[Ohne Titel]

Dipl.-Finw. (FH) Marvin Mühlenstädt[*]

Der durch die Erbschaftsteuerreform 2016 neu eingeführte Vorwegabschlag für Familienunternehmen i.S.d. § 13a Abs. 9 ErbStG kann unter gewissen Voraussetzungen einen Bewertungsabschlag von bis zu 30 % i.R.d. erbschaftsteuerlichen Unternehmensbewertung bewirken. Der Vorwegabschlag ist dabei an vielfältige materielle und insb. zeitliche Voraussetzungen gebunden, so dass eine Inanspruchnahme gut überlegt und geplant sein sollte. Der Beitrag zeigt das Verfahren der Vorschrift auf und stellt die Probleme und die Möglichkeiten bei der Inanspruchnahme in der Praxis dar.

[*] Der Autor ist in der Finanzverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen tätig. Der Beitrag wurde nicht in dienstlicher Eigenschaft verfasst.

I. Einleitung

Familienunternehmen zeichnen sich in der Praxis meist durch einen kleinen, familiären und über mehrere Generationen verteilten Beteiligtenstamm aus. Insbesondere für derartige Unternehmen hat der Gesetzgeber mit der Erbschaftsteuerreform 2016 einen Vorwegabschlag i.R.d. erbschaftsteuerlichen Unternehmensbewertung geschaffen. Dieser Vorwegabschlag soll v.a. die nunmehr auftretenden Verschärfungen entlasten, welche durch die Erbschaftsteuerreform entstanden sind. Die Steuerbefreiungsvorschrift kann dabei nur unter strengen Voraussetzungen der Entnahme-, Verfügungs- und Abfindungsbeschränkungen angewendet werden. In der Praxis kann es daher neben den materiellen Voraussetzungen auch immer wieder durch die zeitlichen Beschränkungen zu Problemen kommen, so dass eine Anwendung ausbleibt. Für Steuerberater und Unternehmer gilt es eine sorgfältige Prüfung der Vor- und Nachteile des Vorwegabschlags vorzunehmen. Der Beitrag widmet sich daher der grundlegenden Systematik des Vorwegabschlags für Familienunternehmen und stellt die Probleme bei der Inanspruchnahme dar. Weiterhin wird herausgearbeitet welche Möglichkeiten die Steuerbefreiungsvorschrift in der Praxis bieten kann.

II. Verfahren der Vorschrift

1. Anwendungsbereich

Der Vorwegabschlag kann neben den typischen Erbvorgängen auch bei Schenkungen Anwendung finden. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um ein ganzes Familienunternehmen oder einen Anteil handelt. Das Familienunternehmen muss dabei in der Rechtsform einer Personengesellschaft oder einer Kapitalgesellschaft (mit Ausnahme der Aktiengesellschaft) geführt werden, da der Vorwegabschlag bei Einzelunternehmen und Aktiengesellschaften nicht in Betracht kommt (R E 13a.20 Abs. 1 Satz 1, 4 Nr. 1–2 ErbStR). Weiterhin findet die Vorschrift keine Anwendung in den Fällen des §§ 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3, 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG, da die Gesellschafter keine Anteile erwerben und so kein begünstigter Erwerb entstehen kann (R E 13a.20 Abs. 1 Satz 4 Nr. 3 ErbStR).

2. Voraussetzungen

Der Vorwegabschlag für Familienunternehmen ist an kumulativ zu erfüllende Voraussetzungen gebunden. Diese sind durch die Entnahme- (ggf. auch Ausschüttungs-), Verfügungs- und Abfindungsbeschränkung in § 13a Abs. 9 Satz 1 Nr. 1–3 ErbStG abschließend aufgezählt. Die genannten Voraussetzungen müssen dabei zwei Jahre vor und zwanzig Jahre nach Entstehung der Steuer i.S.d. § 9 ErbStG vorliegen (§ 13a Abs. 9 Satz 4, 5 ErbStG). Der Gesellschaftsvertrag bzw. die Satzung des jeweiligen Unternehmens muss die genannten Beschränkungen enthalten, eine reine Einhaltung in der Vergangenheit genügt nicht für eine Anwendbarkeit des Vorwegabschlags.

Beraterhinweis Auch im Bereich des Vorwegabschlags für Familienunternehmen wird deutlich, dass eine vorausschauende Nachfolgeplanung unerlässlich ist. Die vorherige Zwei-Jahres-Frist, die bereits durch das junge übrige Verwaltungsvermögen (§ 13b Abs. 7 Satz 2 ErbStG) und die jungen Finanzmittel (§ 13b Abs. 4 Nr. 5 Satz 2 ErbStG) bekannt ist, lässt dabei keine kurzfristigen Planungen zu. Insbesondere unvorhergesehene Todesfälle können die Beratungspraxis immer wieder vor Probleme stellen, da steuerliche Gestaltungen und Möglichkeiten minimiert werden.

Die Entnahme oder Ausschüttung ist nach § 13a Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 ErbStG auf 37,5 % des um die auf den Gewinnanteil oder die Ausschüttungen aus der Gesellschaft entfallenden Steuern vom Einkommen gekürzten Betrages des steuerrechtlichen Gewinns beschränkt. Entnahmen zur Begleichung der entstehenden Steuern vom Einkommen bleiben bei der Beschränkung unberücksichtigt. Bei dem steuerrechtlichen Gewinn handelt es sich um den Gewinn i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG (inkl. außerbilanziellen Hinzu- und Abrechnungen – R E 13a.20 Abs. 3 Satz 2 ErbStR), wobei ggf. Ergebnisse aus Sonder- und Ergänzungsbilanzen nicht angesetzt werden (R E 13a.20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2, 3 ErbStR). Dies hat bspw. bei Personengesellschaft zur Folge, dass Tätigkeitsvergütungen oder Nutzungsüberlassungen keiner Entnahmebeschränkung unterliegen. Die Prüfung der Entnahmebeschränkung wird dabei periodentechnisch vorgenommen, so dass der Gewinn des Wirtschaftsjahres zugrunde gelegt wird, in dem die Entnahme erfolgt (R E 13a.20 Abs. 3 Satz 1 ErbStR).

Neben der Entnahmebeschränkung muss kumulativ eine Verfügungsbeschränkung i.S.d. § 13a Abs. 9 Satz 1 ...

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