Dr. Michael Hoheisel, Dr. Michael Tippelhofer
Rn. 490
Stand: EL 141 – ET: 02/2020
Nach der bis Ende 2007 geltenden BFH-Rspr muss es sich beim Gegenstand der Vermögensübergabe um eine Wirtschaftseinheit handeln, die bei dem Vermögensübernehmer eine zumindest teilweise existenzbegründende Wirkung zeitigt (BFH v 05.07.1990, GrS 4–6/89, BStBl II 1990, 847; BFH v 12.05.2003, GrS 1/00, BStBl II 2004, 95), nicht notwendigerweise jedoch das Gesamtvermögen des Übertragenden. Den Idealtypus einer solchen Vermögensübergabe stellen die Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils sowie die Übertragung eines luf Hofs dar (vgl BFH v 18.02.1993, BStBl II 1993, 546; BFH v 18.02.1993, BStBl II 1993, 548; BFH v 14.07.1993, BStBl II 1994, 19). Allerdings erfuhr der Begriff der existenzsichernden Wirtschaftseinheit durch die Rspr eine erhebliche Ausweitung und ging letztendlich weit über den ursprünglichen Idealtypus hinaus.
Rn. 491
Stand: EL 141 – ET: 02/2020
Durch das JStG 2008 wurde erstmals konkret gesetzlich geregelt, welche Vermögensgegenstände im Rahmen einer begünstigten Übertragung gegen Versorgungsleistungen übergeben werden können. Danach ist eine Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen nur noch begünstigt bei der Übertragung (sog qualifizierte Wirtschaftseinheiten) eines
Rn. 492
Stand: EL 141 – ET: 02/2020
Nach § 10 Abs 1a Nr 2 S 2 EStG gelten die Begünstigungen auch für den Teil des Versorgungsleistungen, der auf den Wohnteil eines Betriebs der LuF entfällt. Durch diese Regelung soll sichergestellt werden, dass in diesem Fall die regelmäßig im Rahmen von luf Hofübergaben mit übertragene Altenteilwohnung ebenfalls begünstigt ist, obwohl es sich steuerlich um PV handelt.
Rn. 493
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Für nach dem 31.12.2007 vereinbarte Übergaben ist allein die Vermögensart im Übergabezeitpunkt maßgeblich. Liegt zu diesem Zeitpunkt kein begünstigtes Vermögen iSd § 10 Abs 1a Nr 2 EStG vor, ist der Abzug von Versorgungsleistungen nicht möglich. Die bis zur Neuregelung im Zuge des JStG 2008 durch die Rspr ermöglichte Umschichtung von zunächst nicht existenzsicherndem Vermögen in existenzsicherndes ist nicht mehr begünstigt.
Rn. 494
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Für eine begünstigte Übertragung iSd § 10 Abs 1a Nr 2 EStG ist es notwendig, dass zumindest das wirtschaftliche Eigentum am Vermögen auf den Übernehmer übergeht.
Allein der Übergang des zivilrechtlichen Eigentums ist nicht ausreichend. Somit ist die Übertragung gegen Nießbrauchsvorbehalt – unabhängig davon, dass in diesem Fall keine Erträge mehr auf Ebene des Übernehmers vorliegen, aus denen die Versorgungsleistungen finanziert werden könnten – nicht begünstigt, da in diesem Fall regelmäßig der Vorbehaltsnießbraucher wirtschaftlicher Eigentümer bleibt (vgl Grün, NWB 2010, 1042; zur Ablösung eines Nießbrauchs im Wege der sog gleitenden Vermögensübergabe s Rn 530ff). Ebenso wenig kann im Rahmen reiner Betriebs- oder Wirtschaftsüberlassungsverträge die Begünstigung in Anspruch genommen werden, da in diesem Fall das wirtschaftliche Eigentum ebenfalls nicht übergeht (vgl BFH v 25.06.2014, BStBl II 2014, 889; Kulosa in H/H/R, § 10 EStG Rz 256).
Rn. 495
Stand: EL 141 – ET: 02/2020
Gegen die Beschränkung auf betriebliche Einheiten werden in der Literatur unter verschiedenen Gesichtspunkten Bedenken erhoben (vgl insgesamt Reddig in FS Streck, 157; Risthaus, DB 2010, 80; Bauschatz in Korn, § 10 EStG Rz 230.3.3; Schmidt/Schwind, NWB 2007 F 3, 14 887; Spiegelberger, DStR 2007, 1277). Insb die Herausnahme von Immobilienvermögen im steuerlichen PV aus der Begünstigung wird im Hinblick auf die demgegenüber bestehende Begünstigung für GmbH-Anteile des steuerlichen PV als unverständlich und willkürlich kritisiert. Daneben sei nicht nachvollziehbar, weshalb zB die Übertragung eines Anteils an einer PersGes mit drei paritätisch beteiligten Familienstämmen gegen Versorgungsleistungen begünstigt sein soll, wohingegen dies nicht gelten soll, wenn das Unternehmen in der Rechtsform einer GmbH geführt wird.
Rn. 496
Stand: EL 141 – ET: 02/2020
Der Kritik ist insoweit zuzustimmen, als die Ausgestaltung des sachlichen Anwendungsbereichs der Regelung sicherlich unsystematisch ist. Sofern eine Beschränkung auf die Übertragung betrieblicher Einheiten vorgenommen werden soll, ist der Einbezug der GmbH-Anteile – vor allem im Hinblick auf die weiteren erforderlichen Voraussetzungen – nicht begründbar (zur Frage der Verfassungsmäßigkeit vgl Kulosa in H/H/R, § 10 EStG Rz 242 und 90). Will man dagegen auch bestimmte WG des PV, die regelmäßig gleichwertig neben betrieblichen Einheiten als existenzsichernd...