Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung nachentrichteter Lohnsteuer
Leitsatz (redaktionell)
Gegen den Arbeitnehmer als Lohnsteuerschuldner hat der Arbeitgeber einen Anspruch auf Erstattung der von ihm aufgrund eines rechtskräftigen Haftungsbescheids des Finanzamts gezahlten Lohnsteuer für den Zufluss eines geldwerten Vorteils. Darauf, ob objektiv ein geldwerter Zufluss an den Arbeitnehmer nicht oder nicht in der Höhe erfolgt ist, kommt es wegen des rechtskräftigen Haftungsbescheids nicht an. Ein Anspruch des Arbeitgebers entfiele nur dann, wenn bei der Steuerfestsetzung und Abführung eine Fürsorgepflichtverletzung des Arbeitgebers festzustellen wäre.
Normenkette
BGB § 670; EStG §§ 8, 38-39; AO 1977 § 173 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Freiburg i. Br. (Urteil vom 13.09.2000; Aktenzeichen 4 Ca 280/99) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers/Widerbeklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 13.09.2000, Az.: 4 Ca 280/99, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger/Widerbeklagte trägt die Kosten der Berufung.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger/Widerbeklagte (künftig Kläger) macht restliche Arbeitsentgeltansprüche geltend. Der Beklagte (Insolvenzverwalter der ehemaligen Arbeitgeberin) wendet Aufrechnung ein und macht des Weiteren widerklagend Ansprüche geltend aus einer Lohnsteuerschuld mit der Begründung, dass die Insolventin für den nach deren Ansicht verbilligten Verkauf einer Eigentumswohnung an den Kläger Lohnsteuer einbehalten und an das Finanzamt abgeführt hat, weil insoweit ein geldwerter Vorteil vorgelegen habe.
Der Klage/Widerklage liegt Folgendes zugrunde:
Der am 14.03.1952 geborene, verheiratete Kläger war bei der Insolventin als Architekt/Bauleiter langjährig beschäftigt. Der Kläger schied aufgrund eigener Kündigung zum 30.06.1999 aus. Für die Monate Mai und Juni 1999 hat der Kläger noch unstreitig DM 6.062,70 netto anzusprechen, nachdem die Insolventin den Betrag von DM 5.489,00 restlichen nicht unpfändbaren Gehaltsbestandteiles für die Monate Mai und Juni 1999 gezahlt hat. Über das Vermögen der Firma O. wurde am 17.02.2000 das vorläufige Insolvenzverfahren und am 22.05.2000, 12.00 Uhr das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Beklagte ist der Insolvenzverwalter.
Gestritten wird über eine Lohnsteuerforderung, mit der der Beklagte gegenüber der Klagforderung aufrechnet und soweit nicht durch Aufrechnung verbraucht bei der Widerklageforderung um Folgendes: Die Insolventin beschäftigte sich mit der Errichtung von Eigentumswohnungen im Stadtteil R. der Stadt F. . Von mehreren dort errichteten Eigentumswohnungen verkaufte die Insolventin durch notariellen Kaufvertrag vom 18.03.1996 an den Kläger und dessen Ehefrau zu je 1/2 eine Vier-Zimmer-Eigentumswohnung mit 96,59 qm zum einem Kaufpreis von DM 328.000,00. Die Wohnung wurde öffentlich teilfinanziert durch ein Förderprogramm und oblag dadurch einer dinglich gesicherten Dienstbarkeit eines Wohnungsbelegungsrechtes zugunsten der Stadt F. und einer Mietpreisbindung. Die Insolventin hatte Ende 1995 baugleiche Wohnungen an zwei verschiedene Kunden für DM 444.260,00 verkauft, wobei unbekannt ist, ob diese Wohnungen von Eigennutzern erworben wurden und daher nicht dem Mietbelegungsrecht der Stadt F. und der Mietbindung unterlagen. Der Kläger und seine Ehefrau haben die Wohnung nahezu vollständig gemeinsam finanziert. Anlässlich des Erwerbsvorganges war von dem Zufluss eines geldwerten Vorteils seitens der Insolventin oder des Klägers keine Rede. Anlässlich einer normalen Betriebsprüfung der Insolventin wurde gegen Ende 1998 der Vorgang in der Formulierung der Beklagten „aufgedeckt”. Ein Haftungsbescheid des Finanzamtes oder ein Vermerk in der Betriebsprüfung erging indessen nicht. Die Insolventin hat darauf berichtigte Lohnsteueranmeldungen für das Steuerjahr 1996 erstellt und zwar zunächst unter dem Datum des 17.12.1998 über einen hälftigen geldwerten Zufluss und später am 28.12.1998 auch für den der Ehefrau des Klägers zuzurechnenden Zufluss mit insgesamt – insoweit unstreitig – DM 34.954,92 Lohnsteuer und diese angemeldete Lohnsteuer auch an das Finanzamt abgeführt. Eine geänderte Lohnsteuerbescheinigung wurde dem Kläger unter dem 28.12.1998 erteilt. Der Vorgang fand ferner Erwähnung in dem Abschlussprotokoll einer Lohnsteuerprüfung im August 1999. Der Kläger erhielt einen neuen Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 1996 unter dem 24.01.2000, aufgrund dessen unter Berücksichtigung auch der nachträglich gemeldeten und abgeführten Lohnsteuer DM 160,95 Lohnsteuer erstattet wurden. Die Einsprüche des Klägers, wie auch der Insolventin gegen die jeweiligen Lohnsteuerfestsetzungen blieben erfolglos. Die jeweiligen Rechtsmittel sind rechtskräftig erledigt. Unter anderem beruhten die Entscheidungen des Finanzamtes M. vom 16.11.1999 (ABl. 105) darauf, dass die Finanzbehörde die Auffassung vertrat, dass eine Beschwer fehle, da die Gemeinschuldnerin selbst den Tatbestand festgestellt, die Lohnsteue...