I. Verwaltungsverfahren bei der Grundsteuer
1. Zweistufigkeit des GrSt-Verwaltungsverfahrens
Rz. 445
Das HGrStG weicht bei der Bemessung der Grundstücke des Grundvermögens verfahrensrechtlich vom Bundesrecht ab. An die Stelle des dreistufen Verwaltungsverfahrens (§ 27 GrStG Rz. 38 ff.) tritt ein (nur) zweistufiges Verwaltungsverfahren. Anders als nach dem Bundesgesetz entfällt die (erste) Verwaltungsstufe der gesonderten Feststellung von Grundsteuerwerten (§§ 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO i.V.m. § 219 BewG). Beim Flächen-Faktor-Verfahren wird die landeseinheitliche Bemessungsgrundlage auf nur einer Verwaltungsstufe durch die Landesfinanzbehörden ermittelt (§ 4 Abs. 1 Satz 1 HGrStG) und der Grundsteuermessbetrag als Ergebnis des Ermittlungsverfahrens im Wege der Veranlagung festgesetzt (§ 2 Abs. 5 und §§ 8 ff. HGrStG i.V.m. § 184 Abs. 1 AO). Auf der zweiten Verwaltungsstufe setzt die hebeberechtigte hessische Gemeinde die Grundsteuer durch Anwendung ihres Hebesatzes auf der Grundlage des bindenden Grundsteuermessbetrags fest (§§ 25 Abs. 1, 27 Abs. 1 GrStG).
Rz. 446
Die Konkretisierung des GrSt-Schuldverhältnisses erfolgt für die Besteuerung von wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens in Hessen auf zwei Verfahrensstufen.
Auf der ersten Verfahrensstufe wird der GrSt-Messbetrag landesweit einheitlich nach den Regelungen des HGrStG und des GrStG ermittelt (Rz. 192 ff.) und verfahrensrechtlich nach § 184 Abs. 1 Satz 1 AO i.V.m. § 2 Abs. 5 Nr. 1, §§ 8 ff. GewStG durch den GrSt-Messbescheid festgesetzt (Grundlagenbescheid, Rz. 463). Zur Zuständig der Landesfinanzbehörden, Rz. 476. Durch den GrSt-Messbesch. wird keine Steuer, sondern eine Besteuerungsgrundlage (Rz. 453) – in Gestalt eines Messbetrags – festgesetzt, der keinen unmittelbaren Steueranspruch begründet. Deshalb kommt es auf dieser Ebene auch nicht zu einem Erhebungsverfahren.
Die Grundsteuer wird erst auf der zweiten Verfahrensstufe – auf der bindenden Grundlage des vom Finanzamt mitgeteilten Messbetrags (§ 2 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. § 184 Abs. 3 AO, Rz. 479) – durch den GrSt-Bescheid (Folgebescheid, Rz. 484) festgesetzt ( § 27 GrStG Rz. 10). Die Gemeinde ist Gläubigerin des Grundsteueranspruchs (Rz. 158). Zur Zuständigkeit der Gemeinde, Rz. 483.
Rz. 447
Mehrstufiges Verfahren bedeutet, dass jeweils selbständige Besteuerungsverfahren stattfinden (hier: GrSt-Messbetragsverfahren, Rz. 448 ff. und GrSt-Steuerfestsetzungsverfahren, Rz. 482), die mit jeweils selbständig anfechtbaren Verwaltungsakten enden (GrSt-Messbesch. Rz. 450 und GrSt-Besch. Rz. 484). Trotz der verfahrensrechtlichen Selbständigkeit ist der Steuermessbesch. stets bindender Grundlagenbescheid (Rz. 463) für den GrSt-Bescheid der Gemeinde (Folgebescheid, Rz. 484).
Bedeutung hat die Selbstständigkeit der Verfahren insb. für das Rechtsbehelfsverfahren (zum Einspruch gegen den GrSt-Messbescheid des Finanzamts Rz. 490; zum Widerspruch gegen den GrSt-Bescheid der Gemeinde Rz. 500). Denn Entscheidungen des einen Verfahrens können nicht mit Gründen angefochten werden können, die eine Entscheidung (Regelung) im anderen Verfahren zum Gegenstand haben (Rz. 490, Rz. 503 f.).
2. Grundsteuermessbescheid (1. Verwaltungsstufe)
a) Festsetzung des Grundsteuermessbetrags
aa) Rechtsgrundlagen
Rz. 448
Gegenstand des Messbetragsverfahrens (erste Verwaltungsstufe, Rz. 446) ist die Ermittlung der unselbständigen Besteuerungsgrundlagen (dazu Rz. 190 ff., Rz. 287). Idealerweise führt das Messbetragsverfahren zur Festsetzung des GrSt-Messbetrags (§ 184 Abs. 1 Satz 1 AO), also einer Entscheidung der Landesfinanzbehörden über die persönliche und sachliche Steuerpflicht (§ 184 Abs. 1 Satz 2 AO). § 184 Abs. 1 AO regelt das Verfahren bei der Festsetzung von Steuermessbeträgen. In welchen Fällen Steuermessbeträge festzusetzen sind, folgt aber nicht aus § 184 AO, sondern aus den Einzelsteuergesetzen. Über §§ 8 bis 10, 2 Abs. 5 Nr. 1 HGrStG wird das Messbetragsverfahren für das HGrStG unmittelbar zur Anwendung gebracht.
Rz. 449
Während die §§ 4 ff. HGrStG die materiell-rechtlichen Grundlagen zur Ermittlung des GrSt-Messbetrags (Rz. 190 ff., Rz. 287) regeln, ergebt sich die verfahrensrechtliche Grundlage für das Messbetragsverfahren und seine Festsetzung aus §§ 8 ff., § 2 Abs. 5 Nr. 1 HGrStG i.V.m. § 184 Abs. 1 AO. Insoweit ordnen die §§ 8 bis 10 HGrStG konstitutiv an, dass der "GrSt-Messbetrag" unter bestimmten Voraussetzungen entweder allgemein, neu oder nachträglich "festzusetzen ist". Damit knüpft das Landesrecht unmittelbar an den über § 2 Abs. 5 Nr. 1 HGrStG anwendbaren § 184 Abs. 1 Satz 1 AO an.
Rz. 450
Der Steuermessbetrag ist nach §§ 8 ff. HGrStG i.V.m. § 184 Abs. 1 Satz 1 AO durch Steuermessbescheid "festzusetzen". Der Steuermessbescheid ist Verwaltungsakt i.S.d. § 118 Abs. 1 AO. Entsprechend sind die allgemeinen Vorschriften über Verwaltungsakte (§ ...