Prof. Dr. Franceska Werth
Leitsatz
Es ist nicht zu beanstanden, dass bei Anwendung der Billigkeitsregelung zur Kostendeckelung im BMF-Schreiben vom 18.11.2009 (BStBl I 2009, 1326, Rz. 18) für Zwecke der Berechnung der Gesamtkosten eines genutzten Leasingfahrzeugs eine bei Vertragsschluss geleistete Leasingsonderzahlung auch dann periodengerecht auf die einzelnen Jahre des Leasingzeitraums verteilt wird, wenn der Steuerpflichtige seinen Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittelt.
Normenkette
§ 4 Abs. 3, § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG, § 5, § 163 AO, § 102 FGO
Sachverhalt
Der Kläger erzielte aus einer zahnärztlichen Praxisgemeinschaft Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, die in den Streitjahren (2012 bis 2014) gesondert festgestellt wurden. Seinen Gewinn ermittelte er durch Einnahmenüberschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG. In den Streitjahren leaste er einen Pkw mit einem Bruttolistenpreis von 54.720 EUR. Er leistete im Dezember 2011 eine Leasingsonderzahlung i.H.v. 21.888 EUR und ab Januar 2012 monatliche Leasingraten i.H.v. 187,29 EUR. Das Fahrzeug nutzte er zu mehr als 50 % für betriebliche Zwecke. Ein Fahrtenbuch führte er nicht.
Der von dem Kläger unter Anwendung der 1 %-Regelung nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG für die Privatnutzung ermittelte Entnahmewert einschließlich der nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte betrug in den Jahren 2012 und 2013 jeweils 13.850,04 EUR und im Jahr 2014 12.695,87 EUR. Für diese Beträge nahm der Kläger unter Hinweis auf Rz. 18 des Schreibens des BMF vom 18.11.2009, IV C 6 – S 2177/07/10004 (BStBl I 2009, 1326) eine Deckelung auf die im jeweiligen Streitjahr angefallenen Kfz-Kosten vor und begrenzte die Werte der zu berücksichtigenden privaten Kfz-Nutzung im Jahr 2012 auf 7.917,27 EUR, im Jahr 2013 auf 10.475,07 EUR und im Jahr 2014 auf 9.488,38 EUR. In die Ermittlung der Kfz-Kosten für die Streitjahre bezog er die im Jahr 2011 geleistete Leasingsonderzahlung nicht (anteilig) ein.
Im Anschluss an eine Außenprüfung vertrat das FA die Auffassung, die Entnahme für die Privatnutzung des Kfz sei in Höhe der sich nach der 1 %-Regelung ergebenden Werte anzusetzen. Eine Beschränkung der Entnahme auf die im jeweiligen Streitjahr angefallenen Pkw-Kosten komme nicht in Betracht, da diese die nach der 1 %-Regelung ermittelten Werte überschritten. Bei der Anwendung der Regelung zur Kostendeckelung sei die geleistete Leasingsonderzahlung gleichmäßig über den Leasingzeitraum zu verteilen und daher im jeweiligen Streitjahr anteilig zu berücksichtigen. Es erließ daraufhin geänderte Feststellungsbescheide. Die hiergegen erhobenen Einsprüche hatten keinen Erfolg.
Daraufhin beantragte der Kläger eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO, der vom FA abgelehnt wurde. Die hiergegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 26.8.2020, 5 K 194/18, Haufe-Index 14205807, EFG 2021, 10).
Entscheidung
Der BFH hat die Revision des Klägers als unbegründet zurückgewiesen.
Hinweis
1. Im vorliegenden Fall entsprach die Ermittlung der privaten Nutzungsentnahme für den vom Kläger betrieblich und privat genutzten Pkw nach der 1 %‐Regelung den gesetzlichen Vorgaben des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG. Diese Regelung erfasst auch solche zu mehr als 50 % betrieblich genutzten Fahrzeuge, die der Steuerpflichtige, ohne deren wirtschaftliches Eigentum erlangt zu haben, lediglich als Leasingnehmer nutzt.
2. Die 1 %-Regelung ist eine typisierende und pauschalierende Bewertungsregelung, die nach ständiger Rechtsprechung des BFH den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt. Individuelle Besonderheiten hinsichtlich der Art und der Nutzung des Kfz bleiben grundsätzlich unberücksichtigt. Die von dem Kläger begehrte Begrenzung des privaten Nutzungsanteils in Höhe der tatsächlich entstandenen Kfz-Kosten sieht die gesetzliche Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Sätze 2 und 3 EStG nicht vor.
3. Das FA war auch nicht verpflichtet, die Steuer in Bezug auf private Pkw-Nutzung des Klägers aus Billigkeitsgründen nach § 163 Abs. 1 Satz 1 AO niedriger festzustellen. Die Ermittlung der Privatentnahme nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG führt nicht zu einem unbilligen Ergebnis i.S.v. § 163 AO. Eine Unbilligkeit ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers insbesondere nicht daraus, dass die in Anwendung der 1 %‐Regelung zu versteuernde Nutzungsentnahme einen Wert erreichen kann, der über dem Betrag der vom Steuerpflichtigen getätigten Gesamtaufwendungen liegt. Es ist gerade Ziel und Zweck der 1 %-Regelung, nicht an den Aufwand des Steuerpflichtigen, sondern an den ihm zukommenden Nutzungsvorteil anzuknüpfen. Danach ist keine aufwandsbezogene Begrenzung vorzunehmen. Zudem kann der Steuerpflichtige die Anwendung der pauschalierenden Regelung durch ein Fahrtenbuch nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG vermeiden und damit eine als unbillig empfundene Besteuerung verhindern.
4. Die Voraussetzungen für eine Deckelu...