Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuschuss zum Mutterschaftsgeld unter Einbeziehung eines als freiwillige Leistung gewährten Kindergartenzuschusses
Leitsatz (amtlich)
1. Ein als freiwillige Leistung gewährter Kindergartenzuschuss hat den Charakter einer Sozialzulage zum Arbeitsentgelt. Er ist bei der Berechnung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld (§ 14 MuSchG) zu berücksichtigen, wenn er in den letzten drei abgerechneten Kalendermonaten vor Beginn der Schutzfrist oder eines Beschäftigungsverbotes gezahlt wurde.
2. Bei der Prüfung, ob es sich um Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 Abs. 1 MuSchG handelt, kommt es nicht auf die Steuerpflichtigkeit an.
3. Ein vom Arbeitgeber nur als "freiwillige Leistung" bezeichneter Kindergartenzuschuss lässt in der Regel nicht den Schluss zu, die entsprechende Zusage des Arbeitgebers stehe auch unter einem Widerrufsvorbehalt.
Normenkette
MuSchG § 14 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Kiel (Entscheidung vom 26.09.2013; Aktenzeichen 2 Ca 839 b/13) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 26.09.2013, Az. 2 Ca 839 b/13, abgeändert:
- Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 981,09 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 138,74 EUR seit dem 01.09.2012, auf weitere 297,30 EUR seit dem 01.10.2012, auf weitere 307,21 EUR seit dem 01.11.2012 und auf weitere 237,84 EUR seit dem 01.12.2012 zu zahlen.
- Die Kosten erster Instanz trägt der Beklagte. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
- Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Berechnung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld, konkret darum, ob ein Kindergartenzuschuss und Fahrgeld zu berücksichtigen sind.
Der Beklagte hat mehrere hundert Beschäftigte und berät seine Kunden auch steuerlich.
Die Klägerin war seit dem 01.12.2011 bei ihm als Steuerfachangestellte beschäftigt. Ihr Arbeitsverhältnis ist zwischenzeitlich beendet. Die Klägerin hatte bei Arbeitsaufnahme bereits ein Kindergartenkind. Es existiert ein schriftlicher Arbeitsvertrag. Danach war eine monatliche Vergütung von 1.800,00 Euro brutto geschuldet, zahlbar Mitte des laufenden Monats. Zusätzlich vereinbarten die Parteien mündlich die monatliche steuer- und sozialversicherungsfreie Zahlung eines Kindergartenzuschusses in Höhe von 230,00 Euro und eines Fahrtkostenzuschusses in Höhe von 67,50 Euro. Beiden Parteien war bei der Vereinbarung bekannt, dass Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit nur dann gegeben sind, wenn es sich bei derartigen Leistungen um freiwillige Zahlungen des Arbeitgebers handelt. Der Klägerin wurde bei Vertragsschluss ausdrücklich in Aussicht gestellt, dass der Beklagte diese Beträge regelmäßig zahlen werde (Berufungserwiderung S. 2, Bl. 138 d. A.).
Die Klägerin wurde schwanger. Von April 2012 bis zum Beginn der Mutterschutzfrist bestand ein ärztliches Beschäftigungsverbot.
Der Beklagte zahlte der Klägerin seit Beginn des Beschäftigungsverhältnisses durchgängig und ungekürzt neben den im Arbeitsvertrag vereinbarten 1.800,00 Euro brutto den Kindergartenzuschuss und den Fahrtkostenzuschuss. Das gilt auch für eine Krankheitszeit vom 14.12.2011 bis 23.12.2011 und für die Zeit des Beschäftigungsverbots. Es ergab sich insoweit ein regelmäßiger monatlicher Auszahlungsbetrag von 1.717,62 Euro (Bl. 2, 103, Anlagenkonvolut K 1, Bl. 105 - 130 d. A.).
Vom 14.08.2012 bis zum 24.11.2012 befand sich die Klägerin in Mutterschutz und erhielt das gesetzliche Mutterschaftsgeld von 13,00 Euro täglich. Für den genannten Zeitraum zahlte der Beklagte einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld von 34,34 Euro täglich. Dabei ließ er den Kindergarten- und den Fahrtkostenzuschuss unberücksichtigt.
Die Klägerin begehrt auf Basis des monatlichen Gesamtauszahlungsbetrages die Zahlung eines täglichen Zuschusses in Höhe von 44,25 Euro für den Zeitraum 14.08.2012 bis 24.11.2012. Sie errechnet für diese 99 Kalendertage einen noch zu zahlenden Differenzbetrag von 9,91 Euro täglich, den sie mit der vorliegenden Klage geltend macht.
Sie hat stets die Ansicht vertreten, Kindergartenzuschuss und Fahrgeld seien in die Berechnung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld einzubeziehen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das ist im Wesentlichen vor dem Hintergrund geschehen, dass der Sachverhalt im Tatsächlichen durch die Klägerin nicht hinreichend dargelegt war. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand, Anträge und Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils vom 26.09.2013 verwiesen.
Gegen diese der Klägerin am 10.10.2013 zugestellte Entscheidung hat sie am Montag, den 11.11.2013 Berufung eingelegt, die fristgemäß begründet wurde.
Die Klägerin ergänzt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie ist der Ansicht, sie habe aufgrund der getroffenen Vereinbarungen einen Anspruch auf diese Beträge, die ihr uneingeschränkt zugesichert worden seien. Das ergebe sich auch aus dem Zahlungsverhalten des Beklagten, der den Kindergartenzuschuss und den Fahrtkostenzuschuss unabhängig vo...