OFD Nordrhein-Westfalen, Verfügung v. 27.8.2014, Kurzinformation ESt Nr. 33/2014
Sog. Traktatländereien
Gehören zu einem grenznahen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb einer in einem der Vertragsstaaten ansässigen Person Grundstücke auf dem Gebiet des anderen Vertragsstaates (Belegenheitsstaat), so steht das Besteuerungsrecht hierfür nach Art. 4 DBA-NL grundsätzlich dem Belegenheitsstaat zu. Nach Art. 20 Abs. 2 DBA-NL sind diese Einkünfte – soweit sie auf das Traktatland entfallen – im Ansässigkeitsstaat steuerfrei zu stellen.
Zur Anwendung dieser Abkommensregelung wurde zwischen den Niederlanden und der Bundesrepublik Deutschland eine Verständigungsvereinbarung (BMF-Schreiben vom 30.11.2001, IV B 6 – S 1301 Ndl.-70/01, EStG-Kartei NW DBA-Niederlande Nr. 9) getroffen, die die Aufteilung der Gewinne deutscher und niederländischer land- und forstwirtschaftlicher Betriebe mit Grundstücken im jeweils anderen Staat betrifft.
Die Verständigungsvereinbarung regelt das Verfahren zur Einkünfteaufteilung wie folgt:
- Bei der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen (§ 13a EStG) wird der sich für den Gesamtbetrieb ergebende Gewinn nach dem Verhältnis der deutschen und niederländischen Flächen aufgeteilt.
- Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 oder Abs. 3 EStG wird vorab ein Teil des festgestellten Gesamtgewinns (maximal 50 %) dem inländischen Hof zugerechnet und der restliche Gewinn im Verhältnis der im Inland belegenen zu den in den Niederlanden belegenen Flächen verteilt.
- Die niederländischen Steuerbehörden ermitteln den Deutschland als Belegenheitsstaat zustehenden Gewinnanteil in der Weise, dass vorab ein Teil des festgestellten Gesamtgewinns (maximal 50 %) dem niederländischen Hof zugerechnet und der Rest im Verhältnis der niederländischen und deutschen Flächen aufgeteilt wird.
Nach bisheriger Verwaltungsauffassung waren die den niederländischen Flächen zuzurechnenden Gewinnanteile auch ab dem Veranlagungszeitraum 2009 unter den Progressionsvorbehalt zu erfassen. § 32b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG i.d.F. des JStG 2009 wurde nicht für anwendbar gehalten, da die reine Bewirtschaftung der niederländischen landwirtschaftlichen Flächen nicht als Betriebsstätte angesehen wurde.
Mit Urteil vom 2.4.2014 (Az. I R 68/12) hat der BFH entschieden, dass bewirtschaftete land- und forstwirtschaftliche Flächen, die in einem anderen Staat als dem Ansässigkeitsstaat belegen sind – sog. Traktatländereien –, als Geschäftseinrichtung i.S. des § 12 AO anzusehen sind. Nach Auffassung des BFH gelten für die Betriebsstätteneigenschaft land- und forstwirtschaftliche Flächen keine weiter gehenden Anforderungen als für gewerbliche Fabrikationsstätten i.S. des § 12 Satz 2 Nr. 4 AO. Eine besondere Herrichtung von Zufahrtswegen oder die Errichtung von Gewächshäusern ist demnach nicht erforderlich.
Die auf die ausländischen Flächen entfallenden Gewinnanteile sind somit nicht mehr im Rahmen des Progressionsvorbehaltes nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG zu erfassen.
Das Urteil hat keine Auswirkung auf die Anwendung der Verständigungsvereinbarung, die Gewinne sind weiterhin nach der Verständigungsvereinbarung aufzuteilen.
Normenkette
EStG 2002 § 4
EStG 2002 § 13a
EStG 2002 § 32b Abs. 1