Entscheidungsstichwort (Thema)
Ordnungsgeld nach § 335 HGB, Androhungsfrist bei unzulässigem Einspruch
Leitsatz (amtlich)
Auch nach Einlegung eines unzulässigen Einspruchs muss bei der Androhung eines weiteren Ordnungsgeldes; jedenfalls dann § 135 Abs. 3 FGG ( § 390 Abs. 5 FamFG) beachtet werden, wenn der Einspruch nicht offensichtlich unzulässig war.
Normenkette
HGB § 335; FGG § 135 Abs. 3; FamFG § 390 Abs. 5; VwGO § 80 Abs. 1
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde vom 12.12.2010 wird die Ordnungsgeldentscheidung vom 28.05.2010 einschließlich der darin festgesetzten Gebühren und Auslagen aufgehoben.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Festsetzung eines weiteren Ordnungsgeldes von 5.000,00 EUR wegen Nichteinreichung der Jahresabschlussunterlagen 2006 bei dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers. Das Bundesamt für Justiz hat der Beschwerdeführerin die Verhängung des Ordnungsgeldes erstmalig mit Verfügung vom 28.02.2008, zugestellt am 04.03.2008, angedroht.
Hiergegen hat die Beschwerdeführerin am 22.04.2008 (Eingang) Einspruch eingelegt.
Mit Verfügung vom 25.11.2008 hat das Bundesamt für Justiz sodann gegen die Beschwerdeführerin ein erstes Ordnungsgeld in Höhe von 2.500,00 EUR festgesetzt, den Einspruch als unzulässig verworfen und ein weiteres Ordnungsgeld in Höhe von 5.000,00 EUR angedroht für den Fall, dass nicht innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung die geforderte Offenlegung erfolgt bzw. die Unterlassung mittels Einspruch gerechtfertigt wird. Diese Verfügung ist der Beschwerdeführerin am 03.12.2008 zugestellt worden.
Die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde hat das Landgericht Bonn mit Beschluss vom 14.01.2010 (32 T 140/09) zurückgewiesen. Allerdings hat das Landgericht keine Ausführungen dazu gemacht, ob und ggf. weshalb die Verwerfung des Einspruchs berechtigt war.
Das Bundesamt für Justiz hat durch die angefochtene Entscheidung vom 28.05.2010 nunmehr das weitere Ordnungsgeld festgesetzt. Gegen die ihr am 02.06.2010 zugestellte Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 14.06.2010 (Eingang) sofortige Beschwerde eingelegt.
II.
Die gemäß §§ 335 Abs. 4, Abs. 5 S. 1 und 4 HGB statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.
Das Bundesamt für Justiz hat das weitere Ordnungsgeld zu Unrecht festgesetzt, denn es hat dieses Ordnungsgeld nicht mit der richtigen Frist angedroht. Die Androhungsfrist in der Verfügung vom 25.11.2008 lautete auf sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung. Nach § 135 Abs. 3 FGG beträgt die Frist jedoch sechs Wochen ab Rechtskraft der Verwerfung des Einspruchs. Die Beschwerdeführerin hatte gegen die erste Androhungsverfügung Einspruch eingelegt, der in derselben Verfügung verworfen wurde. Die gesetzte Frist war daher zu kurz; sie hätte nach Maßgabe des § 135 Abs. 3 FGG erfolgen müssen.
Das Bundesamt kann sich auch nicht darauf zurückziehen, dass der Einspruch verspätet und damit unzulässig gewesen sei. Zwar war der Einspruch erst am 22.04.2008 und damit eine Woche nach Ablauf der Einspruchsfrist eingegangen, sodass er - vorbehaltlich einer Wiedereinsetzung in die versäumte Frist - unzulässig war. § 135 Abs. 3 Satz 2 FGG bestimmt jedoch nicht, dass der dort angeordnete Suspensiveffekt hinsichtlich des Laufs der weiteren Nachfrist nur für zulässige Einsprüche gilt. Vielmehr lautet die Vorschrift: "Die in dieser Verfügung bestimmte Frist beginnt mit dem Eintritt der Rechtskraft der Verwerfung des Einspruchs". Davon, dass der Einspruch zulässig gewesen sein müsse, ist darin keine Rede. Das ist auch in der Sache richtig, denn die Entscheidung, ob ein Einspruch zulässig ist, liegt nicht in der endgültigen Entscheidungskompetenz des Bundesamtes. Vielmehr entscheidet letztlich das Gericht im Rahmen der statthaften sofortigen Beschwerde gegen die Einspruchsverwerfung, ob ein Einspruch zulässig oder unzulässig gewesen ist. Wenn aber die Frage, ob der Einspruch zulässig war, zum Zeitpunkt der erneuten Androhung noch gar nicht endgültig feststeht, kann das Bundesamt an die vermeintliche Unzulässigkeit auch nicht eine kürzere Frist knüpfen. Im Übrigen würde das auch unzumutbar zu Lasten der Gesellschaft gehen, da diese entweder, um Risiken zu vermeiden, trotz ihrer abweichenden Auffassung hinsichtlich der Zulässigkeit des Einspruchs die kurze Frist beachten oder aber zunächst sehenden Auges eine weitere Festsetzung riskieren müsste in der Hoffnung, dass das Gericht später in einem Beschwerdeverfahren gegen das zweite Ordnungsgeld ihrer Rechtsauffassung folgen und das Ordnungsgeld daher wegen falscher Fristsetzung aufheben werde.
Auch in anderen Rechtsgebieten können Rechtsbehelfe einen Suspensiveffekt auslösen, selbst wenn sie unzulässig sind, z.B. Widersprüche gegen Verwaltungsakte gemäß § 80 Abs. 1 VwGO. In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass auch unzulässige Widersprüche die aufschiebende Wirkung herbeiführen, sofern die Unzulässigkeit nicht offensichtlich zu Tage tritt (OVG Nordrhein-Westfalen, Besc...