Dr. Michael Hoheisel, Dr. Michael Tippelhofer
Rn. 360
Stand: EL 141 – ET: 02/2020
Der begrenzte SA-Abzug für Entgelte für den Besuch von Privatschulen nach § 10 Abs 1 Nr 9 EStG ist durch das Kultur- und StiftungsförderungsG v 13.12.1990, BGBl I 1990, 2775 mit Wirkung ab dem VZ 1991 eingeführt worden. Mit der Regelung wollte der Gesetzgeber staatlich genehmigte oder erlaubte Ersatzschulen und anerkannte allgemeinbildende Ergänzungsschulen durch eine steuerliche Begünstigung statt durch direkte Beihilfen fördern (BT-Drucks 11/7833, 8; vgl auch BFH BStBl II 2006, 377). Als SA konnten nach § 10 Abs 1 Nr 9 EStG aF 30 % des Entgelts für den Besuch einer gemäß Art 7 Abs 4 GG staatlich genehmigten oder nach Landesrecht erlaubten Ersatzschule sowie einer nach Landesrecht anerkannten allgemeinbildenden Ergänzungsschule abgezogen werden, das der StPfl für ein Kind, für das er einen Kinderfreibetrag oder Kindergeld (§§ 62ff EStG) erhielt, entrichtet hatte, mit Ausnahme des Entgelts für Beherbergung, Betreuung und Verpflegung.
Rn. 361
Stand: EL 141 – ET: 02/2020
Durch das JStG 2009 ist zunächst der Kreis der nach § 10 Abs 1 Nr 9 EStG aF begünstigten Schulen erweitert worden. Begünstigt sind nunmehr alle Schulen in freier Trägerschaft und überwiegend privat finanzierte Schulen, und nicht mehr nur Ersatzschulen oder Ergänzungsschulen iSd Art 7 Abs 4 GG. Darüber hinaus erfasst die Neuregelung des SA-Abzugs für Schulgeldzahlungen auch Schulen, die in einem Mitgliedstaat der EU oder in einem Staat belegen sind, für den das EWR-Abkommen gilt, da die bisherige Beschränkung des Abzugsrechts auf Schulgeldzahlungen an inländischen Schulen zwar verfassungsgemäß (BVerfG DStRE 2004, 951), aber europarechtswidrig war (vgl EuGH C-76/05, DStR 2007, 1670; EuGH C-318/05, DStRE 2007, 1300).
Rn. 362
Stand: EL 141 – ET: 02/2020
Die Neuregelung des § 10 Abs 1 Nr 9 EStG idF JStG 2009 gilt nach § 52 Abs 24b S 1 EStG idF JStG 2009 ab dem VZ 2008.
Rn. 363
Stand: EL 141 – ET: 02/2020
Zudem gilt für noch nicht bestandskräftige Steuerfestsetzungen der VZ vor 2008 gemäß § 52 Abs 24b S 2 EStG idF JStG 2009 eine besondere Übergangsregelung für Schulgeldzahlungen an Schulen in freier Trägerschaft oder an überwiegend privat finanzierte Schulen, die in einem anderen EU-Mitgliedstaat oder in einem Staat belegen sind, auf den das EWR-Abkommen Anwendung findet. § 10 Abs 1 Nr 9 EStG aF ist danach mit der Maßgabe anzuwenden, dass es sich nicht um eine gemäß Art 7 Abs 4 GG erlaubte Ersatzschule oder eine nach Landesrecht anerkannte allgemeinbildende Ergänzungsschule handeln muss, sofern diese Schulen zu einem von dem zuständigen inländischen Ministerium eines Landes, von der Kultusministerkonferenz der Länder oder von einer inländischen Zeugnisanerkennungsstelle anerkannten oder einem inländischen Abschluss an einer öffentlichen Schule als gleichwertig anerkannten allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss führen. Mit dieser Übergangsregelung will der Gesetzgeber sicherstellen, dass in noch offenen Veranlagungsfällen der SA-Abzug auch dann möglich ist, wenn die Schule in einem anderen EU-Mitgliedstaat oder in einem Staat belegen ist, auf den das EWR-Abkommen Anwendung findet (BT-Drucks 16/10189, 65). Die Übergangsregelung des § 52 Abs 24b S 2 EStG idF JStG 2009 erfasst daher keine Schulgeldzahlungen an inländische Privatschulen (BFH BStBl II 2012, 200; BFH/NV 2012, 566; 2012, 208). Ferner erfüllen auch Schulgeldzahlungen an ausländische Hochschulen, Fachhochschulen oder staatliche Schulen nicht die Voraussetzungen des § 52 Abs 24b S 2 EStG idF JStG 2009 (BFH BStBl II 2012, 321).
Rn. 363a
Stand: EL 141 – ET: 02/2020
Die europarechtswidrige Versagung des SA-Abzugs nach § 10 Abs 1 Nr 9 EStG aF für Schulgeld, das an Privatschulen in einem anderen EU-Mitgliedstaat gezahlt worden ist, rechtfertigt keinen Erlass gemäß § 227 AO, wenn die Versagung des SA-Abzugs durch letztinstanzliches Urt des BFH vor Ergehen der Urt des EuGH C-76/05, DStR 2007, 1670 und EuGH C-318/05, DStRE 2007, 1300 (hierzu s Rn 361) rechtskräftig versagt worden ist (BFH BStBl II 2016, 117).