BMF-Schreiben zu Photovoltaik-Anlagen

Die Bundessteuerberaterkammer (BStBK) weist in einem Anschreiben an das BMF auf Fragen und klärungsbedürftige Aspekte im Zusammenhang mit den Steuererleichterungen für Photovoltaik-Anlagen hin.

Das Jahressteuergesetz 2022 bringt für die Betreiber kleinerer Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen) umfangreiche Erleichterungen mit sich. In Bezug auf die neu eingeführten Regelungen bestehen nach den Äußerungen im Schreiben der BStBK v. 19.1.2023 aber noch zahlreiche Anwendungsfragen. Positiv zu bewerten sei zwar, dass auf der Internetseite des BMF bereits ein FAQs zur "Umsatzsteuerlichen Maßnahmen zur Förderung des Ausbaus von Photovoltaikanlagen" veröffentlicht wurde. Diese greifen aus Sicht der BStBK aber noch deutlich zu kurz. Mit dem Ziel, Rechtssicherheit zu schaffen, hält es die BStBK daher für sinnvoll, weitere Definitionen und Abgrenzungsfragen in einem BMF-Schreiben aufzugegreifen und zu beantworten:

Tipp der Redaktion: In der Praxis werfen die Neuregelungen eine Vielzahl von Fragen auf. Antworten werden im Online-Seminar "Besteuerung von Photovoltaikanlagen: Alles auf Neustart!" am 05.04.2023 gegeben.

Fragen der BStBK zur Einkommensteuer (gekürzt)

Berechnung der kWp-Grenze

Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 72 EStG gilt für "insgesamt höchstens 100 kW (peak) pro Steuerpflichtigen oder Mitunternehmerschaft". Wie ist diese Grenze zu berechnen? Gilt eine Mitunternehmerschaft für diese Berechnung als eigenes Subjekt oder sind die Anteile den Mitunternehmern zuzurechnen?

Investitionsabzugsbeträge

Kann zukünftig für PV-Anlagen, die die Voraussetzungen des § 3 Nr. 72 EStG erfüllen, ein Investitionsabzugsbetrag gebildet werden? Wenn dies nicht der Fall ist: Was gilt in den Fällen, in denen für vorhandene PV-Anlagen in 2020 oder 2021 ein Investitionsabzugsbetrag in Anspruch genommen wurde und eine Investition noch aussteht? Liegt in der Einführung der Steuerfreiheit ab 2022 eine schädliche Verwendung?

Führt der Übergang zur Steuerfreiheit zu einem Entnahmegewinn?

Bis einschließlich 2021 lag mit der PV-Anlage ein steuerpflichtiger Gewerbebetrieb vor. Führt die Steuerbefreiung ab 2022 nun zu einer Entnahme der PV-Anlage ins Privatvermögen?

Steuerbefreite PV-Anlagen und gewerbliche Infizierung

Bisher bestand die Gefahr einer gewerbesteuerlichen Infizierung, wenn eine Vermietungsgesellschaft, die eigentlich Einkünfte aus Vermietung i. S. d. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erzielte, auch eine PV-Anlage betrieb. Nach unserem Verständnis der BStBK kann es dazu unter der Neuregelung des § 3 Nr. 72 EStG nicht mehr kommen. Was gilt aber in Fällen, bei denen in früheren Jahren die Infizierung eingetreten ist und die PV-Anlage ab dem 1.1.2022 unter die Steuerbefreiung fällt? Führt der Wegfall der gewerblichen Infizierung zur Zwangsentnahme der Immobilie aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen?

Aufladen betrieblicher Elektro-Pkws mit Strom aus einer steuerfreien PV-Anlage

Gilt die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 50 EStG auch dann, wenn der Arbeitnehmer den Ladestrom für den betrieblichen Elektro-Pkw aus der eigenen PV-Anlage und nicht von einem Dritten bezieht? Was gilt im Fall eines Unternehmers bzw. selbstständig Tätigen? Können die bisher geltenden Vereinfachungsregelungen zur Bewertung der Privatentnahme von Strom aus der PV-Anlage übernommen werden?

