6.1 Einkunftserzielungsabsicht
Die Einkunftserzielungsabsicht ist bei Vermietungseinkünften nur bei Gesamtüberlassung eines Grundstücks, im Übrigen aber vermietungsobjektbezogen zu prüfen. Werden verschiedene, auf einem Grundstück gelegene Gebäudeteile (einzeln) vermietet, bezieht sich die Einkünfteerzielungsabsicht mithin jeweils nur auf das entsprechende Objekt; fällt sie nachträglich weg, können auch nachträgliche Schuldzinsen aus früherer Vermietungstätigkeit nicht mehr steuermindernd geltend gemacht werden. Sofern nicht ausnahmsweise besondere Umstände gegen das Vorliegen einer Überschusserzielungsabsicht sprechen, z. B. bei Ferienwohnungen, bei Mietkaufmodellen oder bei Bauherrenmodellen mit Rückkaufangebot oder Verkaufsgarantie, ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich – ohne Totalüberschussprognose – davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, letztlich einen Einnahmenüberschuss zu erwirtschaften.
§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG liegt nach ständiger Rechtsprechung des BFH die typisierende Annahme zugrunde, dass eine auf Dauer angelegte Vermietungstätigkeit durch den Steuerpflichtigen stets mit Überschusserzielungsabsicht betrieben wird, selbst wenn bei objektiver betriebswirtschaftlicher Beurteilung die Vermietung in naher Zukunft nicht zur Einkunftserzielung geeignet ist.
Dies gilt auch dann, wenn die vermietete Immobilie aufgrund eines neu gefassten Entschlusses veräußert wird. Allerdings ist die Einkünfteerzielungsabsicht zu prüfen, wenn bei der Vermietung nichtübliche Rahmenbedingungen auftreten bzw. sich die Vermietungstätigkeit entgegen dem typischen wohnungs- und immobilienwirtschaftlichen Verhalten darstellt.
Annahme der Einkunftserzielungsabsicht
Von der Absicht, positive Überschüsse zu erzielen, ist auszugehen, wenn der vereinbarte Mietpreis nicht weniger als 66 % der Marktmiete beträgt ( "gilt als entgeltlich"),
- mit der Folge, dass die Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung in voller Höhe abziehbar sind. Beträgt der Mietzins weniger als 50 % der ortsüblichen Marktmiete, ist die Nutzungsüberlassung gem. § 21 Abs. 2 EStG i. d. F des JStG 2020 in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Für einen von der Vorschrift nicht erfassten Mietzins zwischen 50 % und 65 % ist auf der Grundlage der Rechtsprechung zur früheren Fassung des § 21 EStG (mit ihrem Gebot einer Überschussprognose-Prüfung bei einem Mietzins zwischen 50 % und 75 %) von einem entsprechenden Prüfungserfordernis nach der Neufassung der Vorschrift durch das JStG 2020 auszugehen.
- Aufwendungen, die ihrer Art nach Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sind, sind nicht allein deshalb nichtabziehbare Kosten der Lebensführung, weil sie noch während der Geltung der sog. großen Übergangsregelung an einem anschließend selbstgenutzten Gebäude entstanden sind.
- Die Einkunftserzielungsabsicht besteht trotz renovierungsbedingten Leerstands nach vorheriger Dauervermietung, wenn – über bloß indifferente Überlegungen hinausgehende – Anhaltspunkte für eine Selbstnutzungs- oder (ausschließliche) Veräußerungsabsicht bei Beginn des Leerstands fehlen und das Objekt selbst bei Sanierung in Eigenarbeit in absehbarer Zeit wieder vermietet werden kann.
Eine Einkunftserzielungsabsicht dauert während eines Leerstands trotz Verkaufsbemühung an, solange auch ernsthaft und nachhaltig eine Vermietung angestrebt wird; daran bestehen bei einem Leerstand von mehr als 20 Jahren ebenso durchgreifende Zweifel wie bei einer langjährig ohne Umbauabsichten hingenommenen Unvermietbarkeit wegen ungünstiger Gestaltung oder wegen Unvermögens des Steuerpflichtigen (aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen) zur Herstellung eines betriebs- und vermietungsbereiten Zustands sowie bei langjährigem Leerstand trotz örtlich allgemein stark nachgesuchtem entsprechendem Wohnraum. Insbesondere bei einer bloßen – auch subjektiv erkennbar erfolglosen – stereotypen Wiederholung von Vermietungsanzeigen kann dann auf das Fehlen der Einkünfteerzielungsabsicht zu schließen sein, wenn der Steuerpflichtige auf seinen Anforderungen (hier hinsichtlich der Miethöhe, der beabsichtigten Mietdauer und der als Mieter für den Steuerpflichtigen akzeptablen Personen) über Jahre beharrt und die Intensität seiner Bemühungen auch nicht steigert.
Entschließt sich der Steuerpflichtige, nach einer vorangegangenen dauerhaften Vermietung und sich anschließender Sanierungsphase eine andere Form der Vermietung – wie etwa die Nutzung als Ferienimmobilie – aufzunehmen, ist der subjektive Tatbestand des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG in diesem Zeitpunkt neu zu bewerten.
Dagegen greift die typisierende Annahme einer Überschusserzielungsabsicht in § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht für die dauerhafte Verpachtung unbebauten Grundbesitzes
oder bei entgeltlicher Überlassung von Wohnraum zu gewerblichen Zwecken.
Vermietung von Wohnraum...