Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung des Betriebsrats bei Arbeitszeitverkürzung am Betriebsausflug
Leitsatz (amtlich)
Hat der Arbeitgeber durch eine Gesamtzusage allen Arbeitnehmern der Zentralverwaltung des Unternehmens einen jährlichen, ganztägigen Betriebsausflug bei voller Lohnfortzahlung zugesagt, so unterliegt es der Mitbestimmung des Betriebsrats gem. § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG, wenn der Arbeitgeber den Teilnehmern des Betriebsausflugs für diesen Tag nur noch die Hälfte der üblichen arbeitstäglichen Arbeitszeit gutbringen will, während sie die übrige Zeit vor- und nacharbeiten sollen.
Normenkette
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
ArbG München (Beschluss vom 08.11.1995; Aktenzeichen 14 BV 152/95) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Arbeitsgerichts München vom 8.11.1995 – 14 BV 152/95 – abgeändert:
Dem Antragsgegner wird aufgegeben, im Rahmen des ganztägigen jährlichen Betriebsausflugs es zu unterlassen ohne Zustimmung des Antragstellers
- den Teilnehmern die Arbeitszeit an diesem Tag von 7 Std. 36 Min. auf 3 Std. 48 Min. zu kürzen, ohne gleichzeitig des Monatsstundensoll entsprechend zu kürzen,
- den Teilnehmern von ihrem Gleitzeitkonto eine Arbeitszeit von 3 Std. 48 Min. abzuziehen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Arbeitgeber (Antragsgegner) seit 1994 das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats (Antragsteller) dadurch verletzt, daß er den Teilnehmern an ganztägigen Betriebsausflügen auf ihrem Gleitzeitkonto nur noch 3 Std. 48 Min. als Arbeitszeit anrechnet, während von 1991 bis 1993 dafür 7 Std. 36 Min. gutgebracht wurden.
Im Unternehmen der Antragsgegnerin sind ca. 2.100 Arbeitnehmer beschäftigt, die einen einheitlichen Betriebsrat (Antragsteller) gewählt haben.
Die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Std. regelt eine seit 1.1.1987 in Kraft getretene Betriebsvereinbarung vom 16.12.1986 (Anlage B 4 = Bl. 56/67 d.A.). Nach Ziff. 3.1 wird die betriebsübliche, regelmäßige Arbeitszeit als gleitende Arbeitszeit ausgestaltet. Gem. Ziffer 3.2 BV teilt sich die tägliche Arbeitszeit in eine Fixzeit und in eine Gleitzeit. Während der Fixzeit (Montag bis Donnerstag 9.00 bis 15.30 Uhr, Freitag 9.00 bis 15.00 Uhr) besteht – mit Ausnahme von 30 Minuten Mittagspause – Anwesenheitspflicht für die Mitarbeiter (Ziff. 3.2 Satz 2 BV).
Anläßlich des Beitritts des zehnmillionsten Vereinsmitgliedes zum Antragsgegner teilte der seinerzeitige Generalsekretär in einem Rundschreiben an alle Mitarbeiter vom 17.10.1990 (Bl. 13/14 d.A.) diesen mit, daß in Zukunft auf Dauer für die Mitarbeiter der Zentrale der jährliche Betriebsausflug wieder eingeführt werde.
An den ganztägigen Betriebsausflügen nahmen 1991 – 1.231 Mitarbeiter, 1992 – 1.385 Mitarbeiter und 1993 – 1.507 Mitarbeiter teil. Bei Vollzeitbeschäftigten wurde für den Tag eine Arbeitszeit von 7 Std. 36 Min. gutgebracht. Arbeitnehmer, die nicht teilnehmen wollten, mußten im üblichen Umfang an ihrem Arbeitsplatz arbeiten.
Im Jahre 1994 verhandelte der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat über verschiedene Punkte, unter anderem über eine von ihm beabsichtigte neue Konzeption des Betriebsausflugs. Während in anderen Punkten eine Regelung in einer Betriebsvereinbarung vom 22.7.1994 (Bl. 21/22 d.A.) zustande kam, verpflichtete sich der Arbeitgeber in Ziff. 5 lediglich, „den Betriebsrat bis Ende Juli 1994 die von ihm (dem Arbeitgeber) gewünschte neue Konzeption des Betriebsausflugs vorzustellen”.
Dies geschah mit Schreiben vom 28.7.1994 (Bl. 24 d.A.); in Ziff. 3 a heißt es unter anderem: „Für alle teilnehmenden Mitarbeiter erfolgt eine Zeitgutschrift von 3 Std. 48 Min., unabhängig von der Dauer der Veranstaltung”.
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, daß die Anrechnung von lediglich 3 Std. 48 Min. bei Teilnehmern am ganztägigen Betriebsausflug eine Verkürzung der Arbeitszeit an diesem Tag und eine entsprechende Verlängerung der Arbeitszeit an anderen Tagen durch die Notwendigkeit, die fehlenden Stunden am Monatssoll nachzuarbeiten, darstelle und daß eine solche Regelung gem. § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG mitbestimmungspflichtig sei und ohne Beachtung des Mitbestimmungsrechts unzulässig sei. Mit einem zum Arbeitsgericht München eingereichten Antrag hat der Betriebsrat den Arbeitgeber auf Unterlassung in Anspruch genommen ohne Zustimmung des Betriebsrats für die Teilnehmer des ganztägigen Betriebsausfluges deren tägliche Arbeitszeit von 7 Std. 36 Min. auf 3 Std. 48 Min. zu kürzen, ohne das entsprechende Monatsstundensoll entsprechend herabzusetzen.
Das Arbeitsgericht München hat mit Beschluß vom 8.11.1995 den Antrag zurückgewiesen mit der Begründung, daß keine Verkürzung der Arbeitszeit am Tag des Betriebsausflugs vorliege, sondern sich die Gutschrift einer Arbeitszeit von 3 Std. 48 Min. als Zeitgeschenk und damit als freiwillige soziale Leistung des Arbeitgebers darstelle.
Gegen den ihm am 12.4.1996 zugestellten Beschluß, auf dessen Gründe wegen des Sach- und Streitsta...