a) Notwendigkeit der Anwendbarkeitserklärung bestimmter Vorschriften des Bewertungsgesetzes
Rz. 95
In § 2 Abs. 2, 3 und 4 HGrStG werden bestimmte Vorschriften des Bewertungsgesetzes (teilweise mit Einschränkungen, vgl. z.B. § 2 Abs. 2 Satz 1 HGrStG) für anwendbar erklärt. Die Anwendbarkeitserklärung ist notwendig, weil die Vorschriften des Bewertungsgesetzes aufgrund der (überlagernden) Landesgesetzgebung im Anwendungsbereich des Hessischen Grundsteuergesetzes (Bewertung des Grundvermögens für Zwecke der Grundsteuer, Rz. 82, Rz. 85) nicht zur Anwendung kommen (Rz. 96 f.). Folglich kommen im Anwendungsbereich des Hessischen Grundsteuergesetzes nur diejenigen Vorschriften des Bewertungsgesetzes zur Anwendung, die in § 2 Abs. 2, 3 und 4 HGrStG ausdrücklich in Bezug genommen worden sind.
Rz. 96
Wegen der landesrechtlichen Ersetzung des § 13 Satz 2 GrStG durch §§ 4, 5 und 7 HGrStG und des Fehlens einer gesonderten Feststellung von Grundstückswerten (§ 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO, Rz. 445 f., Rz. 452) wurden die bundesgesetzlichen Verweisungen auf das Bewertungsgesetz für den Anwendungsbereich des Hessischen Grundsteuergesetzes insgesamt gekappt. Mit anderen Worten: der Anwendungsvorrang des Landesrechts sorgt dafür, dass die bundesrechtlichen Transfervorschriften in das Bewertungsgesetz (Verweisungsnormen) landesrechtlich keine Anwendung finden.
Rz. 97
Aus Gründen der Rechtssicherheit war es zudem notwendig, durch § 2 Abs. 2 Satz 1 HGrStG die allgemeinen Bewertungsvorschriften (§§ 2 bis 16 BewG) zur Anwendung zu bringen. Denn es ist unklar, ob die allgemeinen Bewertungsvorschriften bereits durch § 1 Abs. 1 BewG unmittelbar auch für Zwecke des Hessischen Grundsteuergesetzes anzuwenden wären. Zwar gelten diese Vorschriften für alle öffentlich-rechtlichen Abgaben. Dies gilt aber nur dann, wenn sie durch Bundesrecht geregelt sind. Nachdem die Besteuerung der Grundstücke des Grundvermögens aber teilweise durch abweichendes Landesrecht geregelt wird (HGrStG), kann nicht mit Sicherheit angenommen werden, dass die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 BewG erfüllt sind (zur vergleichbaren Problematik der Anwendbarkeit der Abgabenordnung, Rz. 135). Die Unsicherheit wird durch die landesrechtliche Anwendbarkeitserklärung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 HGrStG) beseitigt.
Rz. 98
Einstweilen frei.
b) Anwendung der allgemeinen Bewertungsvorschriften (Abs. 2)
aa) Anwendung der §§ 2 bis 16 BewG (Abs. 2 Satz 1)
Rz. 99
Absatz 2 Satz 1 des § 2 HGrStG erklärt die allgemeinen Bewertungsvorschriften für anwendbar, soweit sie für die Anwendung des HGrStG erforderlich sind. Zwar werden damit die §§ 2 bis 16 BewG insgesamt in Bezug genommen. Dies hat aber nicht zur Folge, dass diese Vorschriften für die Hessische Grundsteuer insgesamt von Bedeutung sind. Mit der Vollverweisung auf die allgemeinen Bewertungsvorschriften wird zunächst nur deren grundsätzliche Anwendbarkeit sichergestellt. Im Ergebnis stellt das Landesrecht damit nur den Zustand her, der auch unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 BewG erreicht wäre (Rz. 97).
Zudem stellt § 2 Abs. 2 Satz 1 HGrStG die Anwendbarkeit der allgemeinen Bewertungsvorschriften unter den Vorbehalt, dass "sie zur Anwendung dieses Gesetzes [HGrStG] erforderlich sind". Damit wird der Inhalt von § 1 Abs. 2 BewG landesrechtlich übertragen mit der Folge, dass die allgemeinen Bewertungsvorschriften hinter den spezielleren Vorschriften des Hessischen Grundsteuergesetzes zurücktreten (Rz. 102).
Rz. 100
Durch Inbezugnahme der allgemeinen Bewertungsvorschriften soll insbesondere § 2 BewG zur Anwendung gebracht werden (vgl. zur dortigen Kommentierung § 2 BewG Rz. 1 ff.). Die Vorschrift über die wirtschaftliche Einheit ist für das Grundsteuerrecht von besonderer Bedeutung. Denn hierdurch wird der Umfang des Besteuerungsobjekts determiniert. Aus Gründen der Rechtskontinuität, -klarheit und -einheitlichkeit ist die Anknüpfung an diesen durch die Rechtsprechung ausgefüllten und umfassend geklärten Rechtsbegriff folgerichtig. Seine Bedeutung wird dadurch unterstrichen, dass auch § 1 HGrStG (Rz. 84) und § 4 Abs. 3 HGrStG (Rz. 207) im konkreten Kontext nochmals ausdrücklich auf § 2 BewG verweisen. Der Verweis auf § 2 BewG hat zur Folge, dass sowohl dem Bundes- als auch dem Landesrecht ein identisches Bewertungsobjekt (§ 2 Abs. 1 BewG) – wirtschaftliche Einheit – zu Grunde liegt (Ausnahme § 2 Abs. 2 Satz 2 HGrStG, Rz. 103). Im Übrigen wird nach § 2 Abs. 3 Nr. 4 HGrStG die besondere Negierung der Eigentümeridentität für Ehegatten und Lebenspartnern (§§ 266 Abs. 5, 26 BewG) landesrechtlich nachvollzogen (Rz. 109 ff.).
Rz. 101
Bedeutung für das Hessische Grundsteuergesetz kommt auch § 3 BewG (Wertermittlung bei mehreren Beteiligten) zu (vgl. zur dortigen Kommentierung § 3 BewG Rz. 1 ff.). Der Steuermessbetrag ist für Zwecke der Hessischen Grundsteuer nach § 3 Satz 1 BewG auch dann einheitlich im Ganzen zu ermitteln, wenn an der wirtschaftlichen Einheit mehrere Persone...