Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes bei dauerhafter Beschäftigung im Ausland unter Eingliederung in den Betrieb des Arbeitgebers in Deutschland. Unwirksame Druckkündigung eines von der ausländischen Tochtergesellschaft abberufenen Geschäftsführers
Leitsatz (amtlich)
Das Arbeitsverhältnis eines dauerhaft in einem im Ausland ansässigen Tochterunternehmen seines Arbeitgebers eingesetzten Arbeitnehmers unterfällt dem räumlichen Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes, wenn er in den Betrieb des Arbeitgebers in Deutschland eingegliedert ist. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn er einem weitgehenden Direktionsrecht seines Arbeitgebers unterliegt, dieser sich das Recht zum Rückruf des Arbeitnehmers nach Deutschland vorbehalten hat und das Arbeitsverhältnis in Deutschland administrativ abgewickelt wird.
Normenkette
KSchG § § 1, 14 Abs. 1, § 23 Abs. 1, § 1 Abs. 2 S. 1 Alt. 1, § 1 Abs. 2 S. 1 Alt. 2, § 1 Abs. 2 S. 1 Alt. 3
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Entscheidung vom 13.11.2014; Aktenzeichen 10 Ca 4121/13) |
Tenor
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung sowie über einen Anspruch des Klägers auf Entschädigung für die entgangene Privatnutzung eines Dienstwagens.
Die Beklagte ist ein Tochterunternehmen der B. AG, die im Bereich der Gewinnung von Steinen und Erden tätig ist. Unternehmensgegenstand der Beklagten, die selbst keine Steinbrüche oder Asphaltmischungen in Deutschland betreibt, ist ausschließlich die Führung von im Ausland befindlichen Gesellschaften, u. a. in Algerien, Polen, Russland und der Ukraine, wobei die Zuständigkeiten für die Auslandsgesellschaften unter den drei Geschäftsführern der Beklagten aufgeteilt sind. Der Geschäftsführer S, der gegenüber den Mitarbeitern im Betrieb der Beklagten in Linz weisungsgefugt ist und dem insoweit die Entscheidungen in personellen und sozialen Angelegenheiten obliegen, ist auch Vorgesetzter der in den Auslandsgesellschaften in Russland und in der Ukraine als Geschäftsführer eingesetzten Personen.
Unter dem 10.05.2011 schlossen die Parteien einen "Dienst- und Entsendungsvertrag". Dieser Vertrag, in dessen Text die Beklagte als "die Gesellschaft" bezeichnet ist, enthält u. a. folgende Bestimmungen:
"§ 1 Eintritt und Funktion
1.
Herr A. tritt mit Wirkung zum 01.06.2011 als Mitarbeiter der Gesellschaft ein und wird sofort als Geschäftsführer der Gesellschaft " V. K. " in die Ukraine entsandt. Als Dienstsitz gilt 15 S. G. Dorf, S. Bezirk, R. Gebiet, 34551, Ukraine.
....
3.
Herr A. ist verpflichtet, die Geschäfte der Gesellschaft mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsmannes zu führen. Dabei beachtet er den Gesellschaftervertrag, die Geschäftsordnung der Geschäftsführung, die von den Gesellschaftern festgelegte Ziele, Richtlinien und Prioritäten für die Unternehmensführung sowie dienstliche Weisungen seines Vorgesetzten. Die Gesellschaft kann ihm anstatt oder neben der ihm zugewiesenen Tätigkeit eine andere seiner Stellung entsprechende Tätigkeit zuweisen.
§ 2 Vergütung
1. Als Vergütung für seine Tätigkeit zahlt die Gesellschaft Herrn A. ein Jahresbruttogehalt in Höhe von
110.000,- €
Dieses kommt in zwölf gleichen Teilen jeweils zum Monatsende auf das von Herr A. angegebene Konto zur Auszahlung. In der Ukraine erhaltene Bezüge werden auf dieses Gehalt angerechnet.
...
§ 8 Arbeitszeit, Urlaub
...
2.
Herr A. hat Anspruch auf einen bezahlten Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen. Die Lage des Urlaubes richtet sich nach den dienstlichen Gegebenheiten und ist mit dem Vorgesetzten abzustimmen. Es besteht Einigkeit darüber, dass ein in der Ukraine über die 30 Tage hinaus gegebenenfalls existierender Anspruch auf Urlaub (Ausnahme Feiertage in der Ukraine) nicht verbraucht werden wird.
...
§ 9 Nebentätigkeiten und Erfindungen
1.
Herr A. hat seine ganze Arbeitskraft in den Dienst der Gesellschaft zu stellen und deren Interessen nach bestem Vermögen zu wahren. Daher bedarf jede die Arbeitsleistung des Herrn A. oder die Interessen der Gesellschaft beeinträchtigende Nebentätigkeit (auch Vorträge und Veröffentlichungen) der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Gesellschafter. Die Genehmigung für die Tätigkeit als Vorsitzender des deutschen Wirtschaftsclubs in der Ukraine gilt als vorab erteilt.
...
§ 12 Sonstige Vereinbarungen
...
3.
Der vorstehende Vertrag unterliegt deutschem Recht.
4.
Herr A. erhält in der Ukraine einen Dienstwagen nach den derzeit in der Gesellschaft geltenden Richtlinien, der auch privat genutzt werden kann. Die in der Ukraine für Dienstwagen geltenden steuerlichen Regelungen gehen zu Lasten von Herrn A..
..."
Unter dem 02.06.2011 schloss der Kläger mit der in § 1 des Vertrages der Parteien genannten, in der Ukraine ansässigen Gesellschaft einen "Arbeitsvertrag", nach dessen Inhalt er von dieser Gesellschaft als "Gen...