Verfahrensgang
ArbG Paderborn (Urteil vom 15.05.1996; Aktenzeichen 2 Ca 210/96) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 15.05.1996 – 2 Ca 210/96 – abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.336,80 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit de 08.02.1996 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand
Mit seiner Klage verlangt der Kläger von der nicht tarifgebundenen Beklagten die Zahlung von Vergütungsdifferenzen im Zusammenhang mit einer tariflichen Lohnerhöhung aus dem Jahre 1995. Er macht geltend, die in § 3 des schriftlichen Arbeitsvertrages getroffene Regelung
„Sollten sich die monatlichen Entgelte aufgrund des Entgelttarifvertrages für die Firmen der obst- und gemüseverarbeitenden Industrie ab 1993 erhöhen, wird der jeweilige Steigerungs-Prozentsatz dem vertraglich festgelegten Brutto-Stundenlohn zugeschlagen”
gelte unverändert fort und sei insbesondere nicht im Zusammenhang mit der Änderungskündigung vom 23.09.1993 (Bl. 19 d.A.) entfallen.
Insoweit ist unstreitig, daß die Beklagte im Jahre 1993 gegenüber einer Vielzahl von Arbeitnehmern entsprechende Änderungskündigungen ausgesprochen hatte, welche von den Betroffenen – nicht jedoch vom Kläger – durchweg akzeptiert wurden. Unbeschadet der hierdurch bedingten Änderung der Arbeitsbedingungen gewährte die Beklagte jedoch auf freiwilliger Grundlage im Jahre 1994 den Beschäftigten eine entsprechende Lohnerhöhung. Erstmals anläßlich der Tariflohnerhöhung vom 01.04.1995 wandte die Beklagte die geänderten Arbeitsbedingungen an und lehnte eine Weitergabe der tariflichen Lohnerhöhung von 3,5 % an die Beschäftigten ab.
Der Kläger hat im ersten Rechtszuge geltend gemacht, ihm sei eine entsprechende Änderungskündigung nicht wirksam zugegangen. Zwar sei ihm in einem Gespräch im Personalbüro am 23.09.1993 ein derartiges Schreiben vorgelegt worden, dessen Inhalt er jedoch mangels ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache nicht verstanden habe. Aus diesem Grunde habe er die Unterschrift verweigert und – erfolglos – verlangt, das Schreiben ausgehändigt zu bekommen.
Das Arbeitsgericht hat nach Vernehmung des Personalleiters B. zur Frage des Zugangs der Änderungskündigung das Klagebegehren abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, unabhängig vom Inhalt der Aussage des Zeugen Bott ergebe sich ein Zugang der Änderungskündigung schon aus der Tatsache, daß der Kläger selbst eingeräumt habe, das Schreiben vom 23.09.1993 zu kennen. Indem der Kläger das Schreiben durchgelesen, dann aber im Personalbüro zurückgelassen habe, habe er den einmal erfolgten Zugang nicht mehr hindern können. Da der Kläger die Änderungskündigung weder unter Vorbehalt angenommen noch Kündigungsschutzklage erhoben habe, sei die Änderung der Arbeitsbedingungen gemäß § 7 KSchG wirksam geworden.
Gegen das ihm am 31.05.1996 zugestellte Urteil, auf dessen Inhalt wegen des weiteren erstinstanzlich vorgetragenen Sachverhalts Bezug genommen wird, richtet sich die am 28.06.1996 eingelegte und am 22.07.1996 begründete Berufung des Klägers, mit welcher dieser seinen Standpunkt wiederholt, die Änderungskündigung vom 23.09.1993 sei ihm nicht zugegangen. Richtig sei allein, daß er im Personalgespräch vom 23.09.1993 das Kündigungsschreiben durchgelesen habe. Da er zwar mit der deutschen Sprache im Alltag zurecht komme, nicht aber schwierigeres „Amtsdeutsch” verstehe, habe er gegenüber dem Personalleiter Bott erklärt, er habe den Inhalt des Schreibens nicht verstanden und bitte darum, das Schreiben mitnehmen zu dürfen. Dies sei ihm jedoch verweigert worden.
Im übrigen habe die Änderungskündigung vom 23.09.1993 auch deswegen zu keiner Änderung der Arbeitsbedingungen geführt, da die Beklagte eine solche – abweichend vom Inhalt des Kündigungsschreibens – nicht zum 01.01.1994 umgesetzt habe. Nachdem die Beklagte im Jahre 1994 die frühere arbeitsvertragliche Regelung weiter angewandt und dementsprechend die Tariflohnerhöhung im Jahre 1994 weitergegeben habe; müsse von einer konkludenten Rücknahme der Änderungskündigung ausgegangen werden.
Aus den vorstehenden Gründen fehle es auch an einer ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung. Ausweislich des Anhörungsbogens (Bl. 17 d.A.) sei dem Betriebsrat als Datum für den Eintritt der veränderten Arbeitsbedingungen der 01.01.1994 genannt worden. Auch der Kündigungszeitpunkt gehöre zum Inhalt der notwendigen Betriebsratsinformation. Hinsichtlich einer Änderung der Arbeitsbedingungen erst zum Jahre 1995 sei der Betriebsrat jedoch nicht unterrichtet worden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 15.05.1996 – 2 Ca 210/96 – abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.336,80 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 08.02.1996 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens hält die Beklagte an ihrer Behauptung fest, dem Kläger sei das Kündigungsschreiben im Personalgespräch vom 23.09.1993 persönlich ausgehändigt un...