Entscheidungsstichwort (Thema)
Erfordernis einer Gläubigerbenachteiligungsabsicht im Rahmen der Geltendmachung von Ansprüchen aus einer Insolvenzanfechtung wegen kongruenter oder inkongruenter Deckung
Normenkette
InsO §§ 50, 129-131
Verfahrensgang
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 15. Juli 2009 verkündete Urteil des Amtsgerichts Oranienburg – 29 C 339/08 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Parteien streiten um Zahlungsansprüche nach insolvenzrechtlicher Anfechtung. Wegen des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen. Im Übrigen wird von der Abfassung des Tatbestandes gem. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat die Klage mit Recht abgewiesen. Ein Anspruch der Klägerin auf Auskehr des von der Beklagten zur Rückführung des Saldos auf dem bei ihr geführten Konto des Gemeinschuldners verwandten Erlöses aus der Depotauflösung nach §§ 129, 130, 131 ff. InsO besteht nicht.
Einem Anspruch aus §§ 129, 130, 131 ff. InsO steht bereits entgegen, dass eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht nicht festgestellt werden kann. Weder in der Vereinbarung der Verwertung des verpfändeten Depots, noch in der Verwertung der Fondsanteile selbst oder in der Verrechnung des Erlöses gegenüber dem Schuldsaldo auf dem Kontokorrentkonto des Gemeinschuldners ist eine objektive Gläubigerbenachteiligung zu sehen. Bei der Bewertung der vorgenannten Handlungen ist zu berücksichtigen, dass die aus dem Kontokorrent folgende Forderung der Beklagten bis zu der Verwertung durch das verpfändete Depot besichert gewesen ist. Aus der Sicherung folgte ein Absonderungsrecht der Beklagten nach § 50 InsO. Dieses berechtigte sie dazu, den Wert des Depots zur Rückführung der Schulden des Gemeinschuldners zu verwenden. Die Verwertung des Depots durch die Beklagte und die Gutschrift auf dem Konto des Gemeinschuldners geht nicht über dieses Recht hinaus und stellt dem entsprechend keine Gläubigerbenachteiligung dar. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Handlung, die eine Forderung betrifft, die durch ein bevorzugtes Recht gesichert ist, keine Gläubigerbenachteiligung (vgl. BGH, 17. Juni 2004, IX ZR 124/03, NJW-RR 2004, 1493 ff, 1495). Der das bevorzugte Recht Verwertende erhält nichts anderes, als er auch durch den Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren erhalten würde, er steht sich mithin durch die Handlung im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern nicht besser. Fehlt es aber an einer Gläubigerbenachteiligung, kann auch nicht festgestellt werden, dass die Voraussetzungen für eine Anfechtung wegen kongruenter oder inkongruenter Deckung vorliegen.
Dieser Wertung steht die Entscheidung des BGH vom 6. April 2006 (BGH, IX ZR 185/04, NJW-RR 2006, 1134 [BGH 06.04.2006 – IX ZR 185/04]) nicht entgegen. Anders als in dem der vorgenannten Entscheidung zugrunde liegenden Fall hat die Verwertung des zur Sicherheit verpfändeten Depots nicht zum Erlöschen der Sicherheit geführt, sondern das Pfandrecht setzte sich an dem Depot nach dessen Verwertung an dem Erlös fort, § 1287 BGB (BGH, NJW 1997, 2110 [BGH 22.04.1997 – XI ZR 127/96]). Insoweit entspricht die hier zu beurteilende Sachlage auch nicht derjenigen, die den Entscheidungen des BGH vom 7. März 2002 (BGH, IX ZR 223/01, NJW 2002, 1722) und des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 21. Dezember 2005 (OLG Brandenburg, 3 U 79/05, zitiert nach beck-online) zugrunde lag. Anders als in den vorgenannten Fällen hat die Beklagte hier nicht die Zahlungen Dritter, sondern den ihr aufgrund des Pfandrechts zustehenden Erlös mit ihrer Forderung verrechnet.
Die Verwertung durch die Klägerin als Insolvenzverwalterin hätte zu keinem anderen Ergebnis als der Rückführung der Kreditlinie gefühlt. Dass die Klägerin das Depot zu einem anderen Zeitpunkt verwertet hätte, kann vorliegend zu keiner anderen Beurteilung führen, da die Wirkungen des § 166 InsO erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einsetzen. Dass die Beklagte die Verwertung zur Unzeit durchgeführt habe, ist weder dargetan, noch sonst ersichtlich. Eine Gläubigerbenachteiligung folgt schließlich auch nicht daraus, dass die Beklagte den Wert der Sicherheit nicht vollständig ausgeschöpft hat.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Gründe, die die Zulassung der Revision erfordern, liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert sie unter dem Gesichtspunkt der Rechtsfortbildung und der Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
Fundstellen