Leitsatz
Werden die Prämien für eine Praxis-Ausfallversicherung aus betrieblichen Mitteln aufgewandt und steuerlich geltend gemacht, so sind die Leistungen des Versicherers im Versicherungsfall steuerpflichtige Betriebseinnahmen. § 3 Nr. 1a EStG ist nicht einschlägig.
Sachverhalt
Die Klägerin schloss mit einem Versicherungsunternehmen eine Praxis-Ausfallversicherung ab. Versichert war der Schaden durch die Unterbrechung des Betriebes, wenn der Praxisinhaber durch Krankheit, Unfall oder Quarantäne daran gehindert war, selbst die berufliche Tätigkeit auszuüben. Geleistet werden sollten alle notwendigen Aufwendungen, die der Versicherungsnehmer während der Ausfallzeit tätigen muss, um die Tätigkeit im früheren Umfang baldmöglichst wieder aufnehmen zu können oder zu denen er in der Ausfallzeit rechtlich verpflichtet ist. Diese Kosten wurden bis zu einer bestimmten Summe erstattet. Zusätzlich erhielt die Klägerin ein Tagegeld in Höhe von 24,00 DM. Die Klägerin machte die Prämie von jährlich 3.599,30 DM im Rahmen der Gewinnermittlung von § 4 Abs. 3 EStG als Betriebsausgaben geltend. Im Februar 1998 gab die Klägerin eine Schadensmeldung ab und wurde dann drei Jahre lang in der Praxis von einem anderen Arzt vertreten. Insgesamt erhielt die Klägerin in den drei Jahren von der Versicherung eine Summe von 231.013,82 DM. Die Klägerin ordnete diese Einnahmen der Privatsphäre zu und gab sie nicht in ihren Einkommenssteuererklärungen an.
Entscheidung
Das Gericht konnte sich dieser Auffassung nicht anschließen. Die Klägerin hat von ihrem Wahlrecht, die Ausfallversicherung als Betriebsvermögen zu behandeln (gewillkürtes Betriebsvermögen), dadurch Gebrach gemacht, dass sie die jährlichen Versicherungsprämien als Betriebsausgabe verbucht hat. Wenn ein Wirtschaftsgut im gewillkürten Betriebsvermögen Erträge abwirft, sind diese als steuerpflichtige Einnahmen zu erfassen, im Fall einer Praxis-Ausfallversicherung also die Versicherungsleistungen. Auch Einnahmeüberschussrechner können gewillkürtes Betriebsvermögen bilden. Treffen sie aber durch einen eindeutigen Vorgang eine entsprechende Entscheidung, so haben sie daraus alle steuerlichen Folgen zu tragen: Bei einer Praxisversicherung einerseits die Abzugsfähigkeit der Prämien als Betriebsausgaben andererseits die Steuerpflichtigkeit der Einnahmen im Fall der Versicherungsleistung. Die Voraussetzungen dafür, dass überhaupt gewillkürtes Betriebsvermögen gebildet werden kann, liegen bei einer Praxis-Ausfallversicherung vor: Die möglichen Erträge aus dieser Versicherung sind geeignet, dem Betrieb zu dienen. In Streitfall ist der Ersatz von notwendigen Betriebsausgaben von dritter Seite begrifflich stets als Betriebseinnahmen aufzufassen. Eine eventuell steuerfreie Leistung nach § 3 Nr. 1a EStG liegt damit - abgesehen von der täglichen Leistung von 24,00 DM der Tagegeldversicherung - nicht vor.
Hinweis
Das Urteil verdient volle Zustimmung. Allerdings hat das Finanzgericht die Revision zugelassen, da es zu der rechtlichen Qualifizierung von Praxis-Ausfallversicherungen noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung gibt. Meiner Einschätzung nach wird der BFH allerdings nicht anders als das Finanzgericht entscheiden: Das Finanzgericht hat ohne Rechtsfehler festgestellt, dass die Freiberuflerin dadurch gewillkürtes Betriebsvermögen gebildet hat, in dem die Jahresprämien für die Ausfallversicherung als Betriebsausgaben abgezogen wurden. Es ist dann nur konsequent, dass im Fall des Eintritts der Versicherung die Leistungen auch als Betriebseinnahmen zu versteuern sind. Jedes andere Ergebnis wäre widersinnig: Einerseits wären die laufenden Kosten steuerlich abzugsfähig andererseits die auf den Ersatz der Kosten zielende Versicherungsleistung steuerfrei, dies ist mit dem steuerlichen Nettoprinzip nicht zu vereinbaren, da in diesen Fall die Klägerin wirtschaftlich nicht belastet war.
Link zur Entscheidung
FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 20.12.2006, 3 K 384/05