Rn. 93
Stand: EL 151 – ET: 06/2021
Bei zeitlich zusammenhängenden Aufenthalten von mehr als sechs Monaten liegt nach § 9 S 2 AO stets ein gewöhnlicher Aufenthalt vor. Dabei verlangt § 9 S 2 AO lediglich den Aufenthalt im Geltungsbereich der AO, dh im Inland. Demzufolge ist es ausreichend, wenn sich der StPfl während der sechsmonatigen Frist irgendwo im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aufhält (vgl Drüen in Tipke/Kruse, § 9 AO Rz 10). Ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten kann auch dann vorliegen, wenn ein ArbN während dieses Zeitraums mehrfach aufeinander folgend ins Inland entsandt wird, sofern objektive Umstände vorliegen, die für einen solchen Zusammenhang und eine Fortdauer des Anlasses sprechen (BFH v 19.06.2015, III B 143/14, BFH/NV 2015, 1386).
Die Sechsmonatsfrist berechnet sich nach § 108 AO iVm §§ 187f BGB. Sie beginnt gemäß § 187 Abs 1 BGB mit dem Tag, der auf den erstmaligen Grenzübertritt als maßgebliches Ereignis folgt (s Avvento in Gosch, § 9 AO Rz 43 mwN). Ihr Ende bestimmt sich nach § 188 BGB. Ob der letzte Tag ein Samstag, Sonntag oder Feiertag ist, ist unerheblich. Die Frist gilt unabhängig vom Kj oder VZ (BFH v 19.08.1981, I R 51/78, BStBl II 1982, 452; BFH v 22.06.2011, I R 26/10, BFH/NV 2011, 2001).
Kurzfristige Unterbrechungen bleiben nach § 9 S 2 Hs 2 AO bei der Berechnung der sechsmonatigen Frist unberücksichtigt, dh, sie werden mitgerechnet. Demzufolge läuft die Aufenthaltsfrist des § 9 S 2 AO bspw bei Einreise am 01.10.01 und urlaubsbedingter Heimkehr vom 15.12.01 bis 05.01.02 bereits mit Ablauf des 01.04.02 ab. Dadurch wird sichergestellt, dass der StPfl durch Unterbrechung seiner inländischen Tätigkeit die Begründung der unbeschränkten StPfl nicht vermeiden kann.
Eine Unterbrechung des Aufenthalts ist dann kurzfristig, wenn der Aufenthalt trotz der Unterbrechung noch als zusammenhängend angesehen werden kann. Typischerweise sind darunter Familienheimfahrten, Unterbrechung wegen Kur, Urlaub oder Erholung zu verstehen. Aber auch kurzfristige Dienstreisen ins Ausland oder Schulungen unterbrechen den Aufenthalt nicht, wenn bei objektiver Betrachtung der Zusammenhang gewahrt bleibt. Fraglich ist, ob der "äußerlich erkennbare Zusammenhang" des Aufenthalts davon abhängt, dass die Unterbrechung nicht mehr als zwei bis drei Wochen dauert (s Darstellung bei BFH v 22.06.2011, I R 26/10, BFH/NV 2011, 2001). Vorzugswürdig erscheint es, von solch einer festen Zeitgrenze Abstand zu nehmen und vielmehr auf die konkreten Umstände des Einzelfalls abzustellen und diese wertend zu betrachten (so zB auch Avvento in Gosch, § 9 AO Rz 49 und BFH v 22.06.2011, I R 26/10, BFH/NV 2011, 2001).
Trotz einer an sich nur kurzfristigen "Unterbrechung" kann es an einem zeitlich zusammenhängenden (einheitlichen) Aufenthalt fehlen, wenn bei Abreise eine Rückkehr nicht beabsichtigt oder wahrscheinlich war. In diesem Fall führt die Abreise auch dann zu einer Beendigung des bisherigen Aufenthalts, wenn es aufgrund geänderter Umstände/eines neuen Entschlusses tatsächlich kurzfristig zu einer erneuten Einreise kommt (ebenso Drüen in Tipke/Kruse, § 9 AO Rz 11 und Avvento in Gosch, § 9 AO Rz 48).
Rn. 94
Stand: EL 151 – ET: 06/2021
vorläufig frei