Dorothée Gierlich, Dr. Ingo Heuel
Interessanterweise enthielt der Entwurf des BMF-Schreibens vom 17.6.2021 zu den Mitwirkungs- und Aufzeichnungspflichten nur einen Platzhalter. Das BMF-Schreiben vom 10.5.2022 enthält keine gesonderten Ausführungen zu Mitwirkungs- und Aufzeichnungspflichten. Wie bereits oben angeführt, ist jedoch derzeit eine Erweiterung des BMF-Schreibens vom 10.5.2022 in Vorbereitung. Dieses soll laut bereits vorliegendem Entwurf v. 18.7.2022 – welcher nur wenige Seiten umfasst – Ausführungen zu Mitwirkungs-, Steuererklärungs- und Aufklärungspflichten sowohl im Betriebsvermögen als auch im Privatvermögen enthalten.
Ungeachtet der allgemeinen Steuererklärungs-, Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten ergeben sich aus dem Entwurf folgende Besonderheiten für virtuelle Währungen und sonstige Token:
3.1.1 Allgemeines
Die erweiterte Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO bei der Ermittlung des Sachverhalts und der Beschaffung der Beweismittel soll in folgenden Fällen bestehen:
- Der Nachweis, dass wenn Einheiten einer virtuellen Währung oder sonstigen Token über die Handelsplattform eines ausländischen Betreibers erworben oder veräußert werden;
- wenn Einheiten einer virtuellen Währung oder sonstigen Token über dezentralisierte Handelsplattformen erworben oder veräußert werden (sog. Decentralized Exchanges (DEX)), welche ihren Teilnehmenden den direkten Austausch von Einheiten einer virtuellen Währung ermöglichen, ohne dabei selbst als Vermittler aufzutreten.
Die Anwendung von § 90 Abs. 2 AO dürfte zumindest dann fraglich sein, wenn keine zentrale Stelle, sondern eine Decentralized Exchange (DEX, also dezentrale Börse) verwendet wird. Hier stellt sich die Frage, ob bzw. inwieweit bei einem dezentral verwalteten Netzwerk mangels eines Bezuges zu einem konkreten Ort überhaupt Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs der AO bestehen können.
Zudem steht die Transparenz der Blockchain im Widerspruch zum Regelungszweck des § 90 Abs. 2 Satz 1 AO. Durch die Öffentlichkeit der Blockchain sind die Finanzbehörden bei Mitteilung der Walletadressen durch den Steuerpflichtigen ähnlich beweisnah, wie der Steuerpflichtige selbst.
Der Nachweis, dass ein Sachverhalt mit Bezug auf Vorgänge im Ausland nach § 90 Abs. 2 AO vorliegt, ist von der Finanzbehörde und nicht vom Steuerpflichtigen zu führen (kein sog. Negativbeweis).
3.1.2 Betriebsvermögen
Beim Vorliegen von Einkünften aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG befinden sich die Kryptowährungen im Betriebsvermögen mit besonders strengen Mitwirkungs- und Aufzeichnungspflichten
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Es sind sämtliche Ordnungsvorschriften der §§ 146 und 147 AO und der GoBD zu beachten.
Sofern Steuerpflichtige eine spezielle Software nutzen, um die Besteuerungsgrundlagen im Zusammenhang mit virtuellen Währungen oder sonstigen Token zu ermitteln, ist für diese eine Verfahrensdokumentation zu erstellen. Hierbei sind die Anforderungen der Unveränderbarkeit zu beachten. Auch diese Software fällt unter den Datenzugriff der Finanzverwaltung nach § 176 Abs. 6 AO, wenn und soweit damit Aufzeichnungs- oder Aufbewahrungspflichten erfüllt werden.
3.1.3 Privatvermögen
Im Privatvermögen betreffen grds. nur Steuerpflichtige, deren Überschusseinkünfte mehr als 500.000 EUR im Kalenderjahr betragen, die besonderen Aufbewahrungsvorschriften des § 147a AO.
Demnach sind die bestehenden Aufzeichnungen und Unterlagen 6 Jahre aufzubewahren und, sofern ein Datenverarbeitungssystem oder eine spezielle Software zur Erfüllung der Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten eingesetzt werden, kann auch ein Datenzugriff n...