfähig, da auch Geldbeschaffungs- und Finanzierungskosten zu den Schuldzinsen gehörten.
Entscheidung
In der für das Streitjahr gültigen Fassung können neben dem Pauschbetrag (§ 9a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG)u. a. die abziehbaren Schuldzinsen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG) abgezogen werden. Schuldzinsen sind alle Aufwendungen zur Erlangung eines Kredits. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH, Urteil v. 27.10.1998, IX R 44/95, DStR 1999, 272, m. w. N.) ist der Begriff der Schuldzinsen im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG weit auszulegen. Die Zweckbestimmung der Aufwendung, ein Darlehen zu erlangen oder zu sichern, ist im Rahmen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG das maßgebliche Kriterium zur Definition des Begriffs der Schuldzinsen. Zu den Schuldzinsen gehören daher auch die Nebenkosten der Darlehensaufnahme und sonstige Kreditkosten einschließlich der Geldbeschaffungskosten, zu denen auch die Kosten für eine Grundschuldbestellung gehören. Nach Auffassung des FG ist der Begriff der Schuldzinsen in § 9a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG und in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG identisch und daher einheitlich auszulegen. Die Kosten für die Grundschuldbestellung sind daher in dem Jahr, in dem sie entstanden sind, als sofort abzugsfähige Werbungskosten zu berücksichtigen.
Hinweis
Die Finanzverwaltung vertritt die Auffassung, dass zu den Schuldzinsen die Darlehenszinsen, ein Damnum, Bereitstellungszinsen und Vorfälligkeitsentschädigungen gehören, nicht aber Schätzgebühren, Gebühren für die Hypothekenvermittlung, Bürgschaftsgebühren sowie Notar- und Grundbuchgebühren (BMF, Schreiben v. 23.9.1997, IV B/3 - S 2214 - 40/97, unter Tz. 3; im Ergebnis auch BMF, Schreiben v. 22.5.2000, IV C 2 - S 2144 - 60/00, Tz. 22, dort zu § 4 Abs. 4 a EStG). Im Gegensatz hierzu vertritt das FG Rheinland-Pfalz im Urteilsfall die Auffassung, dass der Begriff der Schuldzinsen auch die Kosten für eine Grundschuldbestellung umfasst. Das Urteil des FG, das im Ergebnis von den kurz zuvor ergangenen BFH-Urteilen (BFH, Urteil vom 1.10.2002, IX R 72/99 und vom 1.10.2002, IX R 12/00, wonach zu den Schuldzinsen auch die Abschlussgebühr eines Bausparvertrages und Notargebühren gehören, im Ergebnis bestätigt wird, hat daher grundsätzliche Bedeutung.
Die Anwendung des Werbungskosten-Pauschbetrages bei privater Wohnungsüberlassung ist letztmals für den Veranlagungszeitraum 1998 von Bedeutung. Aufgrund des Wegfalls des Pauschbetrages ab 1999 sind nur noch die tatsächlich entstandenen Werbungskosten abzugsfähig.
Link zur Entscheidung
FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 06.11.2002, 3 K 2291/00