Leitsatz
Das Entnahmeprivileg des § 52 Abs. 15 Satz 8 Nr. 2 EStG a.F. (jetzt § 13 Abs. 4 Satz 6 Nr. 2 EStG) enthält anders als die Regelung in § 52 Abs. 15 Satz 10 zweiter Halbsatz EStG a.F. keine Objektbeschränkung. Nach dieser Vorschrift kann sich die steuerfreie Entnahme daher auch auf mehrere an Dritte vermietete Wohnungen beziehen, wenn diese nach der Entnahme als eine Wohnung genutzt werden und die Gesamtfläche dem konkreten Wohnbedarf angemessen ist.
Normenkette
§ 52 Abs. 15 Satz 8 Nr. 2 EStG a.F. , § 13 Abs. 4 Satz 6 Nr. 2 EStG
Sachverhalt
Ein Hoferbe hatte ein bislang als gewillkürtes Betriebsvermögen behandeltes ehemaliges Landarbeiterhaus mit drei am 31.12.1986 vermieteten Wohnungen sowie das zugehörige Grundstück von 2.137 m² im Jahr 1991 zu eigenen Wohnzwecken bezogen. Zum 31.12.1991 übernahm der Hoferbe den Betrieb. Er ging davon aus, dass damit das ganze Gebäude einschließlich der Grundstücksparzelle nach § 52 Abs. 15 EStG a.F. steuerfrei entnommen worden sei. Nach einer Betriebsprüfung war das FA der Ansicht, es habe nur eine der Wohnungen mit dem anteiligen Grund und Boden steuerfrei entnommen werden können. Im Übrigen habe eine steuerpflichtige Entnahme stattgefunden.
Das FG gab der Klage statt. Steuerfrei könne Wohnraum entsprechend dem Wohnbedarf des Betriebsinhabers entnommen werden. Über diesen Bedarf ginge die Gesamtwohnfläche des Gebäudes nicht hinaus.
Entscheidung
Der BFH gab der Revision des FA statt. Zwar sei dem FG darin zuzustimmen, dass Wohnraum in einer dem Bedarf angemessenen Größe entnommen werden könne. Wie viel Wohnbedarf der Landwirt habe, müsse aber noch vom FG festgestellt werden. Außerdem sei zu beanstanden, dass die gesamte Parzelle ohne nähere Prüfung als zugehöriger Grund und Boden angesehen und in die steuerfreie Entnahme einbezogen worden sei.
Hinweis
1. Das Urteil betrifft eine nicht mehr aktuelle Rechtslage, die heute nur noch im seltenen Fall des jetzigen § 13 Abs. 4 EStG (Wohnung in denkmalgeschützten Gebäuden) Bedeutung hat. Es geht um die Frage, inwieweit von einem Landwirt selbst genutzter Wohnraum beim Übergang zur sog. Konsumgutlösung steuerfrei ins Privatvermögen übergegangen ist.
Die Wohnung des Landwirts und des Altenteilers war früher Betriebsvermögen gewesen, so dass der Nutzungswert zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gehörte. Seit Übergang zur sog. Konsumgutlösung ab 1.1.1987 können diese Wohnungen nicht mehr Betriebsvermögen sein (Ausnahme: Wohnungen in Baudenkmälern). Für Wohnungen, die am 31.12.1986 zum Betriebsvermögen gehörten, gab es eine Übergangsregelung bis zum 31.12.1998. Innerhalb dieser Zeit blieb die Wohnung noch Betriebsvermögen; sie konnte aber vom Landwirt freiwillig in das Privatvermögen überführt werden. Sowohl diese freiwillige Abwahl der Nutzungswertbesteuerung als auch die zwangsweise Überführung ins Privatvermögen zum 31.12.1998 sollten nach dem Willen des Gesetzgebers keine Besteuerungsfolgen auslösen. Wohnung und zugehöriger Grund und Boden wurden nach § 52 Abs. 15 EStG a.F. steuerfrei ins Privatvermögen überführt.
2. Einbezogen in diese Regelung wurden auch Wohnungen, die zum 31.12.1986 vermietet waren und erst später vom Landwirt zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden. Um einen solchen Fall ging es in dem Besprechungsurteil. Der Hoferbe hatte bei Übernahme des Hofs ein ehemaliges Landarbeiterhaus mit drei kleinen Wohnungen bezogen. Die Wohnungen waren am 31.12.1986 an drei verschiedene Mieter vermietet gewesen. Mit Übernahme des Hofs auf den 31.12.1991 wollte der Hoferbe das ganze, nun von ihm selbst genutzte Haus ins Privatvermögen überführen.
3. Streit mit dem FA entzündete sich wegen zwei Fragen: Konnte der Hoferbe das Gebäude mit allen drei Wohnungen steuerfrei ins Privatvermögen überführen? War die gesamte Grundstücksparzelle von 2.137 m² "zugehöriger Grund und Boden"?
a) Die erste Frage beantwortet der BFH dahin, dass der Begriff der Wohnung nicht von der baulichen Gestaltung am 31.12.1986, sondern davon abhängt, welchen Wohnbedarf der Landwirt hat. Insgesamt darf aber nicht mehr Wohnraum entnommen werden, als bei Betrieben gleicher Art üblich ist. Die Größe der steuerfrei entnommenen Wohnung hängt also von den persönlichen Verhältnissen des Landwirts ab. Dies betrifft natürlich zunächst die Verhältnisse bei Beginn der Eigennutzung. Bei nachträglich erhöhtem Wohnbedarf kann aber auch noch der erforderliche weitere Wohnraum steuerfrei entnommen werden, wie der BFH ausdrücklich klarstellt. Beachten Sie: Inwieweit der Landwirt das betreffende Wohngebäude baulich umgestaltet, ist neuerdings ohne Bedeutung. Seine anders lautende Rechtsprechung im Urteil vom 28.2.2002, IV R 20/00 (BFH-PR 2002, 249) hat der BFH im hier besprochenen Urteil ausdrücklich aufgegeben.
b) Die zweite Frage nach dem Umfang des zugehörigen Grund und Bodens war schon oft Gegenstand von BFH-Urteilen. Eine Fläche von mehr als 1.000 m² konnte danach vor allem dann steuerfrei entnommen sein, wenn es sich um einen Hausgarten handelte. Hier ist zunächst ...