Rz. 469

[Autor/Stand] Für den Erlass von GrSt-Messbescheiden gelten die Vorschriften über die Festsetzungsfrist (§§ 169 ff. AO) nach § 2 Abs. 5 Nr. 1 HGrStG i.V.m. § 184 Abs. 1 Satz 3 AO entsprechend.[2] Die Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 1 Satz 3 AO wird nur durch Bekanntgabe des Messbescheids, nicht aber durch die Mitteilung nach § 184 Abs. 3 AO an die Gemeinden (Rz. 479 f.) gewahrt.[3] Nach Ablauf der (grundsätzlich vierjährigen) Festsetzungsfrist ist der Erlass, die Änderung oder Aufhebung eines GrSt-Messbescheids nicht mehr zulässig (§ 2 Abs. 5 Nr. 1 HGrStG i.V.m. § 184 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 169 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AO). Ein GrSt-Messbescheid, der nach Ablauf der Festsetzungsfrist bekanntgegeben wird, ist rechtswidrig, aber nicht nichtig.[4]

 

Rz. 470

[Autor/Stand] Der Beginn der Festsetzungsfrist für die Grundsteuer richtet sich nach § 2 Abs. 5 Nr. 1 HGrStG i.V.m. § 184 Abs. 1 Satz 3, § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO.[6] Die Frist beginnt grundsätzlich mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Erklärung zur Festsetzung des Grundsteuermessbetrags (Rz. 115) oder die Anzeige i.S.d. § 228 Abs. 2 BewG (Rz. 123) beim zuständigen Finanzamt (Rz. 476 ff.) abgegeben wird. Diese Erklärung sowie die Anzeigen sind Steuererklärungen i.S.d. Abgabenordnung (§ 2 Abs. 4 Satz 1 HGrStG i.V.m. § 228 Abs. 5 BewG).

Wird keine Steuererklärung oder Anzeige abgegeben, beginnt die Festsetzungsfrist spätestens mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, dass auf das Kalenderjahr folgt, in dem die GrSt entstanden ist. Auch die hessische Grundsteuer entsteht nach § 9 Abs. 2 GrStG mit dem Beginn des Kalenderjahres, für das die Steuer festzusetzen ist (ausführlich § 9 GrStG Rz. 27 f.). Für die Anwendung des § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO ist es unerheblich, dass sich die Verpflichtung zur Abgabe der Erklärung zur Festsetzung des Grundsteuermessbetrags nicht unmittelbar aufgrund einer gesetzlichen Vorschrift, sondern sich erst durch Aufforderung der Finanzbehörde (§ 228 Abs. 1 Satz 1 BewG, § 149 Abs. 1 Satz 2 AO, § 2 Abs. 4, Abs. 5 Nr. 1 HGrStG) ergibt.

 

Rz. 471

[Autor/Stand] § 170 Abs. 4 AO ergänzt die Grundregel des § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO. Denn die Hauptveranlagung des GrSt-Messbescheids wird für mehrere Jahre vorgenommen (§ 8 Abs. 1 Satz 1 HGrStG). Die Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO setzt sich nach Abs. 4 auf die weiteren Jahre des Hauptveranlagungszeitraums (§ 8 Abs. 1 Satz 3 HGrStG) fort. Dadurch wird vermieden, dass die Festsetzungsfrist für ein Kalenderjahr, das nach dem ersten Jahr des Hauptveranlagungszeitraums liegt, früher beginnt als die Festsetzungsfrist für das erste Jahr des Hauptveranlagungszeitraums.

 

Rz. 472

[Autor/Stand] Die Ablaufhemmungen nach § 171 AO sind nach § 2 Abs. 5 Nr. 1 HGrStG i.V.m. § 184 Abs. 1 Satz 3 AO sinngemäß anzuwenden.[9] Im Falle der Änderung oder Aufhebung des GrSt-Messbescheids, endet die Festsetzungsfrist für den GrSt-Bescheid nach § 171 Abs. 10 Satz 1 AO nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids (GrSt-Messbescheid).[10] Damit berücksichtigt diese Vorschrift das verfahrensrechtliche Stufenverhältnis (Rz. 445 f.).

 

Rz. 473

[Autor/Stand] Die Anwendbarkeit des – für das gesonderte Feststellungsverfahren geltenden (vgl. dazu Rz. 452) – § 181 Abs. 5 AO ist im Verhältnis von GrSt-Messbescheid zu GrSt-Bescheid – wegen der Verweisungstechnik des § 184 Abs. 1 Satz 3, 4 AO – unklar (Rz. 451 f.). Sollte die Vorschrift für den Anwendungsbereich des HGrStG (Rz. 82, Rz. 85) anwendbar sein, könnte der GrSt-Messbescheid erlassen, geändert oder aufgehoben werden, solange die Festsetzung der Grundsteuer noch zulässig ist.[12]

§ 181 Abs. 5 Satz 1 AO bewirkt keine Ablaufhemmung, sondern ermöglicht unter bestimmten Voraussetzungen den Erlass eines Messbescheids, obwohl dessen Festsetzungsfrist bereits abgelaufen ist.[13] Dies setzt allerdings den "Wirkhinweis"[14] bei der (geänderten) Festsetzung des GrSt-Messbetrags voraus (§ 181 Abs. 5 Satz 2 AO). Enthält der Messbetragsbescheid den Hinweis nicht, ist er rechtswidrig.[15] Auf Ebene des GrSt-Messbescheids muss der Wirkhinweis nur erteilt werden. Seine inhaltliche Richtigkeit kann im Rechtsbehelfverfahren gegen den Messbescheid nicht überprüft werden. Der Nichteintritt der Festsetzungsverjährung für den GrSt-Bescheid (Folgebescheid), wie mit dem Wirkhinweis im GrSt-Messbescheid behauptet, ist ausschließlich im Verfahren gegen diesen Folgebescheid (zweite Verfahrensstufe) zu prüfen[16] (Rz. 503).

[Autor/Stand] Autor: Schulze, Stand: 01.05.2022
[3] Brandis in T/K, § 184 AO Rz. 6 m.w.N.
[Autor/Stand] Autor: Schulze, Stand: 01.05.2022
[6] Bei der Einheitsbewertung für Zwecke der Grundsteuer richtete sich der Beginn der Festsetzungsfrist – in Ermangelung einer Steuererklärung – noch nach § 170 Abs. 1 AO iVm. § 9 Abs. 2 GrStG, BFH v. 25.11.2020 – II R 3/18, BFHE 272, 1 = BB 2021, 1445 Rz. 29.
[Autor/Stand] Autor: Schul...

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