Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzlicher Mindesturlaub. Tariflicher Mehrurlaub. Urlaubsbestimmung
Leitsatz (amtlich)
1) Gewährt der Arbeitgeber neben dem gesetzlichen Urlaub tariflichen Mehrurlaub, findet § 366 Abs. 2 BGB entsprechende Anwendung, wenn der Arbeitnehmer Urlaub nimmt.
2) Im Zweifel gewährt der Arbeitgeber zunächst den (verfallbaren) tariflichen Urlaub und alsdann den gesetzlichen Mindesturlaub.
Normenkette
BUrlG § 7 Abs. 3; BGB § 366
Verfahrensgang
ArbG Mönchengladbach (Urteil vom 17.01.2010; Aktenzeichen 7 Ca 1179/09) |
Nachgehend
Tenor
1) Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 17.01.2010 – 7 Ca 1179/09 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.413,79 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.03.2009 zu zahlen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
2) Die weitergehende Klage und die weitergehende Berufung der Klägerin werden zurückgewiesen.
3) Die Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz tragen die Klägerin und die Beklagte je zur Hälfte; die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 1/6, die Beklagte zu 5/6.
4) Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug noch über die Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin restliche Urlaubsabgeltung für zehn Urlaubstage für das Jahr 2007 und restliches Urlaubsgeld für die Jahre 2006 und 2007 zu zahlen.
Die am 02.09.1968 geborene Klägerin ist seit dem 01.02.1986 bei der Beklagten als Angestellte beschäftigt. Grundlage des Anstellungsverhältnisses der Parteien bildete zuletzt ein Anstellungsvertrag vom 01.07.1988, in dem es unter anderem heißt:
Für das Angestelltenverhältnis gelten die für das Sanitär-Installateurhandwerk jeweils gültigen Bestimmungen des Tarifvertrages.
In dem „Manteltarifvertrag für das Installateur- und Heizungsbauer-, Klempner-, Behälter- und Apparatebauer-Handwerk im Land Nordrhein-Westfalen” (MTV) vom 01.07.2007 heißt es unter anderem wie folgt:
§ 7
Allgemeine Urlaubsbestimmungen
…
6. Der Urlaubsanspruch erlischt drei Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, es sei denn, dass er erfolglos geltend gemacht wurde oder dass der Urlaub aus betrieblichen Gründen nicht genommen werden konnte.
Liegt eine ununterbrochene Krankheit während eines gesamten Kalenderjahres vor und dauert diese Krankheit auch noch am 31.03. des folgendes Kalenderjahres an, so erlischt der Anspruch für das zurückliegende Kalenderjahr, es sei denn, die Arbeitsunfähigkeit ist durch einen Betriebsunfall/Wegeunfall im Sinne des SGB (Sozialgesetzbuch) verursacht.
7. Der Anspruch auf bezahlten Urlaub wird um so viel Tage gekürzt, wie der Arbeitnehmer seit seinem letzten Urlaub oder, falls er noch keinen Urlaub genommen hat, seit seinem Eintritt in den Betrieb unentschuldigt der Arbeit ferngeblieben ist (Fehltage). Der Mindesturlaub gemäß Bundesurlaubsgesetz darf jedoch nicht unterschritten werden.
…
§ 13
Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis
1. Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, insbesondere Ansprüche auf Zahlung von Zuschlägen und Entschädigungen für Mehr-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.
2. Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Fristen schriftlich geltend gemacht werden, sind verwirkt, es sei denn, dass der Anspruchsberechtigte trotz Anwendung der ihm nach Lage der Umstände zumutbaren Sorgfalt verhindert war, diese Fristen einzuhalten.
3. Bleibt die Geltendmachung erfolglos, so tritt die Verwirkung nicht ein. Vielmehr gilt dann die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB.
Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in welchem der Anspruch entstanden ist.
4. Durch Ausgleichsquittung können unverzichtbare Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis nicht aufgegeben werden.
Die Klägerin ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 50. Sie war seit dem 29.04.2008 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt.
Die Beklagte kündigte das mit ihr bestehende Arbeitsverhältnis am 16.10.2008 fristgerecht zum 28.02.2009.
Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 17.03.2009 diverse Restvergütungs- und Urlaubsabgeltungsansprüche geltend gemacht hatte, leistete die Beklagte in der Folgezeit Teilzahlungen auf die verschiedenen Ansprüche (siehe hierzu die Aufstellung der Klägerin Bl. 8 und 9 d. A.).
Mit ihrer am 09.04.2009 beim Arbeitsgericht Mönchengladbach anhängig gemachten Klage hat die Klägerin die Zahlung von Urlaubsabgeltung, Urlaubsgeld und Überstunden geltend gemacht.
Zum Urlaubsabgeltungsanspruch für die Jahre 2007 bis 2009 hat sie zunächst auf den MTV verwiesen, wonach ihr pro Jahr 30 Urlaubstage zustünden. Die Klägerin hat hierzu behauptet, sie hätte im Jahre 2007 insgesamt 15 Urlaubstage genommen, so dass ihr noch weitere 15 Tage zustünden.
Für das Jahr 2008, so die K...