Dorothée Gierlich, Dr. Ingo Heuel
Allerdings ist hinsichtlich des unmittelbaren Erwerbs von Kryptowährungen eine Abgrenzung zu Finanzprodukten vorzunehmen, deren Wertentwicklung an die Kursentwicklung von Kryptowährungen gekoppelt ist. Hierunter fallen z. B. Contracts for Difference (CFD) oder Bitcoin-Zertifikate. In diesen Fällen wird nicht unmittelbar mit den Kryptowährungen gehandelt, sondern deren Wertentwicklung (als Basiswert) über Finanzprodukte abgebildet, die dann erworben werden. Der Anleger wird nur wirtschaftlich so gestellt, als habe er die Kryptowährung erworben. Je nach Handelsform werden aber Coins als Sicherheit eingesetzt.
Bei den hieraus resultierenden Erträgen handelt es sich i. d. R. um Einkünfte aus Kapitalvermögen, die der Abgeltungsteuer nach den §§ 32d, 43, 43a EStG (25 % zzgl. Solidaritätszuschlag) unterliegen. Durch den Einbehalt der Kapitalertragsteuer durch die die Erträge auszahlende Stelle (i. d. R. das inländische Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut) nach § 44 Abs. 1 Satz 3, Satz 4 Nr. 1 EStG ist die Steuer beim Anleger abgegolten. Ein Werbungskostenabzug ist nach § 20 Abs. 9 EStG ausgeschlossen. Werbungskosten werden mit 1.000 EUR pauschaliert abgezogen (Sparer-Pauschbetrag).
Auszahlende Stelle im Ausland
Liegt die auszahlende Stelle im Ausland, so hat diese keine Kapitalertragsteuer einzubehalten und abzuführen. Der Anleger muss dann Einkünfte im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung angeben.
Die Besteuerung dieser Produkte wird im Folgenden nicht weiter dargestellt.
Erwerb über Plattformen
Beim Erwerb von Kryptowährungen über eine Plattform ist steuerlich die Vorfrage zu klären, ob der Anleger die Kryptowährung selbst erwirbt oder nur einen Optionsschein. Dies ist oft nicht auf den ersten Blick erkennbar, da die Plattformen gerne suggerieren, dass der Anleger unmittelbar die Kryptowährung erwirbt. Der Handel mit Hebelprodukten ist nie ein direkter Handel mit der Kryptowährung selbst.
Werden Kryptowährungen auf einer Plattform als Sicherheit zum Handel mit Finanzprodukten hinterlegt, können sich auf den ersten Blick nicht erkennbare steuerliche Auswirkungen ergeben:
- Sofern der Anleger aus dem Handel Gewinne (ausgewiesen in der jeweiligen Kryptowährung) erzielt, unterliegen diese § 20 EStG. Zur Ermittlung der Einkünfte nach § 20 EStG muss der in Kryptowährungen ausgewiesene Gewinn in Euro zum jeweiligen Kurswert umgerechnet werden. Üblicherweise werden diese Gewinne in einer Kryptowährung bezahlt, was eine Anschaffung dieser Coins im Rahmen des § 23 EStG bedeutet und die Spekulationsfrist des § 23 EStG auslöst.
- Wenn der Anleger hingegen Verluste erwirtschaftet, werden diese Verluste meist aus einem Teilverkauf der als Sicherheit hinterlegten Kryptowährungen (Coins) "bezahlt", was eine Realisation zum jeweiligen Kurswert im Rahmen von § 23 EStG bedeutet. Je nach Anschaffungskosten kann sich hierdurch – wenn die Frist des § 23 EStG noch nicht abgelaufen ist – ein steuerlicher Gewinn oder Verlust ergeben.
Für die Coins, die als Sicherheit hinterlegt werden, verlängert sich u. E. nicht die Spekulationsfrist nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 EStG auf 10 Jahre Diese Coins dienen nicht selbst der Nutzung als Einkunftsquelle, sondern lediglich der Besicherung anderer Geschäfte.
Etwaige Gewinne aus § 20 EStG können nicht mit Verlusten aus § 23 EStG verrechnet werden.. Eine Verrechnung von Verlusten aus § 20 EStG ist nach § 20 Abs. 6 EStG ebenfalls nicht mit Gewinnen aus § 23 EStG möglich, sondern nur mit Gewinnen aus § 20 EStG. Gesehen werden muss ferner, dass § 20 Abs. 6 EStG eine Vielzahl von Verlustverrechnungskreisen bildet und die Verlustverrechnung aus Termingeschäften (inkl. "Optionsgeschäften") seit dem Veranlagungszeitraum (VZ) 2021 innerhalb des gleichen VZ mit Gewinnen aus Termingeschäften auf 20.000 EUR begrenzt ist. Die dann verbleibenden Verluste können zwar mit Gewinnen aus Optionsgeschäften der Folgejahre verrechnet werden (§ 20 Abs. 6 EStG erlaubt keinen Verlustrücktrag), dies aber wiederum nur bis zu 20.000 EUR pro Veranlagungszeitraum.
Handel in GmbH verlagern
Hier kann es sich anbieten, den Handel in eine GmbH zu verlagern. Diese erzielt nach § 8 Abs. 2 KStG stets gewerbliche Einkünfte und die Verlustbegrenzung nach § 20 Abs. 6 EStG findet keine Anwendung. Gleiches gilt für die Verlustbeschränkung nach § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG.
Mandanten sind zudem auf die Steuerfolgen der unterschiedlichen Einkunftsarten und die Verlustausgleichsbeschränkungen hinzuweisen, die zu erheblichen Steuerbelastungen ohne entsprechenden Liquiditätszufluss führen können. Ob eine solche Substanzbesteuerung zulässig ist, werden die Gerichte klären müssen. Entsprechende Steuerbescheide sollten offen gehalten werden.