Prof. Dr. Franz Jürgen Marx
1. Gesetzestext
Rz. 118
(1) Für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft beträgt die Steuermesszahl 0,55 Promille.
(2) Für Grundstücke beträgt die Steuermesszahl 1,30 Promille.
(3) Die Steuermesszahl nach Absatz 2 wird um 30 Prozent ermäßigt, wenn das Grundstück überwiegend zu Wohnzwecken dient. Überwiegend dient ein Grundstück zu Wohnzwecken, wenn der Anteil der Wohnnutzung an der gesamten Wohn- und Nutzfläche den Anteil der wohnfremden Nutzung übersteigt.
(4) Die Steuermesszahl nach Absatz 2 wird um 25 Prozent ermäßigt, wenn
- 1. für das Grundstück eine Förderung nach dem Landeswohnraumförderungsgesetz (LWoFG) zugesagt wurde und
- 2. die sich aus der Förderzusage im Sinne des LWoFG ergebenden Bindungen für jeden Erhebungszeitraum innerhalb des Hauptveranlagungszeitraums bestehen, oder
- 3. für das Grundstück nach § 13 Absatz 3 des Wohnraumförderungsgesetzes (WoFG) vom 13. September 2001 (BGBl. I S. 2376), das zuletzt durch Artikel 42 des Gesetzes vom 20. November 2019 (BGBl. I S. 1626, 1652) geändert worden ist, oder nach Maßgabe des Ersten Wohnungsbaugesetzes (Wohnungsbau- und Familienheimgesetz – WoBauG) vom 26. April 1950 (BGBl. I S. 83) oder des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (Wohnungsbau- und Familienheimgesetz – II. WoBauG) vom 27. Juni 1956 (BGBl. I S. 523), zuletzt geändert am 19. August 1994 (BGBl. I S. 2137), eine Förderzusage erteilt wurde und
- 4. die sich aus der Förderzusage im Sinne des WoFG, des WoBauG oder des II. WoBauG ergebenden Bindungen für jeden Erhebungszeitraum innerhalb des Hauptveranlagungszeitraums bestehen.
Wird ein abgrenzbarer Teil des Grundstücks zu diesem Zwecke genutzt, so ist nur dieser Teil des Grundstücks begünstigt.
(5) Liegen für ein Grundstück die Voraussetzungen des Absatzes 4 nicht vor, wird die Steuermesszahl nach Absatz 2 um 25 Prozent ermäßigt, wenn das jeweilige Grundstück
- 1. einer Wohnungsbaugesellschaft zugerechnet wird, deren Anteile mehrheitlich von einer oder mehreren Gebietskörperschaften gehalten werden und zwischen der Wohnungsbaugesellschaft und der Gebietskörperschaft oder den Gebietskörperschaften ein Gewinnabführungsvertrag besteht,
- 2. einer Wohnungsbaugesellschaft zugerechnet wird, die als gemeinnützig im Sinne des § 52 der AO anerkannt ist, oder
- 3. einer Genossenschaft oder einem Verein zugerechnet wird, der seine Geschäftstätigkeit auf die in § 5 Absatz 1 Nummer 10 Satz 1 Buchstabe a und b des Körperschaftsteuergesetzes genannten Bereiche beschränkt und von der Körperschaftsteuer befreit ist.
Wird ein abgrenzbarer Teil des Grundstücks zu diesem Zwecke genutzt, so ist nur dieser Teil des Grundstücks begünstigt. Der Abschlag auf die Steuermesszahl nach Satz 1 wird auf Antrag für jeden Erhebungszeitraum innerhalb des Hauptveranlagungszeitraums gewährt, wenn nachgewiesen wird, dass die jeweiligen Voraussetzungen am Hauptveranlagungsstichtag vorlagen. Entfallen die Voraussetzungen des Satzes 1 während des Hauptveranlagungszeitraums, ist dies anzuzeigen.
(6) Die Steuermesszahl nach Absatz 2 wird um 10 Prozent ermäßigt, wenn sich auf dem Grundstück Gebäude befinden, die Kulturdenkmale im Sinne des Gesetzes zum Schutz der Kulturdenkmale (Denkmalschutzgesetz) sind. Wird ein abgrenzbarer Teil des Grundstücks zu diesem Zwecke genutzt, so ist nur dieser Teil des Grundstücks begünstigt.
(7) Erfüllt ein Grundstück mehrere Vergünstigungstatbestände im Sinne der Absätze 3 bis 6, ergibt sich die Ermäßigung der Steuermesszahl nach Absatz 2 aus der Summe der zu berücksichtigenden Prozentsätze.
2. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 119
Nach der Gesetzesbegründung des Landesgrundsteuergesetzes BW wurden die Steuermesszahlen an die geänderten bewertungsrechtlichen Vorschriften und deren steuerliche Auswirkungen angepasst. Ziel war es, mit künftig geltenden Steuermesszahlen ein Messbetragsvolumen zu erzeugen, das dem bisherigen Messbetragsvolumen möglichst nahekommt. Die Begründung des Landesgrundsteuergesetzes BW gibt keinen Aufschluss darüber, nach welcher Methodik die neuen Messzahlen abgeleitet wurden. Die Übernahme der Steuermesszahl für land- und forstwirtschaftliche Betriebe ist naheliegend, da das Landesgrundsteuergesetz BW hier die Bewertungskonzeption des reformierten Bewertungsgesetzes übernimmt, obwohl auch hier nicht auf konkrete Untersuchungsergebnisse hingewiesen wird. Bei der Neuregelung des Grundsteuergesetzes dürfte der Gesetzgeber von durchschnittlich zehnfach höheren Maßstabswerten für Grundstücke ausgegangen sein (s. § 15 GrStG Rz. 30). Ob diese Relation auch bei dem Vergleich der bisherigen Einheitswerte mit den neuen Grundsteuerwerten, die ausschließlich nach dem Bodenwert bewertet werden, gilt, bleibt offen. Bei Grundstücken beträgt die Steuermesszahl etwa das Vierfache der bundesgesetzlich geregelten Steuermesszahlen, was auf den Nichteinbezug der Gebäude zurückzuführen ist. Es ist nach der Gesetzesbegründung beabsichtigt, die Steuermesszahlen des Landesgrundsteuergesetzes BW regelmäßig zu überprüfen, um damit auf eintretende Veränder...