Verkauf steuerbefreiter PV-Anlagen

Welche steuerlichen Folgen ergeben sich beim Verkauf einer steuerbefreiten PV-Anlage? Die Antwort auf diese Frage hängt von der Grundsatzentscheidung ab, ob die PV-Anlage dem Privatvermögen zuzuordnen ist oder ob weiterhin Betriebsvermögen eines steuerbefreiten Gewerbebetriebs vorliegt.

Steuerbefreite PV-Anlagen bei Kapitalgesellschaften und Mitunternehmerschaften

Betreibt eine Kapitalgesellschaft oder eine Mitunternehmerschaft eine PV-Anlage, die die Voraussetzungen des § 3 Nr. 72 EStG erfüllt, wäre zu klären, ob die Steuerfreiheit für Einnahmen und Entnahmen gilt, a) wenn neben der PV-Anlage weitere unternehmerische Tätigkeiten betrieben werden, b) wenn keine weitere unternehmerische Betätigung vorliegt.

Haushaltsnahe Handwerkerleistungen

Eröffnet die Steuerbefreiung für PV-Anlagen die Möglichkeit, für die Montagekosten die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen nach § 35a Abs. 3 EStG in Anspruch zu nehmen, oder gelten diese Kosten als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben eines steuerbefreiten Gewerbebetriebs?

Bauabzugsteuer

Ein Einfamilienhausbesitzer, der sich eine PV-Anlage auf dem Dach des EFH installieren lässt und den Strom auch einspeist kann der Bauabzugsteuer unterliegen, wenn er weiterhin als gewerblicher Unternehmer anzusehen wäre und wenn die Anschaffung und Installation der PV-Anlage mehr als 5.000,00 EUR kostet. Er fällt dann unter keine der Befreiungsregelungen zur Bauabzugsteuer. Ein Vermieter, der nur 2 Wohnungen vermietet und für diese Wohnungen eine PV-Anlage installiert, fällt dagegen nicht unter die Bauabzugsteuer. Auch ein Vermieter der nur umsatzsteuerfreie Vermietungsleistungen erzielt, muss für die PV-Anlage keine Bauabzugsteuer beachten, wenn die Kosten der PV-Anlage (und andere Baukosten) 15.000,00 EUR im Jahr nicht überschreiten. Diese ungleiche Behandlung hält die BStBK für kritisch.

Fragen der BStBK zur Gewerbesteuer (gekürzt)

Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 32 GewStG

Steuerfrei bleiben nach § 3 Nr. 32 GewStG stehende Gewerbebetriebe von Anlagenbetreibern i. S. d. § 3 Nr. 2 EEG, wenn sich deren Tätigkeit ausschließlich auf die Erzeugung und Vermarktung von Strom aus einer auf, an oder in einem Gebäude angebrachten Solaranlage bis zu einer installierten Leistung von 30 kWp beschränkt. Offen sind hier folgende Fragen:

  • Stellt die Grenze einen Freibetrag oder eine Freigrenze dar?
  • Was gilt im Fall eines vermieteten MFH (4 Wohnungen) mit 35 kWp PV-Anlage? Es gilt Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 72 EStG. Nach der Formulierung in § 3 Nr. 32 GewStG würde grundsätzlich eine Gewerbesteuerpflicht entstehen, selbst wenn es aufgrund von §§ 3 Nr. 72 EStG, 7 GewStG zu einem Gewerbeertrag von 0 käme. Ist die Regelung im Gewerbesteuergesetz lediglich so zu verstehen, dass es bei Betreibern von PV-Anlagen mit einer Leistung bis zu 30 kWp nicht zu einer Pflichtmitgliedschaft in der IHK kommt?

Erweiterte Grundbesitzkürzung

Offen ist, ob bzw. ggf. welche Auswirkungen die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 72 EStG auf die erweiterte Grundbesitzkürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG hat.

Fragen der BStBK zur Umsatzsteuer (gekürzt)

Entlastung von steuerlichen Erfassungs- und Erklärungsfristen

Die Betreiber einer kleinen PV-Anlagen können mit der Neuregelung die Kleinunternehmerregelung des § 19 UStG ohne einen Nachteil anwenden. Nach Ansicht der BStBK sollte in einem BMF-Schreiben klargestellt werden, dass die Betreiber von PV-Anlagen auch von korrespondierenden Erfassungs- und Erklärungspflichten entlastet wer- den, die mit der (Klein-)Unternehmereigenschaft verbunden sind, wie u. a. die Abgabe einer Umsatzsteuer-Jahreserklärung.

