Dorothée Gierlich, Dr. Ingo Heuel
Nach gegenwärtigem Meinungsstand sind Erträge, die Steuerpflichtige aus dem Handel mit Kryptovermögen im Privatvermögen erzielen, i. d. R. – anders als Steuerpflichtige oft erwarten – nicht den Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG zuzuordnen.
Das BMF und der BFH vertreten die Auffassung, dass es sich bei den Einkünften aus Kryptovermögen um sonstige Einkünfte i. S. d. § 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (privates Veräußerungsgeschäft) handelt.
Sofern die Voraussetzungen des § 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erfüllt sind, liegt ein privates Veräußerungsgeschäft vor. Potenzielle Erträge aus dem Handel mit Kryptowährungen fallen daher nicht unter die Abgeltungsteuer nach den §§ 32d, 43, 43a EStG, sondern unterliegen dem persönlichen ESt-Satz nach § 32a EStG.
2.1 Allgemeines
2.1.1 Kryptowährungen als Fremdwährungen?
Es wird in jüngerer Zeit die Frage aufgeworfen, ob Kryptowährungen Fremdwährungen darstellen:
- Bis 2019 ist dies nicht der Fall, da Kryptowährungen nicht mehr als ein kryptografischer Schlüssel sind.
- Ab 2020 können im Schweizer Kanton Zug Steuern in Bitcoin und Ether bezahlt werden. Es handelt sich aber nicht um eine staatlich anerkannte Währung. Bitcoin und Ether haben nur eine – wenn auch gesetzlich angeordnete – Zahlungsersatzfunktion und stellen u. E. keine Fremdwährung dar.
- Seit dem 7.9.2021 kann in El Salvador – als weltweit erstem Land – offiziell mit Bitcoins bezahlt werden. Bitcoin (nicht die anderen Kryptowährungen!) ist somit als zweite gesetzliche Währung staatlich anerkannt. Damit stellt Bitcoin ab diesem Zeitpunkt möglicherweise eine Fremdwährung dar. U. E. liegt allerdings keine Fremdwährung vor, da es sich nicht um eine staatlich herausgegebene, also nicht um eine staatlich emittierte oder garantierte Währung handelt. Seit 23.4.2022 hat außerdem die Zentralafrikanische Republik Bitcoin als Zahlungsmittel anerkannt. Panama plant neben weiteren anderen Staaten die Einführung als Zahlungsmittel im Jahr 2023.
Die frühere Bundesregierung hat auf entsprechende Anfrage der FDP vom 24.8.2021 zu den steuerlichen Folgen der Anerkennung des Bitcoins in El Salvator nur geantwortet, dass die Folgen geprüft würden.
Steuerliche Folgen der Behandlung als Fremdwährung
Die Frage, ob es sich bei der jeweils in den Blick genommenen Kryptowährung um eine Fremdwährung handelt oder nicht, kann im Einzelfall erhebliche steuerliche Auswirkungen haben:
Die Frage, ob ein Wirtschaftsgut i. S. d. § 23 EStG vorliegt (siehe dazu die nachfolgende Rechtsprechung) stellt sich bei Fremdwährungen nicht, da auch Fremdwährungsgeschäfte unzweifelhaft unter § 23 EStG fallen.
Bei Fremdwährungsgeschäften schreibt § 23 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG als Verwendungsreihenfolge zwingend das sog. Fifo-Verfahren vor.
Etwaige Erträge aus dem Einsatz von Fremdwährungen fallen nicht unter § 22 Nr. 3 EStG, sondern unter § 20 EStG.
Eine Anschaffung bzw. Veräußerung i. S. d. § 23 EStG liegt dann nicht vor, wenn die Fremdwährung als Zahlungsmittel in dem Land eingesetzt wird, in dem die jeweilige Kryptowährung als Zahlungsmittel staatlich anerkannt ist; gegenwärtig also z. B. die Verwendung von Bitcoin seit dem 7.9.2021 in El Salvador.
Bei der Zahlung von Arbeitslohn ist der sog. Rabattfreibetrag nach § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG mangels Sachleistung nicht zu gewähren.
2.1.2 Abgrenzung zum Handel mit CFDs oder Futures mit Kryptowährungen
Allerdings ist hinsichtlich des unmittelbaren Erwerbs von Kryptowährungen eine Abgrenzung zu Finanzprodukten vorzunehmen, deren Wertentwicklung an die Kursentwicklung von Kryptowährungen gekoppelt ist. Hierunter fallen z. B. Contracts for Difference (CFD) oder Bitcoin-Zertifikate. In diesen Fällen wird nicht unmittelbar mit den Kryptowährungen gehandelt, sondern deren Wertentwicklung (als Basiswert) über Finanzprodukte abgebildet, die dann erworben werden. Der Anleger wird nur wirtschaftlich so gestellt, als habe er die Kryptowährung erworben. Je nach Handelsform werden aber Coins als Sicherheit eingesetzt.
Bei den hieraus resultierenden Erträgen handelt es sich i. d. R. um Einkünfte aus Kapitalvermögen, die der Abgeltungsteuer nach den §§ 32d, 43, 43a EStG (25 % zzgl. Solidaritätszuschlag) unterliegen. Durch den Einbehalt der Kapitalertragsteuer durch die die Erträge auszahlende Stelle (i. d. R. das inländische Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut) nach § 44 Abs. 1 Satz 3, Satz 4 Nr. 1 EStG ist die Steuer beim Anleger abgegolten. Ein Werbungskostenabzug ist nach § 20 Abs. 9 EStG ausgeschlossen. Werbungskosten werden m...