Leitsatz
Verpflichtet sich eine gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreite Körperschaft gegenüber der steuerpflichtigen Vermieterin von Wohnungen, Leistungen gegen Entgelt im Bereich des altenbetreuten Wohnens zu erbringen, begründet die Körperschaft damit weder einen Betrieb der Wohlfahrtspflege noch einen steuerbefreiten Zweckbetrieb.
Normenkette
§ 65, § 66 AO, § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG
Sachverhalt
Der Kläger ist satzungsgemäß ein e.V. der freien Wohlfahrtspflege. Er hat als sog. Betreiber mit einer KG als Vermieterin für ein bestimmtes Wohnobjekt einen Betreibervertrag abgeschlossen.
Die KG vermietete die Wohnungen an Senioren und sicherte daneben die Erbringung von sog. Basisleistungen zu. Der e.V. verpflichtet sich, die Versorgung der Bewohner sicherzustellen. Er hat den Senioren Betreuungs-, Service- und Pflegeleistungen anzubieten und die mit den Bewohnern direkt bzw. mit dem Vermieter vertraglich vereinbarten Betreuungs-, Service- und Pflegeleistungen im eigenen Namen fachgerecht zu erbringen oder die Erbringung durch Dritte sicherzustellen. Im Gegenzug verpflichtete sich die KG, ein Betreuungsentgelt für die Basisleistungen an den Betreiber abzuführen. Dieses Betreuungsentgelt wird durch die KG von den Mietern vereinnahmt.
Das alles wird grundsätzlich im jeweiligen Mietvertrag vereinbart und ist dessen fester Bestandteil. Über Zusatzleistungen ist mit den jeweiligen Bewohnern ein gesonderter Betreuungsvertrag zu schließen. Für den Fall, dass der e.V. einen Betreuungsvertrag über Basisleistungen oder Zusatzleistungen direkt abgeschlossen hat, werden diese auf die Verpflichtung der KG zur Abführung angerechnet.
Die Grundleistungen umfassen u.a. die zeitweise werktägliche Präsenz einer Fachkraft "Sozial- und Gesundheitsbetreuung", die Vermittlung von Mahlzeitendiensten, die Organisation des Gemeinschaftsbereichs (Veranstaltungen), die Vermittlung ambulanter Hilfsleistungen allgemeiner Art, die Vermittlung von Dienstleistungen, z.B. Wohnungsreinigung, und die Vermittlung eines Pflegeplatzes. Die Zusatzleistungen umfassen u.a. die Grund- und Behandlungspflege bei vorübergehender Pflegebedürftigkeit, die hauswirtschaftliche Versorgung, Pflegeleistungen nach den Pflegestufen des SGB XI.
Der e.V. hat über Gemeinschafts- und Funktionsräume im Haus mit der KG einen gesonderten Mietvertrag geschlossen. Er ist verpflichtet, diese Räume zur Betreuung der Senioren zu nutzen.
Das FA war der Auffassung, dass die vom e.V. erbrachten Basisleistungen im Rahmen des betreuten Wohnens als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu beurteilen seien. Vor dem FG hatte der e.V. mit seiner dagegen gerichtete Klage Erfolg (Sächsisches FG, Urteil vom 02.04.2008, 8 K 1798/03, Haufe-Index 2011332, EFG 2008, 1851).
Entscheidung
Vor dem BFH war er dagegen unterlegen:
Die Betreuungsleistungen stellten einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar, der sich weder als ein Betrieb der Wohlfahrtspflege i.S.d. § 66 AO noch als ein Zweckbetrieb i.S.v. § 65 AO qualifizieren lasse. Denn der e.V. erbringe seine Leistungen gegenüber der KG und damit nicht unmittelbar gegenüber den zu Betreuenden. Aus selbem Grund sei der Betrieb für die Zweckverwirklichung auch nicht unverzichtbar. Der e.V. trete "am Markt" wie ein beliebiger Dienstleister auf.
Hinweis
1. Die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG wird Körperschaften gewährt, die nach der Satzung und der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§ 51 bis § 68 AO). Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) unterhalten, ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 KStG). Die Körperschaft verliert die Steuerbegünstigung jedoch nur, soweit der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb kein Zweckbetrieb (§§ 65 bis 68 AO) ist (§ 64 Abs. 1 AO).
2. Um jene Ausnahmen eines Zweckbetriebs ging es im Urteilsfall, und zwar eines solchen nach § 66 AO sowie nach § 65 AO, und konkret um einen eingetragenen Verein, der im Bereich des altenbetreuten Wohnens Leistungen der Seniorenbetreuung erbrachte, das aber vertragsgemäß nicht gegenüber den Senioren, sondern gegenüber dem steuerpflichtigen Vermieter der Seniorenwohnungen:
a) Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb ist nur dann ein Betrieb der Wohlfahrtspflege i.S.d. § 66 AO, wenn er in besonderem Maß den in § 53 AO genannten Personen dient. Wohlfahrtspflege ist die planmäßige, zum Wohle der Allgemeinheit und nicht des Erwerbs wegen ausgeübte Sorge für notleidende oder gefährdete Mitmenschen (§ 66 Abs. 2 S. 1 AO). Nach Abs. 3 der Vorschrift dient eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege in besonderem Maß den in § 53 AO genannten Personen, wenn diesen mindestens zwei Drittel ihrer Leistungen zugute kommen.
An Letzterem fehlt es, wenn ein an sich und satzungsmäßig gemeinnütziger Verein "Wohlfahrtszwecke" im vorgenannten Sinn erbringt, dies aber nicht "unmittelbar" gegenüber den in § 53 AO genannten Personen, sondern aus rechtlicher Sicht gegenüber einem als solchen nicht begünstigte...