Präzisierung der Tatbestandsvoraussetzungen

Voraussetzung für die Anwendung des Nullsteuersatzes nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UStG ist, dass "die PV-Anlage auf und in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen oder anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird". Um Rechtssicherheit für die Praxis zu schaffen, sollten die gesetzlichen Formulierungen "in der Nähe von", "Privatwohnungen", "Wohnungen", "öffentliche Gebäude" und "Gebäude, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden" definiert und voneinander abgegrenzt werden. Nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes sollten die Begriffe aus Sicht der BStBK dabei weit ausgelegt werden. Auch sollte zudem die Behandlung gemischt genutzter Gebäude beantwortet werden.

Regelung für Bauträger

Zudem wäre nach Ansicht der BStBK eine Regelung für Bauträger zu begrüßen. Nach bisheriger Auffassung kommt es hier (zumindest bei einer nicht dach-integrierten PV-Anlage) zum Aufteilungsgebot bei der Lieferung von PV-Anlagen mit der Folge, dass die Inanspruchnahme der Begünstigung durch den Käufer bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen aufgrund der separaten Behandlung möglich ist. Sollte allerdings das bisher anzuwendende Aufteilungsgebot gekippt werden sollte, müssten Bauträger die Lieferung der PV-Anlage in die steuerfreie Grundstückslieferung einbeziehen und die (für den Bauträger dann nicht abzugsfähige) Vorsteuer würde über die Einbeziehung in den Kaufpreis zur Definitivbelastung für den erwerbenden Betreiber.

Konkretisierung der Nachweispflichten flankiert mit einer Nichtbeanstandungsregel

Die gesetzliche Fiktion des § 12 Abs. 3 Satz 2 UStG bewirkt nach Einschätzung der BStBK, dass der Leistende bei einer PV-Anlage, die mit max. 30 kWp in das Marktstammdatenregister eingetragen ist, nicht verpflichtet ist, beim Erwerber Informationen über die Nutzungsart des Gebäudes einzuholen. Bei der Lieferung oder Installation von Anlagen mit einer Bruttoleistung von mehr als 30 kWp muss dagegen im Einzelfall geprüft werden, ob die Voraussetzungen für die Anwendung des Nullsteuersatzes vorliegen. Hier fordert die BStBK insgesamt einer Konkretisierung der Nachweispflichte greift. Sie hält es zudem für unerlässlich, die Anwendung des Nullprozent-Steuersatzes mit einer Nichtbeanstandungsregelung zu flankieren, wenn der Verkäufer die Anwendung der Begünstigung durch Einholung entsprechender Bestätigungen des Käufers dokumentiert und abgesichert hat.

Reichweite der Fiktionswirkung

Gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 UStG gelten die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 UStG als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der PV-Anlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 kWp beträgt oder betragen wird. Fraglich ist für die BStBK ob auch Vorstufenumsätze von der Fiktion umfasst sind.

Anwendungsfragen im Übergangszeitraum

Wann gilt die Lieferung bzw. die Installation als ausgeführt für Zwecke der Anwendung des Steuersatzes im Übergangszeitraum? In den FAQs wird auf die vollständige Installation verwiesen. Wie ist diese zu verstehen?

Auswirkungen auf Unternehmer, die nicht der Kleinunternehmerregelung unterliegen

Haben Unternehmer, die nicht unter die Kleinunternehmerregelungfallen für PV-Anlagen, die ab 2023 erworben wurden, eine private Nutzung der Wertabgabenbesteuerung zu unterwerfen?

Tipp der Redaktion: Lesen Sie zu den gesetzlichen Änderungen die News "Steuerliche Entlastung für kleinere Photovoltaikanlagen ab 2022 und 2023" und sehen Sie sich die Aufzeichnung des Online-Seminars "Besteuerung von Photovoltaikanlagen: Alles auf Neustart!" an.