Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Urteil vom 19.02.1997; Aktenzeichen 2 Ca 2387/96) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 19.02.1997 verkündete Urteil des Arbeitserichts Bielefeld – 2 Ca 2387/96 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Mit der beim Arbeitsgericht Bielefeld am 19.07.1996 eingereichten Klage wendet sich der Kläger gegen eine ihm gegenüber von der Beklagten am 12.07.1996 ausgesprochene fristlose Kündigung.
Die beklagte Großbank mit Sitz im F… betreibt u.a. Filialen in B…, G…. und V….. Der am 24.04.1949 geborene, verheiratete Kläger, der einen 14jährigen Sohn hat (Stand: Juli 1996), ist bei der Beklagten ab 01.12.1966 tätig. Während seiner Beschäftigung in der Filiale B… für die Beklagte wurde der Kläger Mitte 1990 als Leiter der Filiale W…./U….. in die neuen Länder entsandt. Dort wurde er 1991 zum Prokuristen ernannt. Nachdem seine Familie nach U….. umgezogen und der Kläger dort einen Hausstand gegründet hatte, beorderte ihn die Beklagte im Juni 1992 zurück in die Filiale B….-… Von der Belegschaft in B… wurde er 1994 zum 1. Ersatzmitglied des dortigen Betriebsrates gewählt, wodurch er vor dem 01.10.1995 wegen des Ausscheidens eines ordentlichen Mitglieds (Ruhestand) an dessen Stelle in den Betriebsrat nachrückte. Ab 01.10.1995 übernahm der Kläger die Leitung der Filiale V…. der Beklagten, deren vier Beschäftigte u.a. mit der Filiale G… einen eigenen Betriebsrat 1994 neben dem in B…-… gewählt haben, dessen Wahl nicht angefochten worden ist. Für seine Leitungstätigkeit in V…. erhielt der Kläger zuletzt ein Jahresgehalt von 130.000,00 DM brutto.
Seit Mai 1993 wuchsen die finanziellen Verpflichtungen des Klägers bei der Beklagten. Während diese im Mai 1993 noch 264.000,00 DM (Hauskredit 237.000,00 DM, Effektenvorschuß 5.000,00 DM, Dispositionskredit 22.000,00 DM) ausmachten, stiegen sie bis Juli 1996 auf 424.000,00 DM (Hauskredit 213.000,00 DM, Effektenvorschuß 5.000,00 DM, Dispositionskredit 74.000,00 DM, Darlehen 130.000,00 DM). Über die Zurückführung der Kredite führten die Parteien Gespräche. So lautet eine Gesprächsnotiz vom 08.11.1994 des Personalleiters und Justitiars E…. der Filiale B… über ein Gespräch mit dem Kläger am 04.11.1994:
„Unterredung mit Herrn W… am 04.11.1994
Die private Situation von Herrn W… hat sich inzwischen noch mehr zugespitzt. Nach einem kurzen Aufenthalt in B… ist seine Frau wieder zur Insel U….. zurückgekehrt. Der Sohn ist beim Vater geblieben und besucht in B… ein Gymnasium.
Herr W… lebt in der Vorstelleung, seine Ehe retten zu können und hat daher zunächst die Kosten der doppelten Haushaltsführung weiter gezahlt. Der Sollsaldo auf dem lfd. Konto ist daher ca. auf DM 120.000,– angestiegen.
Den Maklern E….. und Partner hat er den Auftrag gegeben, das Haus auf U….. zu verkaufen. Der Schätzwert beläuft sich auf TDM 442. Die Erbengemeinschaft, an der Herr W… zu 1/3 beteiligt ist. würde einen Verkaufserlös von DM 400.000,– akzeptieren. Dadurch könnten die kürzfristigen Verbindlichkeiten abgelöst werden.
Darüber hinaus sucht Herr W… in B… ein kleineres Domizil für seine Familie (u.U. nur für sich und seinen Sohn). Sein Haus in S….. I kann er zum Preis von DM 490.00,– verkaufen (HFA ca. DM 230.000,–).
Ich habe Herrn W… dringend geraten, seine privaten Verhältnisse zu ordnen, da seine lfd. Einnahmen seit zwei Jahren nicht mehr ausreichen, den Lebensstandard zu finanzieren. Das geschaffene Vermögen reduziert sich rapide.”
Am 01. oder 02.07.1996 erfuhr – nach der Behauptung der Beklagten – Herr E…. von der das Dispositionskonto des Klägers führende Angestellten M… der Beklagten, daß Schecks des Klägers in den Spielbanken in H….. und B….. O….. begeben worden waren. Der Kläger stritt in einem Gespräch mit Herrn E…. am 03.07.1996 den Besuch in Spielkasinos ab mit der Begründung, er habe die Schecks nur ausgestellt und einem Bekannten gegeben. Ein weiteres Gespräch, das drei Angestellte mit dem Kläger am 04.07.1996 führten, endete mit der sofortigen Suspendierung des Klägers. Die Gesprächsnotiz darüber lautet:
„Gespräch mit Herrn W… am 04.07.1996 um 16:00 Uhr i. Hse. Fil. B…
Teilnehmer: Herr von W…., zeitweise Herr Dr. P….. und Unterzeichner
Nach gemeinsamer Beratung (Herren Hahn, R….., Dr. P….. und Unterzeichner) sollte ein weiterer Versuch unternommen werden, im Gespräch mit Herrn W… die Situation und die Entwicklung zu plausibilisieren.
Herr W… eröffnete das Gespräch mit der direkten Frage nach dem Sinn und Zweck dieser Zusammenkunft und ob es denn bereits eine Entscheidung gäbe, die man ihm zum Schluß verkünden wolle. Er hebe Herrn E…. am Vortag bereits erklärt, er sei nicht in der Spielbank gewesen.
Wir haben erläutert, daß die Kontoentwicklung und die Art der Umsätze viele Fragen aufwerfen, ferner sich uns das ergebende Gesamtbild so eindeutig präsentiere, daß es schon weiterer Informationen bedürfe, um ihm seine Version abnehmen zu können.
Herr W… wollte ganz offensichtlich zur Sache keine Aussage machen und entgegnete, daß er sich uns unterlegen fühle und wohl Unterstützun...