Leitsatz
Die RL 2006/112/EG des Rats vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass eine Dienstleistung, die darin besteht, für Kunden, die ihre Waren oder Dienstleistungen auf Messen und Ausstellungen vorstellen, einen Messe- oder Ausstellungsstand zu entwerfen, vorübergehend bereitzustellen und, gegebenenfalls, zu befördern und aufzustellen, unter folgende Bestimmungen dieser Richtlinie fallen kann:
- unter Art. 56 Abs. 1 Buchst. b der RL, wenn der betreffende Stand für Werbezwecke entworfen oder verwendet wird;
- unter deren Art. 52 Buchst. a, wenn der betreffende Stand für eine bestimmte Messe oder Ausstellung zu einem Thema aus dem Bereich der Kultur, der Künste, des Sports, der Wissenschaften, des Unterrichts, der Unterhaltung oder einem ähnlichen Gebiet entworfen und bereitgestellt wird oder wenn der Stand einem Modell entspricht, dessen Form, Größe, materielle Beschaffenheit oder Aussehen vom Veranstalter einer bestimmten Messe oder Ausstellung festgelegt wurde;
- unter Art. 56 Abs. 1 Buchst. g der RL, wenn die entgeltliche vorübergehende Bereitstellung der materiellen Bestandteile, die den betreffenden Stand bilden, ein bestimmendes Element dieser Dienstleistung ist.
Normenkette
Art. 52 Buchst. a, Art. 56 Abs. 1 Buchst. b und Buchst. g RL 2006/112/EG (§ 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a, Abs. 4 Nr. 2 und Nr. 11 UStG)
Sachverhalt
Inter-Mark entwarf Messestände und stellte diese Kunden für unterschiedliche Messen vorübergehend zur Verfügung. Die Versorgungsleitungen für den Stand und andere Messedienste erbrachte der Veranstalter. Ausgestaltung. Z.B. die Aufstellung des Standes war Sache der Aussteller.
Entscheidung
Dient der Messestand selbst weder als Träger für eine Werbebotschaft noch ist er mit Rücksicht auf eine bestimmte Messe zu einem bestimmten Thema entworfen worden, liegt nur eine Vermietung beweglicher Gegenstände und kein Anhaltspunkt für einen vom Sitz des Leistenden abweichenden Leistungsort vor. Die Entscheidung hierüber ist Sache des nationalen Gerichts.
Hinweis
1. Leistungen auf dem Gebiet der Werbungsind dadurch charakterisiert, dass es sich um eine Maßnahme der Absatzförderung handelt, mit der die Übermittlung einer Botschaft verbunden ist, durch die das Publikum zum Zweck der Erhöhung des Absatzes über die Existenz und die Eigenschaften eines Erzeugnisses oder einer Dienstleistung unterrichtet werden soll. Das Gleiche gilt für jeden Vorgang, der untrennbar zu einer Werbekampagne gehört und daher zur Übermittlung der Werbebotschaft beiträgt (z.B. die Herstellung von Trägern, die für eine bestimmte Werbung verwendet werden). Für einen Messestand trifft das nur zu, wenn der Stand selbst der Träger für die Übermittlung einer Botschaft ist, mit der das Publikum über die Existenz und die Eigenschaften der Erzeugnisse unterrichtet werden soll, oder absatzfördernden Veranstaltungen dient.
2. Tätigkeiten „auf dem Gebiet der Kultur, der Künste, des Sports, der Wissenschaften, des Unterrichts, der Unterhaltung oder ähnliche Tätigkeiten, einschließlich derjenigen der Veranstalter solcher Tätigkeiten” (Art. 52 Buchst a MwStSystRL – vgl. § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst a UStG)sind charakterisiert dadurch, dass sie im Allgemeinen anlässlich punktueller Veranstaltungen erbracht werden und der Ort, an dem diese komplexen Dienstleistungen tatsächlich bewirkt werden, grundsätzlich einfach festzustellen ist, weil die Veranstaltungen an einem bestimmten Ort stattfinden. Damit „zusammenhängende Dienstleistungen” können daher nur Leistungen sein, die einer konkreten Veranstaltung dienen und hierfür spezifisch sind. Für einen Messestand bedeutet das, dass Entwurf und vorübergehende Bereitstellung eine bestimmte Messe oder ein bestimmtes Messethema aus den genannten Bereichen betrifft. Entwurf und Bereitstellung muss einem Modell entsprechen, dessen Form, Größe, materielle Beschaffenheit oder Aussehen vom Veranstalter einer bestimmten Messe oder Ausstellung festgelegt wurde. Der Stand darf nicht beliebig verwendbar sein.
3. Fehlt es an der spezifischen Eigenschaft des Messestands als Träger einer Werbebotschaft oder als Ausdruck eines bestimmten Messethemas aus Kunst, Kultur, Sport etc., kommt nur eine Beurteilung als Vermietung beweglicher Gegenstände in Betracht; denn bei nicht auf Dauer fest verbundenen Gegenständen fehlt es – anders als von der deutschen Finanzverwaltung vertreten – an einem ausreichenden Zusammenhang mit einem Grundstück.
Link zur Entscheidung
EuGH, Urteil vom 27.10.2011 – C-530/09 – Inter-Mark-Group –