Leitsatz
1. Ein Leistungsaustausch setzt (lediglich) voraus, dass ein Leistender und ein Leistungsempfänger vorhanden sind und der Leistung eine Gegenleistung (Entgelt) gegenübersteht, also ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung besteht.
2. Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Leistungen der Gesellschafter an die Gesellschaft richtet sich danach, ob es sich um Leistungen handelt, die als Gesellschafterbeitrag durch die Beteiligung am Gewinn und Verlust der Gesellschaft abgegolten werden, oder um Leistungen, die gegen (Sonder-)Entgelt ausgeführt werden und damit auf einen Leistungsaustausch gerichtet sind.
3. Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen, die eine GmbH als Gesellschafterin für eine GbR aufgrund eines Geschäftsbesorgungsvertrags gegen Vergütung ausführt, sind umsatzsteuerbar (Aufgabe der Rechtsprechung im BFH-Urteil vom 17.7.1980, V R 5/72, BStBl II 1980, 622).
Normenkette
§ 1 Abs.1 UStG
Sachverhalt
Die Klägerin (GmbH) erzielte u.a. Erlöse aus Geschäftsbesorgungen für Immobilienfonds in der Rechtsform einer GbR. Bei acht Gesellschaften war sie an den Gesellschaften (geringfügig) beteiligt. Nach den Gesellschaftsverträgen dieser Fondsgesellschaften standen Führung und Vertretung der Gesellschaft allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu. Es konnte auch ein Geschäftsbesorger bestellt werden. Als Geschäftsführer für mindestens 30 Jahre wurde die Klägerin bestellt.
In ihrer Umsatzsteuererklärung 1996 erklärte die Klägerin u.a. Umsätze aus ihrer Geschäftsbesorgungstätigkeit. Davon nahm sie Entgelte für die Leistungen für die acht Fondsgesellschaften, an denen sie als Gründungsgesellschafterin beteiligt war, aus. Dementsprechend hatte sie Rechnungen ohne gesonderten Ausweis von Umsatzsteuer erteilt; als Leistungsbeschreibung ist jeweils "für die Geschäftsführung als Gründungsgesellschafter" angegeben. Die Klägerin meinte, die Erlöse der Geschäftsführertätigkeit für die Gesellschaften, an denen sie beteiligt war, seien als Gesellschafterbeiträge nicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar. Das Finanzgericht gab der Klägerin Recht; es habe sich bei der Geschäftsführertätigkeit um eine Ausübung von Mitgliedschaftsrechten gehandelt.
Entscheidung
Nach Auffassung des BFH kommt es nur darauf an, ob eine Leistung gegen Entgelt vereinbart ist. Das war der Fall, denn die Klägerin, die GmbH, hatte die Geschäftsführungs- und Vertretungstätigkeiten auch für die Fondsgesellschaften, an denen sie als Gesellschafterin beteiligt war, gegen eine vertraglich bestimmte Vergütung, also gegen Entgelt, und nicht nur gegen eine Gewinn- oder Verlustbeteiligung ausgeführt.
Hinweis
Leistungen eines Gesellschafters an die Gesellschaft können ihren Grund entweder im gesellschaftsrechtlichen Beitragsverhältnis oder in einem gesonderten schuldrechtlichen Austauschverhältnis haben. Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Leistungen der Gesellschafter an die Gesellschaft richtet sich danach,
– ob es sich um Leistungen handelt, die als Gesellschafterbeitrag durch die Beteiligung am Gewinn und Verlust der Gesellschaft abgegolten werden, oder
– um Leistungen, die gegen (Sonder-)Entgelt ausgeführt werden und damit auf einen Leistungsaustausch gerichtet sind.
Steuerbare entgeltliche Leistungen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG sind gegeben, wenn sie auf konkreten Leistungsbeziehungen eines Gesellschafters zur Gesellschaft beruhen und auf den Austausch der Leistungen des Gesellschafters gegen Entgelt gerichtet sind. Diese Unterscheidung entspricht der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 27.1.2000, Rs. C-23/98 – Heerma –, UR 2000, 121, Rdnr. 13). Es kommt nun nicht mehr darauf an, ob die Tätigkeit sich "als Ausübung der Mitgliedschaftsrechte darstellt". Entscheidend ist allein, ob dieTätigkeit des Gesellschafters als entgeltlich vereinbart worden ist. Beachten Sie die Folgen bei der Vertragsgestaltung.
Steuerbar ist die Tätigkeit aber nur, wenn sie (auch)selbstständigausgeübt wird. Das ist stets der Fall, wenn eine juristische Person (GmbH) Geschäftsführer ist (vgl. § 2 Abs. 2 UStG – Verlust der Selbstständigkeit nur bei Organschaft). Wie das bei einer natürlichen Person als Geschäftsführer ist, ist noch nicht entschieden. M.E. fehlt es hieran. Dass der entgeltlich bestellte Geschäftsführer gleichzeitig auch Mitglied der Personengesellschaft ist, dürfte umsatzsteuerrechtlich – anders als für das Ertragsteuerrecht, das einen anderen Anknüpfungspunkt hat (vgl. z.B.: Schmidt, EStG § 15 Rz 563, 580) – unerheblich sein.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 6.6.2002, V R 43/01