Prof. Dr. Franz Jürgen Marx
I. Regelungsinhalt
Rz. 1
Das Landesgrundsteuergesetz Baden-Württemberg (LGrStG BW) v. 4.11.2020 regelt eigenständig und vollumfänglich die Festsetzung und Erhebung der Grundsteuer ab dem 1.1.2025. Das Land Baden-Württemberg hat damit die in Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 GG vorgesehene Öffnungsklausel für eine autonome Normierung der Grundsteuer genutzt, die nach Art. 125b Abs. 3 frühestens für Zeiträume ab dem 1.1.2025 genutzt werden darf (Drüen, Grundsteuer und Verfassungsrecht, Rz. 3). Das Landesgrundsteuergesetz BW ist die erste länderspezifische Regelung des neuen Grundsteuerrechts. Gesetzgeberisches Ziel ist es, die Grundsteuer ab 2025 als verlässliche Einnahmequelle der Kommunen zu erhalten und rechtssicher sowie zeitgemäß fortzuentwickeln. Durch das ÄndGLGrStG v. 22.12.2021 wurden insb. ein gesondertes Hebesatzrecht zur Mobilisierung baureifer Grundstücke eingeführt (§ 50a LGrStG BW), die Nachweismöglichkeit eines niedrigeren Werts (§ 38 Abs. 4 LGrStG BW) geschaffen und die Administrierbarkeit der Steuer verbessert. Darüber hinaus werden im Bereich der Grundsteuer A die wirtschaftlichen Einheiten von Gemeinschaften nach bisherigem Recht beibehalten und die Bewertungsanlagen 1 bis 7 an aktuelle Entwicklungen angepasst.
Rz. 2
Abweichend von den bundesgesetzlichen Regelungen werden sowohl die Bewertung als auch die Ermittlung und Erhebung der Grundsteuer im Landesgrundsteuergesetz BW abschließend normiert. Während Betriebe der Land- und Forstwirtschaft mit dem Ertragswert zu bewerten ist, erfolgt die Bewertung der Grundstücke unabhängig davon, ob diese bebaut oder unbebaut sind, mit dem Bodenwert. Infolge der Aufnahme eigenständiger Bewertungsvorschriften ist der Normumfang im Vergleich zum reformierten Grundsteuergesetz zwar wesentlich größer (§§ 1–62 LGrStG BW gegenüber §§ 1–23 GrStG n.F.). Dafür sind aber keine Verweise zu den Regelungen des Bewertungsgesetzes erforderlich. Das macht es für die Adressaten wesentlich leichter, Grund- und Höhentatbestand der Grundsteuer zu erfassen und die Besteuerungsfolgen unmittelbar aus einem Regelwerk abzuleiten.
Rz. 3
Die Reform soll das derzeitige jährliche Aufkommen des Landes Baden-Württemberg von rd. 1,8 Mrd. Euro sichern. In der Gesetzesbegründung wird an die Gemeinden appelliert, der aus der Neubewertung des Grundbesitzes resultierenden Abweichung der Grundsteuerwerte gegenüber dem bisherigen Ansatz durch eine gegebenenfalls erforderliche Anpassung des Hebesatzes entgegenzuwirken, um ein konstantes Grundsteueraufkommen zu sichern. Durch das frühzeitige In-Kraft-Treten des Landesgrundsteuergesetzes BW ist es Kommunen und Bürgern ermöglicht, die künftige Grundsteuer unter Annahme eines Hebesatzes schon weit vor Anwendung des neuen Rechts besser abzuschätzen. Eine überschlägige Ermittlung der künftigen Hebesätze könnte im Vorfeld auf Basis repräsentativer neuer Grundsteuermessbeträge im Vergleich mit den bisherigen Werten erfolgen.
Rz. 4– 5
Einstweilen frei.
II. Rechtsentwicklung
Rz. 6
Das Gesetz zur Regelung einer Landesgrundsteuer (Landesgrundsteuergesetz – LGrStG) v. 4.11.2020 ist am 14.11.2020 in Kraft getreten. Das Gesetz enthält in Art. 1 das Landesgrundsteuergesetz, in Art. 2 die Änderung des Kommunalabgabengesetzes und in Art. 3 das Inkrafttreten.
Rz. 7
Ein Anhörungs- und Beteiligungsverfahren für das Landesgrundsteuergesetz BW wurde durchgeführt. Die Ergebnisse der Beteiligung der Verbände ist der Gesetzesbegründung zu entnehmen. Für die Bürger bestand die Möglichkeit über das Beteiligungsportal des Landes Baden-Württemberg zum Entwurf des Landesgrundsteuergesetzes BW Stellung zu nehmen. Am 30.9.2020 hat die Landesregierung den Gesetzentwurf in den Landtag von Baden-Württemberg eingebracht. In der 129. Sitzung des Landtags am 19.10.2019 wurde der Gesetzentwurf an den Ausschuss für Finanzen überwiesen. Am 29.10.2020 erfolgte die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Finanzen. Änderungen wurden nicht vorgenommen. Der Landtag des Landes Baden-Württemberg stimmte dem Gesetz in seiner Sitzung am 4.11.2020 nach zweiter Beratung mehrheitlich zu.
Rz. 8
Das ÄndGLGrStG v. 22.12.2021 ändert und ergänzt das Landesgrundsteuergesetz. Es ist nach Art. 2 am Tag nach seiner Verkündun...