Entscheidungsstichwort (Thema)

Auferlegung einer Verzögerungsgebühr. Verzögerungsgebühr gemäß § 34 GKG. Flucht in die Säumnis. Verschleppungsabsicht

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Verzögerungsgebühr gemäß § 34 GKG kann grundsätzlich auch in einem Fall der sog. Flucht in die Säumnis auferlegt werden. Dazu bedarf es der Feststellung, dass es sich um eine schuldhafte unter Verstoß gegen die Prozessförderungspflicht gezielt herbeigeführte Säumnis gehandelt hat. Darüber hinaus muss in dem Verhalten des Säumigen eine Verschleppungsabsicht offen zu Tage treten.

 

Normenkette

GKG § 34

 

Verfahrensgang

ArbG Stendal (Entscheidung vom 29.02.2000; Aktenzeichen 3 Ca 1776/99)

 

Tenor

wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Stendal vom 29. Februar 2000 auf die Beschwerde des Klägers vom 15. März 2000 aufgehoben.

Der Wert des Beschwerdegegenstands wird auf 160,00 DM festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit seiner am 11. August 1999 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Beklagte auf Zahlung restlicher Vergütung in Anspruch genommen. Mit ihrem am 24. August 1999 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Beklagte Widerklage auf Zahlung eines Betrags in Höhe von 1.000,00 DM erhoben. Nachdem in der Kammerverhandlung am 11. Januar 2000 für den Kläger niemand erschienen war, hat das Arbeitsgericht auf Antrag der Beklagten ein Versäumnisurteil erlassen, nach dessen Inhalt die Klage abgewiesen und der Kläger verurteilt worden ist, an die Beklagte 1.000,00 DM nebst Zinsen zu zahlen. Gegen dieses ihm am 18. Januar 2000 zugestellte Versäumnisurteil hat der Kläger Einspruch eingelegt mit Schriftsatz vom 18. Januar 2000, der am 20. Januar 2000 beim Arbeitsgericht eingegangen ist.

Durch Beschluss vom 29. Februar 2000 hat das Arbeitsgericht dem Kläger nach dessen Anhörung eine sogenannte Verzögerungsgebühr auferlegt. Gegen diesen ihm am 3. März 2000 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde des Klägers vom 15. März 2000, die am 20. März 2000 beim Arbeitsgericht eingegangen ist.

II. Die Beschwerde des Klägers ist gemäß § 34 Abs. 2 S. 1 GKG statthaft und auch im Übrigen zulässig gemäß den §§ 34 Abs. 2 S. 2, 5 Abs. 2 u. 3 GKG.

Die Beschwerde des Klägers ist begründet. Das Arbeitsgericht hat dem Kläger zu Unrecht eine besondere Gebühr gemäß § 34 Abs. 1 GKG auferlegt.

Diese Vorschrift eröffnet die Möglichkeit, einer Partei eine besondere Gebühr aufzuerlegen, wenn durch das Verschulden der Partei oder ihres Vertreters die Vertagung einer mündlichen Verhandlung oder die Anberaumung eines neuen Termins zu mündlichen Verhandlung nötig wird oder die Erledigung des Rechtsstreits durch verspätetes Vorbringen von Angriffs- oder Verteidigungsmitteln, Beweismitteln oder Beweiseinreden, die früher vorgebracht werden konnten, verzögert worden ist.

Diese Vorschrift will einer Prozessverschleppung entgegenwirken. Die Verhängung einer Strafgebühr soll leichtfertige, gewissenlose und gleichgültige Prozessbeteiligte treffen. Sie setzt die schuldhafte Verletzung der gesetzlichen Prozessförderungspflicht voraus, durch die es zu einer Verzögung des Rechtsstreits gekommen ist. Diese Voraussetzungen des § 34 GKG sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

Zwar ist weder der Kläger noch sein Prozessbevollmächtigter in dem Termin am 11. Januar 2000 erschienen. Zweifelhaft erscheint allerdings bereits, ob diese Abwesenheit des Klägers und seines Prozessbevollmächtigten die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung erforderlich machte. Denn dieses Verhalten war weder unmittelbar noch allein ursächlich für die Notwendigkeit eines neuen Termins. Sie ergab sich vielmehr erst aufgrund des fristgerechten Einspruchs des Klägers gegen das Versäumnisurteil. Selbst wenn die Säumnis und der fristgerechte Einspruch als einheitliches Verhalten des Klägers oder seines Prozessbevollmächtigten zu bewerten wäre, lässt sich nicht feststellen, ob allein dadurch die Anberaumung des neuen Termins zur mündlichen Verhandlung notwendig geworden ist. Dazu bedarf es der Feststellung, dass der Rechtsstreit bei Anwesenheit des Klägers oder seines Prozessbevollmächtigten in dem Termin am 11. Januar 2000 oder jedenfalls ohne eine weitere mündliche Verhandlung beendet worden wäre. Diese Feststellung lässt sich weder anhand des angefochtenen Beschlusses noch anhand des Vorbringens der Parteien treffen.

Zwar hat sich das Arbeitsgericht in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 10. April 2000 damit auseinandergesetzt, dass der Grund für die Säumnis nach der Behauptung des Klägers in seiner Befürchtung bestand, sein Vorbringen werde als verspätet zurückgewiesen. Dazu hat es ausgeführt, eine Zurückweisung dieses Vorbringens sei ebenso wahrscheinlich gewesen wie die Anberaumung eines neuen Verhandlungstermins aufgrund des klägerischen Vorbringens oder die Anberaumung eines Verkündungstermins zur Berücksichtigung eines der Gegenseite nachgelassenen Schriftsatzes. Auch in diesen Fällen wäre die Auferlegung einer Verzögungsgebühr gerechtfertigt gewesen.

Dabei übersieht das Arbeitsgericht allerding...

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