Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsstellung des Betriebsrats. Zustimmungsbedürftigkeit der Versetzung eines Springers in der Lackiererei in einen festen Arbeitsbereich
Leitsatz (redaktionell)
Die Zuweisung eines festen Arbeitsplatzes an einen als Springer zwischen verschiedenen Abteilungen der Lackiererei tätigen Arbeitnehmer stellt sich als Versetzung dar und unterliegt der Mitbestimmung durch den Betriebsrat.
Normenkette
BetrVG § 23 Abs. 3 S. 1, § 95 Abs. 3 S. 1, § 99 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Detmold (Entscheidung vom 27.03.2019; Aktenzeichen 3 BV 25/18) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Betriebsrats - unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen - wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Detmold vom 27.03.2019 teilweise abgeändert und der Tenor insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Unterlassungsantrag wird abgewiesen.
Auf den Hilfsantrag des Betriebsrats wird festgestellt, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, den Betriebsrat nach § 99 BetrVG wegen einer beabsichtigten Versetzung zu beteiligen, bevor sie einem bislang als Springer in der Lackiererei zum Einsatz kommenden Arbeitnehmer dort einen festen Arbeitsbereich zuweist.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Beteiligten streiten zweitinstanzlich (noch) - losgelöst von einem Einzelfall - um die Frage, ob eine bestimmte personelle Maßnahme als Versetzung im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne einzustufen ist.
Die Arbeitgeberin beschäftigt in ihrem Betrieb, in dem der antragstellende Betriebsrat besteht, etwa 240 Arbeitnehmer. Sie befasst sich mit der Herstellung von Kupfer- und Aluminium-Lackdrähten.
In der Lackiererei erfolgt das Auftragen mehrerer Lackschichten auf sog. Kupferleiter mit Hilfe von Lackierdüsen und Lackierfilzen. Die beiden zur Anwendung kommenden Fertigungsverfahren horizontal/vertikal unterscheiden sich in der Maschinenausrichtung.
Die Lackiererei gliedert sich in acht Arbeitsbereiche, die aus unterschiedlich vielen Lackiergruppen bestehen. Insgesamt gibt es 15 Lackiergruppen mit jeweils fünf Maschinenbedienern LA. Diese sind einer der fünf festen Schichtgruppen zugeordnet - mit einem Schichtleiter, der Vorgesetzter aller in einer Schicht tätigen Lackierer ist.
Neben den Maschinenbedienern LA gibt es pro Schichtgruppe zwei Maschinenbediener LA (Springer), die auch dem jeweiligen Schichtleiter unterstehen.
Allen zum Einsatz kommenden Maschinenbedienern einschließlich den Springern obliegt im Zuge der in drei Phasen (Ziehprozess, Lackierprozess, Inline-Prüfgeräte (HFZ, Blister) verlaufenden Herstellung der Lackdrähte gleichermaßen das Rüsten der Anlagen, die Fertigung und die Kontrolle des Produktionsprozesses. Sie unterscheiden sich dadurch, dass die Maschinenbediener LA grundsätzlich einer Lackiergruppe zugewiesen sind und dort ihren festen Arbeitsplatz haben ("Stammlackierer") - mit dem damit verbundenen sog. Expertenwissen z.B. hinsichtlich der Maschinen und der Abläufe, spezieller Kundenanforderungen und typischer Fehler.
Demgegenüber fehlt beim Springer diese eindeutige Zuordnung. Er wird in Vertretungsfällen für Maschinenbediener LA in verschiedenen Lackiergruppen eingesetzt. Für die damit verbundene Flexibilität, sich auf Veränderungen einzustellen, gewährt die Arbeitgeberin den Springern aufgrund einer zum 01.03.2006 in Kraft getretenen Betriebsvereinbarung bei einem Einsatz in drei Maschinenbereichen eine Zulage von 7 % und beim Einsatz in mehr als drei Maschinenbereichen eine Zulage von 10 %, und zwar jeweils auf die Entgeltgruppe der Maschinenbediener LA (Bl. 10 d. A.).
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, beim Entzug der Springerfunktion und der Zuweisung eines bestimmten festen Arbeitsplatzes handele es sich um eine beteiligungspflichtige Versetzung im Sinne des § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG. Die einem Springer abverlangte Flexibilität lasse seine Arbeit als eine andere gegenüber der eines sog. Stammlackierers erscheinen.
Soweit hier noch von Interesse, hat der Betriebsrat beantragt,
der Arbeitgeberin aufzugeben, es zu unterlassen, Produktionsmitarbeitern die Springerfunktion zu entziehen und eine andere Tätigkeit zuzuweisen, ohne den Betriebsrat zuvor zu einer Versetzung nach § 99 BetrVG beteiligt zu haben.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Sie hat ausgeführt, es handele sich nicht um unterschiedliche Arbeitsbereiche. Der Unterschied bestehe lediglich darin, dass eine Stammkraft die Besonderheiten des jeweiligen Arbeitsplatzes besser kenne, während sich hierauf der Springer erst einzustellen habe.
Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen T. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird verwiesen auf das Sitzungsprotokoll vom 27.03.2019 (Bl. 90 ff. d. A.).
Sodann hat das Arbeitsgericht mit Beschluss ebenfalls vom 27.03.2019 den Antrag abgewiesen. Hinsichtlich der Begründung wird verwiesen auf B. III. der Gründe (Bl. 99 ff. d. A.).
Dagegen wendet sich der Betriebsrat mit seiner Beschwerde.
Er führt aus, dass in der erstinstanzlichen Entscheidung die Gestaltung des...