Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütungsrückzahlungsanspruch
Leitsatz (amtlich)
1. Zweitinstanzlich erfolgreicher Anspruch auf Rückzahlung der Arbeitsvergütung, die von der Betriebsübernehmerin nach deren Arbeitgeberkündigung während des Zeitraums der Freistellung der gekündigten Arbeitnehmerin gezahlt wurde, nach späterem – wirksamen – Widerspruch der Arbeitnehmerin gegen den Betriebsübergang aufgrund dessen Rückwirkung und damit bruchloser Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der „alten” Arbeitgeberin und dadurch gegebener Rechtsgrundlosigkeit der erfolgten Vergütungszahlung (Leistungskondiktion gem. § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB wegen späteren Wegfalls des ursprünglich vorhandenen Rechtsgrundes).
2. Im vorliegenden Fall fehlende Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) der rückzahlungsverpflichteten Arbeitnehmerin auch im Hinblick darauf, dass sie nach Widerspruch gegen den Betriebsübergang ohne Weiteres einen Anspruch auf Vergütungszahlung für denselben Zeitraum gegen ihre bisherige Arbeitgeberin hatte (wenngleich dieser im konkreten Fall aufgrund einer einzelvertraglichen Ausschlussfristenregelung tatsächlich verfallen war, was jedoch in den Risikobereich der Arbeitnehmerin fällt).
Normenkette
BGB § 812 Abs. 1 S. 2 i. V. m. S. 1, § 818 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 14.10.2010; Aktenzeichen 23 Ca 17701/09) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 14.10.2010 – 23 Ca 17701/09 – in den Ziffern 1. bis 3. abgeändert:
- Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 8.532,49 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 17.11.2009 zu bezahlen.
- Die Widerklage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten als ihrer ehemaligen – faktischen – Arbeitnehmerin Ansprüche auf Rückzahlung von Arbeitsentgelt, die Beklagte dagegen im Wege der Widerklage Ansprüche auf Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen für die ihr nach ihrer Auffassung tatsächlich zustehenden Vergütungsbeträge geltend.
Die am 0.0.1966 geborene Beklagte dieses Verfahrens war seit 20.05.1997 bei der Fa. A. T. & R. B. mbH als voriger Betreiberin/Pächterin der Bundesautobahntank- und Rastanlage V.-O. an der Bundesautobahn A 00 bei F. im Osten von M. beschäftigt, zuletzt als Betriebsleiterin mit einer Vergütung von 0,– EUR brutto/Monat nebst variabler Bezügebestandteile – nach Vorbringen der Klägerin des vorliegenden Verfahrens: mit einer Gesamtvergütung von 0,– EUR brutto/Monat –. Mit Schreiben vom 09.01.2009 informierte diese Arbeitgeberin die Beklagte des vorliegenden Verfahrens darüber, dass der Pachtvertrag hinsichtlich dieser Raststätte zum 15.01.2009 enden werde und ab 16.01.2009 – wie geschehen – die Klägerin des vorliegenden Verfahrens die neue Pächterin dieser Anlage sei, auf die somit zu diesem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis der Beklagten übergehe. Die Klägerin des vorliegenden Verfahrens und neue Arbeitgeberin der hiesigen Beklagten kündigte das Arbeitsverhältnis mit dieser mit Schreiben vom 30.01.2009 zum 31.05.2009 und stellte sie sodann in einem Gespräch am 16.02.2009 bis zum Ablauf der Kündigungsfrist mündlich von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Während dieser Zeit der Freistellung der Beklagten im Zeitraum vom 17.02.2009 bis 31.05.2009 erhielt die Beklagte von der Klägerin die im vorliegenden Verfahren zuletzt streitgegenständliche Nettovergütung.
Nach Einreichung einer Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung der Betriebsübernehmerin vom 30.01.2009 widersprach die Beklagte mit Schreiben gegenüber ihrer alten Arbeitgeberin vom 18.08.2009 dem Betriebsübergang. Dies wies die alte Arbeitgeberin als Adressatin dieses Schreibens gegenüber der hiesigen Beklagten mit Schreiben vom 25.08.2009 zurück und sprach dort gleichzeitig „höchst vorsorglich” auch selbst eine ordentliche Kündigung aus betriebsbedingten Gründen zum 31.01.2010 aus. Die Kündigungsschutzklage der Beklagten des vorliegenden Verfahrens gegen die Kündigung der Klägerin dieses Verfahrens als Betriebsübernehmerin vom 30.01.2009 wurde mit Urteil des Arbeitsgerichts München vom 29.10.2009 rechtskräftig mit der Begründung abgewiesen, dass zwischen der Beklagten und der Betriebsübernehmerin und Klägerin des vorliegenden Verfahrens nach Erklärung des Widerspruchs der hiesigen Beklagten gegen den erfolgten Betriebsübergang kein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Auch die Kündigungsschutzklage der hiesigen Beklagten gegen ihre „alte” Arbeitgeberin hinsichtlich deren, nach Widerspruch gegen den Betriebsübergang, erklärter Kündigung vom 25.08.2009 wurde im Rahmen eines Endurteils des Arbeitsgerichts München vom 23.02.2010, insoweit rechtskräftig, abgewiesen. Mit demselben Urteil vom 23.02.2010 hatte das Arbeitsgericht die dort gleichzeitig geltend gemachten Ansprüche der hiesigen Beklagten gegen ihre „alte” Arbeitgeberin auf Zahlung der A...