1. Begünstigung bebauter Wohngrundstücke im Vergleich zu bebauten Nichtwohngrundstücken
Rz. 34
Der Grundsteuerwert wird für bebaute Wohngrundstücke anhand eines vereinfachten Ertragswertverfahrens (§ 250 Abs. 2, § 251, §§ 252–257 BewG, Rz. 64) und für bebaute Nichtwohngrundstücke anhand eines vereinfachten Sachwertverfahrens (§ 250 Abs. 3, § 251, §§ 258–260 BewG) ermittelt (Rz. 67). Es werden also jeweils unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe herangezogen. Nach dem aufgezeigten Maßstab des BVerfG (dazu Rz. 22 ff.) ist es ausdrücklich nicht zu bestanden, wenn bei der Ermittlung der Grundsteuer je nach Art und Vielfalt der erfassten Grundstücke unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe angewendet werden. Die damit verknüpfte Anforderung, durch die Differenzierung eine gleichheitsgerechte Bemessung zu erreichen, wird erfüllt, weil alle ausgewählten Verfahren darauf abzielen, realitätsgerecht einen objektiven-realen Wert zu ermitteln. Geht man davon aus, dass die Auswahl der jeweiligen Bemessungsgrundlagen damit prinzipiell dazu geeignet ist, den für die Grundsteuer gewählten Belastungsgrund (Erfassung der objektiven Leistungsfähigkeit aus dem Innehaben von Grundvermögen [im Sinne eines Sollertrags]) realitätsgerecht zu erfassen, folgt daraus im Grundsatz auch, dass insoweit dieselben Steuermesszahlen zugrunde zu legen sind (zur Verfassungswidrigkeit der Grundsteuergesetzes des Bundes nach dem Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetz siehe Rz. 6).
Rz. 35
Daraus folgt zugleich, dass eine verfassungsrechtlich rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung entsteht, wenn für Grundsteuerwerte unterschiedliche Steuermesszahlen zugrunde gelegt werden, wie dies bei der hier betrachteten Vergleichsgruppe zwischen den bebauten Wohngrundstücken (0,36 Promille) und den bebauten Nichtwohngrundstücken (0,72 Promille) der Fall ist.
Rz. 36
Förderziel: Die Förderung von Wohnraum (dazu Rz. 18) ist zweifellos ein Ziel, mit dem das Gemeinwohl gefördert wird und daher ein Ziel verfolgt, das – gemessen an den bisherigen Anforderungen des BVerfG (dazu Rz. 26 ff.) – eine steuerliche Ungleichbehandlung rechtfertigen kann. Das Förderziel erfüllt auch die Anforderung, mit hinreichender Bestimmtheit tatbestandlich vorgezeichnet zu sein. Es lässt sich insb. aus der Gesetzesbegründung (Rz. 18) und damit unter Heranziehung einer historisch-genetischen Auslegung klar erkennen, warum Wohngrundstücke durch die Anwendung einer niedrigeren Steuermesszahl im Vergleich zu Nichtwohngrundstücken steuerlich geringer belastet werden sollen. Dem steht nicht entgegen, dass bereits § 15 Abs. 2 bis 4 GrStG des Bundes eine Ermäßigung der Steuermesszahl zum Zwecke der Wohnungsförderung vorsieht. Entscheidend ist allein, dass Art. 105 Abs. 2 i.V.m. Art. 73 Abs. 3 Nr. 7, Art. 125b Abs. 3 GG den Ländern eine Abweichungsbefugnis einräumt. Diese Befugnis würde es auch umfassen, die § 15 Abs. 2 bis 4 GrStG auszuschließen oder anderweitig zu fassen. Anders als es der Gesetzesbegründung zum GrStG des Bundes zu entnehmen ist, setzt Förderung durch eine steuerliche Verschonung auch nicht voraus, dass bereits im außersteuerrechtlichen Bereich eine Konkretisierung der Wohnraumförderwürdigkeit erfolgt ist. Diese Anforderung lässt sich weder unmittelbar aus dem Grundgesetz noch – wie aufgezeigt (Rz. 26 ff.) – aus den Anforderungen des BVerfG an das hinreichende legitime Förderziel entnehmen.
Rz. 37
Einstweilen frei.
Rz. 38
Zwecktaugliche Ausgestaltung: Eine zwecktaugliche Ausgestaltung liegt vor, wenn die Steuermesszahl für bebaute Wohngrundstücke geringer ist als die Steuermesszahl für die übrigen Grundstücke. Insoweit ist das Verhältnis der Steuermesszahl für bebaute Wohngrundstücke (0,36 Promille) im Verhältnis zu bebauten Nichtwohngrundstücken (0,72 Promille) zwecktauglich ausgestaltet. Die Differenzierung ist hinreichend geeignet, das Wohnen im Verhältnis zu anderen Grundstücksnutzungen steuerlich zu fördern. Anders sieht es hingegen im Verhältnis zu den unbebauten Grundstücken aus, für die ebenfalls eine Steuermesszahl i.H.v. 0,36 Promille gilt. Für eine zwecktaugliche Ausgestaltung (Förderung von Wohnraum) müsste die Steuermesszahl für unbebaute Grundstücke daher > 0,36 Promille sein. Etwas anderes kann nur gelten, wenn sich eine weitere Förderung für unbebaute Grundstücke ebenfalls rechtfertigen lässt (dazu noch Rz. 46 ff.). Lässt sich die Begünstigung von unbebauten Grundstücken dagegen nicht rechtfertigen, fehlt es auch an einer zweckgerechteten Ausgestaltung bei Förderung von Wohnraum.
Rz. 39
Gleichheitsgerechte Ausgestaltung der Wohnraumförderung: Diese Anforderung setzt voraus, dass der Förderungstatbestand auch gleichheitsgerecht dahingehend umgesetzt ist, dass der Begünstigtenkreis sachgerecht abgegrenzt wird. In der konkreten Ausgestaltung müssen daher möglichst alle zu Wohnzwecken genutzten Grundstücke begünstigt und alle zu Nichtwohnzwecken genutzten Grundstücke von der Begünstigung ausgegrenzt werden. Zur Abgrenzung wird auf die Differenzierung im GrStG des Bundes zugegr...