Entscheidungsstichwort (Thema)
Begriff der Versetzung im Sinne von § 95 Abs. 3 BetrVG. Mitwirkungsrechte des Betriebsrats bei Umsetzung von Callcenteragenten vom Privat- in den Geschäftskundenbereich
Leitsatz (amtlich)
Werden in dem Callcenter eines Postdienstleisters unter strikter organisatorischer Trennung einerseits Geschäftskunden und anderseits Privatkunden betreut, kann die Umsetzung von Callcenteragenten vom Privatkundenbereich in den Geschäftskundenbereich eine Versetzung i. S. v. § 95 III BetrVG darstellen.
Normenkette
BetrVG § 95 Abs. 3, §§ 99-100
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 18.10.2016; Aktenzeichen 15 BV 83/16) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 18.10.2016 - 15 BV 83/16 - teilweise abgeändert.
Es wird festgestellt, dass es sich bei von der Arbeitgeberin angeordneten Umsetzungen von Agenten an den Standorten C. und M. vom Servicepaket Privatkunden/Paketinternetanfrage (P PKT/ P Ineta) in den Firstlevel Geschäftskundenservice (1st Level GKS), die jeweils eine Dauer von einem Monat überschreiten, jeweils um mitbestimmungspflichtige Versetzungen handelt, bei denen der Betriebsrat nach §§ 99, 100 BetrVG zu beteiligen ist.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob bestimmte wiederkehrende innerbetriebliche Umsetzungen zustimmungsbedürftige Versetzungen iSv. §§ 99, 100 BetrVG darstellen.
Die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin (iF: Arbeitgeberin) ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Deutschen Q. AG und betreut für diese den gesamten Kundenservice. Antragsteller ist der für die Region Ost gewählte Betriebsrat (iF: Betriebsrat). Die Region Ost umfasst die Standorte C., M. und E. mit insgesamt 615 Arbeitnehmern. Die vom Verfahren betroffenen Standorte C. und M. mit je knapp 300 Arbeitnehmern sind jeweils in zwei Abteilungen mit eigener Abteilungsleitung unterteilt. Die Betriebsleitung und Verwaltung der Arbeitgeberin befindet sich in N./Rhein.
Die Arbeitgeberin erbringt den Kundenservice mit ihren Callcenter-Agenten (iF: Agenten) im Wesentlichen per Telefon und per E-Mail. Für die hier allein betroffenen Paketdienstleistungen hat sie verschiedene Servicebereiche (sog. "Services") gebildet, in denen jeweils spezifische Leistungen erbracht werden. Hierzu gehören u.a. (gemäß den zuletzt verwendeten Bezeichnungen) der Service "P PKT/P Ineta", der Paket-Privatkunden betreut (iF: Privatkundenservice), der Service "1st Level GKS", der Paket-Geschäftskunden betreut (iF: Geschäftskundenservice), und der Service "P AbhS", der ausschließlich Geschäftskunden im Zusammenhang mit der E.-Paketabholung betreut (iF: Paketabholservice).
Innerhalb eines Services arbeiten Agenten in Teams, denen jeweils ein Teamleiter vorsteht. Auf die Organigramme der Arbeitgeberin (Anlage AG 1, Bl. 192 f. GA) wird Bezug genommen. Die Teamleiter führen mit den jeweiligen Beschäftigten in den Teams Leistungsbeurteilungsgespräche und unterzeichnen die Leistungsbeurteilungsbögen. Sie genehmigen Urlaubstage außerhalb des Jahresurlaubs in Absprache mit der Abteilung PEP (Personaleinsatzplanung) sowie Arbeitszeitverkürzungen an einzelnen Tagen oder den Tausch von Diensten.
Die Kundenbetreuung in den Services richtet sich jeweils entweder an Privat- oder an Geschäftskunden. Die in den jeweiligen Services verwendeten Softwareprogramme unterscheiden sich teilweise, ebenso die angebotenen Produkte. Die Tätigkeit der Agenten erfolgt im Schichtdienst in der Zeit von 7:00 Uhr/8:00 Uhr bis 20:00 Uhr, in einigen Schichten bis 22:00 h. Im Privatkundenbereich wird von Montag bis Samstag, im Geschäftskundenbereich von Montag bis Freitag gearbeitet.
Im Privatkundenservice nehmen die Agenten die Anfragen von Privatkunden entgegen, die etwa den Verlust eines Pakets melden. Es werden ausschließlich eingehende Anfragen beantwortet (Inbound). Die Tätigkeit umfasst das sogenannte track und tracing, d. h. die Sendungsrecherche, die Beschwerdeaufnahme zur Weiterleitung an das sog. BackOffice und die Produktberatung, letztere ausschließlich zum Produktangebot für Privatkunden. Der Kundenkontakt erfolgt im Wesentlichen per E-Mail.
Der Geschäftskundenservice steht ausschließlich Geschäftskunden zur Verfügung. Es wird u.a. das Softwareprogramm "Geschäftskundenportal" verwendet. Die Agenten nehmen Anfragen von außen entgegen und werden selbst aktiv nach außen tätig (inbound und outbound). Sie haben die Möglichkeit, Kontakt zu Kunden und zur Zustellbasis herzustellen. Der Kundenkontakt erfolgt etwa zu gleichen Teilen per Telefon und per E-Mail. Die Agenten geben hier konkrete Hilfestellung zum Umgang mit der Geschäftskundensoftware, leiten Anfragen an den technischen Support weiter und beraten zur Geschäftskundensoftware. Im sogenannten ReHa-Team findet überdies Schadensregulierung statt. Schäden bis zu einer Höhe von 2.500,00 € dürfen hier in eigener Verantwortung reguliert werden.
Im Paketabholserv...