Rz. 359
§ 11 HGrStG ersetzt den § 20 GrStG (dazu Rz. 94) und regelt, in welchen Fällen ein Steuermessbetrag aufgehoben wird.
Dies ist nach Abs. 1 der Fall, wenn eine wirtschaftliche Einheit wegfällt (z.B. ein Mietshaus wird in Eigentumswohnungen geteilt, es fällt somit als wirtschaftliche Einheit weg) oder wenn ein Steuerbefreiungsgrund für den gesamten Steuergegenstand eintritt (z.B. aus einem Bürogebäude zieht der bisherige alleinige Nutzer, eine Firma, aus und mehrere Abteilungen der hiesigen Stadtverwaltung ziehen ein).
§ 11 Abs. 2 HGrStG regelt, zu welchem Zeitpunkt die Aufhebung des Steuermessbetrags erfolgt. Aufhebungszeitpunkt ist der Beginn des Kalenderjahres, welches auf das Jahr folgt, in dem die wirtschaftliche Einheit weggefallen oder der Befreiungsgrund eingetreten ist.
Rz. 360
In seiner Struktur entspricht § 11 dem § 10 HGrStG. Er regelt aber die umgekehrten Fälle, nämlich den Wegfall einer wirtschaftlichen Einheit (statt ihr Entstehen) bzw. den Eintritt einer vollständigen Steuerbefreiung (statt ihres Wegfalls). In beiden Fällen geht es um die Aufhebung eines Steuermessbetrages, damit künftig keine Grundsteuer mehr erhoben wird.
Rz. 361
Ähnlich wie § 10 (Rz. 353), unterscheidet sich auch § 11 HGrStG dadurch von der bundesgesetzlichen Aufhebung nach § 20 GrStG, dass diese zuvor die Aufhebung eines Grundsteuerwertes nach § 224 BewG voraussetzt. Danach wird ein Grundsteuerwert aufgehoben, wenn die wirtschaftliche Einheit wegfällt oder infolge einer Steuerbefreiung der bisherige Grundsteuerwert nicht mehr der Besteuerung zugrunde gelegt wird. (Zu den Unterschieden des zwei- bzw. dreistufigen Verfahrensaufbaus, Rz. 445 f.).
Rz. 362
Während § 20 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b GrStG die Aufhebung eines fehlerhaft festgesetzten Steuermessbetrags vorsieht, enthält § 11 HGrStG keine entsprechende Regelung. In Hessen kann ein insgesamt zu Unrecht festgesetzter Steuermessbetrag (nach Eintritt der Bestandskraft) durch Neuveranlagung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 HGrStG i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 3 AO korrigiert werden (Rz. 205, Rz. 345).
Beispiel:
Für ein steuerbefreites Grundstück hatte das Finanzamt im Jahr 2023 einen Steuermessbetrag zum 1.1.2022 festgesetzt. Mangels Einspruchs ist der Steuermessbescheid bestandskräftig geworden. Der Fehler wird dem Finanzamt im Jahr 2024 bekannt.
Nach § 4 Abs. 2 Satz 2 HGrStG wäre für das Grundstück kein Steuermessbetrag der Höhe nach festzusetzen gewesen. Da die Veranlagung fehlerhaft ist, erfolgt eine Neuveranlagung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 GrStG zum 1.1.2025, denn der Fehler wurde dem Finanzamt im Jahr 2024 bekannt. Der neue Grundsteuermessbescheid zum 1.1.2025 berücksichtigt die Steuerbefreiung und ergeht als "Freistellungsbescheid" nach § 155 Abs. 1 Satz 3 AO (siehe auch zu Rz. 205; Rz. 456).