A. Allgemeines
Rn. 106
Stand: EL 151 – ET: 06/2021
Nach dem Wortlaut des § 1 Abs 2 EStG unterliegen alle natürlichen Personen, die im Inland weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, der unbeschränkten StPfl, wenn sie
- deutsche Staatsangehörige sind,
- zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen,
- dafür Arbeitslohn von einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen und
- in dem Wohnsitz- oder Aufenthaltsstaat nur in einem der beschränkten EStPfl ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen werden.
Rn. 107
Stand: EL 151 – ET: 06/2021
Für die Anwendung der erweiterten unbeschränkten StPfl müssen für Auslandsbedienstete alle aufgeführten Merkmale kumulativ vorliegen.
Rn. 108
Stand: EL 151 – ET: 06/2021
Die Regelungen finden ebenfalls Anwendung auf die zum Haushalt gehörenden Angehörigen iSd § 15 AO, sofern diese ebenfalls deutsche Staatsbürger sind oder keine Einkünfte oder nur Einkünfte erzielen, die ausschließlich im Inland estpfl sind.
Bei der Beurteilung der StPfl von Angehörigen reicht es aus, wenn alternativ eine der Voraussetzungen vorliegt.
Durch die Vorschrift bleibt den Auslandsbediensteten der Zugang zu den Begünstigungen des deutschen ESt-Rechts erhalten, sowohl auf Seiten der Absetzung von personenbezogenen Lasten als auch bei der Ausnutzung des Splittingtarifs. Der StPfl unterliegt dem Welteinkommensprinzip.
Grundlage der heute angewendeten Regelung war der bis 1974 geltende § 14 Abs 2 StAnpG. Darin wurde für Auslandsbeamte ein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland unterstellt.
B. Deutsche Auslandsbedienstete
Rn. 109
Stand: EL 151 – ET: 06/2021
Die erweiterte unbeschränkte StPfl betrifft nur Auslandsbedienstete, die die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Das Vorliegen richtet sich nach dem StaatsangehörigkeitsG v 22.07.1913 (RGBl 1913, 583).
§ 3 StAG sieht sechs Möglichkeiten für den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft vor:
- die Geburt (§ 4 StAG),
- eine Erklärung (§ 5 StAG),
- die Annahme als Kind (§ 6 StAG),
- die Ausstellung der Bescheinigung gemäß § 15 Abs 1 o 2 BundesvertriebenenG (§ 7 StAG),
- die Überleitung als Deutscher ohne deutsche Staatsangehörigkeit (§ 40a StAG)
- sowie die Einbürgerung (§§ 8–16, 40b u 40c StAG).
In der Praxis klärt sich die Frage der Staatsangehörigkeit meist mit Vorlage der Personaldokumente.
Die Personen dürfen zudem im Inland weder ihren Wohnsitz (s Rn 69ff) noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt (s Rn 87ff) haben.
Die natürlichen Personen müssen weiter nach § 1 Abs 2 S 1 Nr 2 EStG zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen. Erforderlich ist ein konkretes Dienstverhältnis zwischen dem ArbN und dem Kassenträger (BFH v 13.08.1997, I R 65/95, BStBl II 1998, 21; anders aber bei beschränkter StPfl nach § 1 Abs 4 EStG iVm § 49 Abs 1 Nr 4 Buchst b EStG, s BFH v 23.09.1998, I B 53/98, BFH/NV 1999, 458 und BFH v 28.03.2018, I R 42/16, BFHE 261, 393).
Rn. 110
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Bei den juristischen Personen des öffentlichen Rechts handelt es sich um rechtsfähige Gebilde, die mittels Hoheitsakt errichtet werden. Sie haben das Recht der Selbstverwaltung, unterstehen der staatlichen Aufsicht und können durch Satzungen objektives Recht für ihren Aufgabenbereich setzen. Die juristischen Personen öffentlichen Rechts werden allg unterschieden in Körperschaften, Anstalten und Stiftungen.
Hierzu gehören ausdrücklich die Gebietskörperschaften, also Bund, Länder und Gemeinden, aber auch andere juristische Personen des öffentlichen Rechts wie zB Realkörperschaften, Personalkörperschaften und Verbandskörperschaften (s Erichsen, Allg VerwR, § 53 II 2).
Im Ausland tätige Mitarbeiter von juristischen Personen des privaten Rechts fallen wegen des klaren und nicht auslegungsfähigen Wortlauts des § 1 Abs 2 S 1 Nr 2 EStG auch dann nicht unter die erweiterte unbeschränkte StPfl, wenn sie aus öffentlichen Mitteln bezahlt werden (s BFH v 22.02.2006, I R 60/05, BStBl II 2007, 106 für einen im Ausland tätigen Mitarbeiter des Goethe-Instituts).
Die Gebietskörperschaften gelten als im Inland befindlich, da ihr Hoheitsgebiet im Inland belegen ist. Bei den übrigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts ist auf den Sitz nach § 11 AO abzustellen. Dieser befindet an dem Ort, der durch Gesetz, Gesellschaftsvertrag, Satzung, dem Stiftungszweck oder Ähnliches bestimmt wurde.
Rn. 111
Stand: EL 151 – ET: 06/2021
Ein Dienstverhältnis ist anzunehmen, wenn der Beschäftigte dem ArbG seine Arbeitskraft schuldet (s § 1 Abs 2 LStDV), dh, wenn die tätige Person unter der Leitung des ArbG steht oder im geschäftlichen Organismus des ArbG dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist (BFH v 02.03.1988, I R 96/84, BStBl II 1988, 768). Abgeleitet aus dem Wortlaut des § 1 Abs 2 EStG findet die Regelung Anwendung auf im Ausland tätige Beamte, Angestellte, aber auch Arbeiter. Dabei ist es unerheblich, ob das Dienstverhältnis auf privatrechtlicher oder öffentl...