Rz. 144
Der Verspätungszuschlag wegen Nichtabgabe oder nicht fristgemäßer Abgabe der Erklärung zum Grundsteuermessbetrag (Rz. 115) oder einer Anzeige i.S.d. § 228 Abs. 2, 5 BewG (Rz. 123) ist eine steuerliche Nebenleistung i.S.d. § 2 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 4 Nr. 2 AO. Das Aufkommen an den zu entrichtenden Verspätungszuschlägen zur Grundsteuer fließt nach § 3 Abs. 5 Satz 5 AO als "übrige steuerliche Nebenleistung" der sie "verwaltenden Körperschaft" zu. Für die Verwaltung des Verspätungszuschlags zur Grundsteuer sind als Annex zur Zuständigkeit der Verwaltung des GrSt-Messbetrags die Landesfinanzbehörden zuständig (Rz. 476), so dass das Aufkommen – anders bei der GewSt – dem Land Hessen zusteht.
Rz. 145
Kommt der Erklärungspflichtige (Rz. 124) im Anwendungsbereich der Hessischen Grundsteuer (Rz. 82, Rz. 85) seiner Verpflichtung zur Abgabe der Steuererklärung (§ 228 Abs. 5 BewG, Rz. 125) nicht oder nicht fristgemäß (Rz. 122) nach, ist ein Verspätungszuschlag nach § 2 Abs. 5 Nr. 1 AO i.V.m. § 152 Abs. 2 AO (obligatorische Festsetzung im automatisierten Verfahren) zwingend festzusetzen.
Die Anwendung des § 152 Abs. 2 AO wird durch die zeitliche Anwendungsregel des Art. 97 § 8 Abs. 5 EGAO für die "gesonderte Feststellung des Grundsteuerwerts auf den 1. Januar 2022" (Bundesmodell und in Hessen land- und forstwirtschaftliches Vermögen) außer Kraft gesetzt. Dies hat zur Folge, dass die Festsetzung eines Verspätungszuschlags wegen verspäteter Abgabe dieser Erklärung nur im Einzelfall aufgrund einer Ermessensentscheidung nach § 152 Abs. 1 AO erfolgen kann. Das Hessische Grundsteuergesetz verweist nicht auf die Vorschriften des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung. Folglich bleibt § 152 Abs. 2 AO für den Anwendungsbereich der Hessischen Grundsteuer (Rz. 82, Rz. 85) uneingeschränkt anwendbar.
Rz. 146
Für die Anwendung von § 152 Abs. 2 AO ist es unerheblich, dass der Steuerpflichtige zur Abgabe der "Erklärung zum Grundsteuermessbetrag" erst durch die Finanzbehörde aufgefordert (Rz. 116) werden muss. Die Anwendung von § 152 Abs. 2 AO gilt unabhängig davon, ob es sich um einen Beraterfall i.S.d. § 149 Abs. 3 AO handelt oder der Steuerpflichtige seine Steuererklärung selbst erstellt.
Rz. 147
Nach § 152 Abs. 3 AO ist Abs. 2 u.a. dann nicht anwendbar, wenn die Finanzbehörde die Frist zur Abgabe der Steuererklärung nach § 2 Abs. 5 Nr. 1 HGrStG i.V.m. § 109 AO verlängert hat oder rückwirkend verlängert. Gibt der Steuerpflichtige die Steuererklärung innerhalb der behördlich verlängerten Frist ab, fehlt es bereits an einer zu sanktionierenden Säumnis mit der Folge, dass sowohl die Festsetzung eines obligatorischen (§ 152 Abs. 2 AO) als auch eines ermessensgesteuerten Verspätungszuschlags (§ 152 Abs. 1 AO) nicht in Betracht kommt. Gibt der Erklärungspflichtige die Steuererklärung auch innerhalb der verlängerten Frist nicht ab, kann nur noch ein ermessensgesteuerter Verspätungszuschlag nach § 152 Abs. 1 AO individuell festgesetzt werden. Denn § 152 Abs. 2 AO ist nach dem Wortlaut des § 152 Abs. 3 AO nach einer "behördlich angeordneten Fristverlängerung" nicht mehr anwendbar. Diese Ausnahme zur Anwendung des Absatzes 2 knüpft tatbestandlich nur daran an, dass eine Steuererklärungsfrist behördlich verlängert wurde. Eine Rückausnahme (von der Ausnahme) sieht das Gesetz indes nicht vor. Dies hat zur Folge, dass die tatbestandliche Erfüllung des § 152 Abs. 3 Nr. 1 AO ausreicht, um die Anwendung der gebundenen Festsetzung eines Verspätungszuschlags auf Dauer und irreversibel auszuschalten, und zwar auch dann, wenn der Stpfl. nach einer verlängerten Frist diese versäumt.
Rz. 148
Sowohl die Erklärung zum Grundsteuermessbetrag als auch die Anzeigen nach § 228 Abs. 2 BewG (Steuererklärungen, vgl. § 228 Abs. 5 BewG) beziehen sich "auf einen gesetzlich bestimmten Zeitpunkt". Anknüpfungspunkt ist nach § 152 Abs. 2 Nr. 1 AO der "Besteuerungszeitpunkt". Für die Erklärung zum Grundsteuermessbetrag ist dies der Hauptveranlagungszeitpunkt i.S.d. § 8 Abs. 1 HGrStG (also der 1.1.2022, 1.1.2036, etc., Rz. 324 f.); für die Anzeigen i.S.d. § 228 Abs. 2 BewG der Neu- (§ 9 Abs. 2 HGrStG, Rz. 346) oder Nachveranlagungszeitpunkt (§ 10 Abs. 2 HGrStG, Rz. 356). Neu- oder Nachveranlagungszeitpunkt ist jeweils der 1.1. des Folgejahres, in dem die Änderung der tatsächlichen Verhältnisse, der Steuerschuldnerwechsel oder die Neuentstehung der wirtschaftlichen Einheit eingetreten ist.
Rz. 149
Der Verspätungszuschlag ist nach § 152 Abs. 2 Nr. 1 AO festzusetzen, wenn die Steuererklärung nicht innerhalb des dort genannten 14-Monatszeitraum abgegeben worden ist. Für die erstmalige Erklärung zum Grundsteuermessbetrag auf den 1.1.2022 (Rz. 324) bedeutet dies, dass ein Verspätungszuschlag zwingend – im automatisierten Verfahren (§ 152 Abs. 11 Satz 2 AO) – ab dem 1.3.2023 festzusetzen ist.
Ändern sich nach dem 1.1.2022 die tatsächlichen Verhältnisse (z.B. Grundstück wird am ...