Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzumutbarkeit der Erbringung der Arbeitsleistung eines Betriebsratsmitglieds im Hinblick auf eine bevorstehende Betriebsratstätigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Wahrnehmung von Amtsaufgaben als Betriebsratsmitglied handelt es sich nicht um Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes, so dass u.a. die Regelung des § 5 Abs. 1 ArbZG zur elfstündigen ununterbrochenen Ruhezeit keine direkte Anwendung findet.
2. Allerdings sind im Rahmen der Prüfung, ob wegen einer bevorstehenden Betriebsratstätigkeit die Erbringung der Arbeitsleistung ganz oder teilweise unzumutbar ist, die mit der Einhaltung einer Ruhezeit angestrebten Ziele zu berücksichtigen.
Normenkette
BetrVG § 37 Abs. 2, 3 S. 1; ArbZG § 5 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Hagen (Westfalen) (Entscheidung vom 14.08.2014; Aktenzeichen 4 Ca 2022/13) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 14.08.2014 - 4 Ca 2022/13 - teilweise abgeändert und der Tenor zu den Ziffern 1. und 2. insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger auf dem individuellen Arbeitszeitkonto 4,5 Stunden gutzuschreiben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 1/4 und die Beklagte 3/4 zu tragen.
Die Revision wird für die Beklagte zugelassen. Für den Kläger wird die Revision nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten zweitinstanzlich (noch) um den Anspruch auf Gutschrift von Stunden im Zusammenhang mit Betriebsratstätigkeiten.
Der Kläger ist Mitglied des im Betrieb der Beklagten bestehenden elfköpfigen Betriebsrates. Er arbeitet im Rahmen einer 35-Stunden-Woche als Anlagenbediener im Dreischichtbetrieb. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft Haustarifvertrag im Wesentlichen die Bestimmungen der Tarifverträge für die Metall- und Elektroindustrie NRW Anwendung. Daneben gelten u.a. die Regelungen einer Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeitflexibilisierung vom 04.05.2004 einschließlich einer Ergänzung vom 09.06.2011. Insoweit wird Bezug genommen auf die mit Beklagtenschriftsatz vom 18.07.2014 eingereichten Kopien (Bl. 107 ff. d. A.).
Am 16.07.2013 war der Kläger für die Nachtschicht von 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr eingeteilt. Bei normalem Verlauf hätte er bei Abzug von 0,5 Stunden für die gesetzliche Pause insgesamt 7,5 Stunden gearbeitet. Bei einer geschuldeten Sollarbeitszeit von sieben Stunden wären ihm dann 0,5 Stunden auf seinem individuellen Arbeitszeitkonto gutgeschrieben worden.
Tatsächlich hat der Kläger mit Rücksicht auf anstehende Betriebsratsaufgaben nur bis 02.30 Uhr gearbeitet.
Er nahm dann am 17.07.2013 in der Zeit von 13.00 Uhr bis 15.30 Uhr an einer Betriebsratssitzung teil und behauptet, zuvor von 11.45 Uhr bis 13.00 Uhr ebenfalls Amtstätigkeiten wahrgenommen zu haben.
Ihm wurden - inzwischen unstreitig - für die Nachtschicht vom 16. auf den 17.07.2013 insgesamt 5,5 Stunden gutgeschrieben, und zwar für den Zeitraum bis 03.00 Uhr und dann wieder für die Zeit von 05.00 Uhr bis 06.00 Uhr.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, unter Berücksichtigung der Bestimmungen des § 37 Abs. 2 BetrVG und des § 5 Abs. 1 ArbZG (11stündige Ruhezeit) sei er berechtigt gewesen, die Nachtschicht vom 16. auf den 17.07.2013 vorzeitig zu beenden, um dann am 17.07.2013 ausgeruht seinen Betriebsratsaufgaben nachkommen zu können. In der Zeit von 11.45 Uhr bis 13.00 Uhr sei er für den Betriebsrat damit beschäftigt gewesen, die von den gewerblichen Arbeitnehmern verrichtete Mehrarbeit anhand arbeitgeberseits überlassener Listen zu kontrollieren; daneben habe er sich auf die bevorstehende Betriebsratssitzung vorbereitet.
Erstinstanzlich hat der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 84,73 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, zwar sei im Falle der erforderlichen Wahrnehmung von Betriebsratstätigkeiten außerhalb der Arbeitszeit eine gewisse Dauer der Erholung zu berücksichtigen, wobei allerdings nicht auf die nur für eine Arbeitstätigkeit maßgebliche 11stündige Ruhezeit abgestellt werden könne. Angemessen seien acht Stunden, so dass hier der Kläger am 17.07.2013 erst ab 05.00 Uhr zu Recht der Arbeit ferngeblieben sei, um dann ab 13.00 Uhr an der Betriebsratssitzung teilzunehmen.
Der vorangegangene Zeitraum von 11.45 Uhr bis 13.00 Uhr müsse unberücksichtigt bleiben, weil nicht ersichtlich sei, warum der Kläger in dieser Zeit erforderliche Amtstätigkeiten ausgeübt habe.
Zudem sei zu berücksichtigen, dass ein Ausgleichsanspruch nach § 37 Abs. 3 BetrVG auf die Freistellung nach § 37 Abs. 2 BetrVG angerechnet werden könne.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 14.08.2014 die Klage abgewiesen. Soweit hier von relevant, hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe nicht vermocht, die Erforderlichkeit der Betr...