Leitsatz
Übernimmt eine Kapitalgesellschaft die Kosten einer Veranstaltung, zu der ihr Geschäftsführer und mittelbarer Gesellschafter aus Anlass seines Geburtstags eingeladen hat, so sind ihre sich hieraus ergebenden Aufwendungen vGA. Das gilt unabhängig von der Anzahl der eingeladenen Personen und von der Höhe der Aufwendungen und auch dann, wenn die Teilnehmer der Veranstaltung überwiegend Arbeitnehmer der Gesellschaft sind.
Normenkette
§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH, deren Geschäftsanteile sämtlich von der X-KG gehalten werden. Die X-KG wird von X beherrscht. X war zugleich Vorsitzender der Geschäftsführung der Klägerin.
Am 50. Geburtstag des X fand eine Veranstaltung statt, die von der Klägerin finanziert wurde und an der ca. 2.650 Personen teilnahmen. Ungefähr 70 Teilnehmer gehörten zur örtlichen Geschäftswelt und zum Bekanntenkreis des X; die übrigen waren Betriebsangehörige der Klägerin. Die Einladung war von X unterzeichnet worden und hatte auszugsweise folgenden Wortlaut:
"Liebe Mitarbeiterinnen, liebe Mitarbeiter, am ... möchte ich mit Ihnen ... meinen 50. Geburtstag feiern. Dazu lade ich Sie herzlich ein."
Das FA sah in den Aufwendungen für die Veranstaltung vGA. Das FG verneinte dies (EFG 2003, 50).
Entscheidung
Der BFH war, was ein wenig erstaunt, anderer Ansicht. Er wies die Klage ab. Aus der Einladung und den einladungsbegleitenden Umständen werde nicht hinreichend klar, dass nicht der Gesellschafter, sondern die Gesellschaft Einladende und Veranstaltende war. Folglich fehle es an einem Fest der Gesellschaft. Trage sie gleichwohl den Aufwand, dann als vGA.
Hinweis
1. Aufwendungen, die eine Kapitalgesellschaft tätigt, um Feiern aus privatem Anlass seiner Gesellschafter-Führungskräfte durchzuführen, stellen nach langjähriger Rechtsprechung des BFH vGA dar. Seit geraumer Zeit war allerdings erhofft worden, dass sich dies "unter gewissen Umständen" (nämlich einem nachgewiesenen betrieblichen Veranlassungszusammenhang der Feierlichkeit) ändern könnte. Denn der für die Lohnbesteuerung zuständige VI. Senat des BFH hatte die Dinge in jüngster Vergangenheit weitaus differenzierter beäugt: Es ist danach "unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden, ob es sich um ein Fest des Arbeitgebers (betriebliche Veranstaltung) oder um ein privates Fest des Arbeitnehmers handelt". Im Einzelnen ergibt sich das alles aus dem Urteil vom 28.1.2003, VI R 48/99 und den dazu gegebenen Hinweisen in BFH-PR 2003, 214.
2. Das, so hoffte man, müsse auf die Frage nach der gesellschaftlichen Veranlassung bei entsprechenden Aufwendungen der Kapitalgesellschaft durchschlagen. Denn: Was beim Gesellschafter-Geschäftsführer nicht als Lohn i.S.d. § 19 EStG "ankommen" kann, ist schließlich nicht geeignet, einen entsprechenden Zufluss von Kapitalerträgen – und damit auch einer vGA – zu bewerkstelligen. Das eine schließt das andere aus. Es fehlt an der für das Vorliegen einer vGA erfordlerichen objektiven Vorteilseignung.
3. Der Urteilsfall hat diese Hoffnungen nun zwar nicht vollständig zunichte gemacht, er wirkt aber doch stark dämpfend: Obschon die Kapitalgesellschaft mehr als 2.500 Gäste zum 50. Geburtstag ihres "Magnaten" eingeladen hatte, davon überwiegend die gesamte Belegschaft und einige Geschäftsfreunde und nahezu keine privaten Gäste des Jubilars, erkannte der BFH in der Kostenübernahme eine gesellschaftliche Veranlassung. Das mag etwas verwundern, zumal das FG als Tatgericht den Sachverhalt gegensätzlich beurteilt hatte. Wer lädt schon privat mehr als 2.500 Gäste zu seinem 50. Geburtstag ein?
So ganz wohl war dem BFH bei seiner Einschätzung denn auch offenbar nicht. Denn er stützt diese auf einen eher formalen Aspekt: Der Gesellschafter habe die Einladung auf seinem Briefpapier und unter seinem Briefkopf und in der "Ich"-Form vorgenommen. Da er beherrschender Gesellschafter sei, müsse ihm aber abverlangt werden, dass er klipp und klar und unzweideutig trenne und verdeutliche, dass es die Gesellschaft sei, die einlade. Anderweitige Indizien haben dahinter ersichtlich zurückzustehen.
4. Es ist also unbedingt Sorge zu tragen, dass den Sondererfordernissen, die die Rechtsprechung im Rahmen des formellen Fremdvergleichs an beherrschende Gesellschafter (und ihnen Nahestehenden) stellt, kompromisslos Rechnung getragen wird. Auch wenn dies geschieht, sind vGA zwar nicht generell ausgeschlossen. Nach wie vor kommt es zusätzlich auf die Zusammensetzung der Gäste, den Anlass, die Örtlichkeiten usf. an. Jedenfalls kann der Gesellschaft dann aber nicht die fehlende Sphärentrennung vorgehalten werden!
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 14.7.2004, I R 57/03