Peter Gassen, Dr. Karoline Schwarz
Rn. 15
Stand: EL 152 – ET: 08/2021
Zum Verlustabzug berechtigt sind neben unbeschränkt StPfl iSv § 1 Abs 1 EStG im Grundsatz auch beschränkt StPfl. Bei diesen waren bis zum VZ 2008 allerdings die Einschränkungen nach § 50 Abs 1 u 2 aF EStG zu beachten; bei Wechsel zwischen beschränkter StPfl und unbeschränkter StPfl gilt § 2 Abs 7 S 3 EStG. § 50 Abs 1 S 2 aF EStG machte die Anwendbarkeit von § 10d EStG davon abhängig, dass die Verluste in wirtschaftlichem Zusammenhang mit inländischen Einkünften stehen und sich aus Unterlagen ergeben, die im Inland aufbewahrt werden. Letztere Voraussetzung ist EU-widrig. Mit Urt v 15.05.1997 hat der EuGH, C-250/95, DB 1997, 1211 in der Sache Futura Participations SA und Singer entschieden, dass ein Verlustvortrag aus früheren Jahren bei einem StPfl, der in seinem Gebiet eine Zweigniederlassung, nicht aber seinen Sitz hat, davon abhängig gemacht werden darf, dass die Verluste in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Einkünften stehen, die der StPfl in diesem Staat erzielt hat, die Aufbewahrung von Unterlagen im betreffenden Mitgliedsstaat wegen eines Verstoßes gegen die Niederlassungsfreiheit nach Art 52 EGV jedoch nicht zur Voraussetzung des Verlustvortrags gemacht werden darf. Die FinVerw legte § 50 Abs 1 S 2 aF EStG vertragskonform aus und sah es (R 233a EStR 1999) als ausreichend an, dass die Unterlagen in einem anderen EU-/EWR-Staat geführt werden.
Ab dem VZ 2009 gilt der Verlustabzug ohne Einschränkungen für beschränkt StPfl, sofern keine Abgeltungswirkung gemäß § 50 Abs 2 S 1 EStG eintritt; Ausnahmen dazu in § 50 Abs 2 S 2 EStG.
Rn. 16
Stand: EL 152 – ET: 08/2021
Der Verlustabzug nach § 10d EStG ist personenbezogen. Nach dem Grundsatz der Personenidentität kann den Verlustabzug nur derjenige geltend machen, der den Verlust erlitten hat. Eine rechtsgeschäftliche Übertragung der Verlustabzugsmöglichkeit im Wege der Einzelrechtsnachfolge ist ausgeschlossen; s BFH v 17.07.1991, BStBl II 1991, 899; zur Gesamtrechtsnachfolge s Rn 18.
Rn. 17
Stand: EL 152 – ET: 08/2021
Bei der Zurechnung des Verlustabzugs bei Ehegatten sind drei Fälle zu unterscheiden. Bei getrennter Veranlagung (ab 2013 Einzelveranlagung, § 52 Abs 68 EStG) bleibt es bei den grundsätzlich geltenden Beträgen. Bei zusammenveranlagten Ehegatten verdoppeln sich die jeweiligen Sockelbeträge für Verlustrückträge nach § 10d Abs 1 S 1 EStG und Verlustvorträge nach Abs 2 S 2. Für die VZ 1999–2003 ist zunächst ein Ausgleich nach § 2 Abs 3 S 2–5 EStG aF vorzunehmen. Für insoweit nicht ausgeglichene Verluste kommt ein Ausgleich nach § 2 Abs 3 S 6–7 EStG aF in Betracht. Noch verbleibende negative Einkünfte sind nach § 10d EStG zu berücksichtigen, s R 115 Abs 9 EStR 2003; strittig.
Da ab dem VZ 2004 die Beschränkungen zum vertikalen Verlustabzug entfallen sind, ist zunächst ein Ausgleich zwischen den Einkünften des Ehegatten vorzunehmen, der die negativen Einkünfte erzielt hat. Ein verbleibender negativer Betrag ist sodann mit dem positiven Betrag des anderen Ehegatten auszugleichen. Verbleibt schließlich ein negativer Betrag, der nicht oder nicht vollständig zurückgetragen wird, ist dieser als Verlustvortrag gesondert festzustellen, R 10d Abs 6 EStR 2012. Ändert sich im VZ der Verlustentstehung, des Verlustvortrags bzw des Verlustrücktrags die Art der Veranlagung, so ist entsprechend § 62d EStDV eine Aufteilung vorzunehmen; zur zeitlichen Anwendung s § 84 Abs 3e EStDV; ab VZ 2013 § 84 Abs 11 EStDV. Eine Übersicht dazu bietet Hallerbach in H/H/R, § 10d EStG Rz 17, 303. Erg-Lfg.
Rn. 18
Stand: EL 152 – ET: 08/2021
Die Vererblichkeit des Verlustvor- bzw Verlustrücktragsrechts war lange Zeit heftig umstritten. Nach st Rspr konnte ein einem Erblasser zustehender Verlust durch den Erben geltend gemacht werden, s BFH v 15.03.1962, HFR 1963, 8; BFH v 13.11.1979, BStBl II 1980, 188. Diese Rspr war zunehmender Kritik ausgesetzt. Abweichender Auffassung war entgegen seiner früheren Auffassung zwischenzeitlich der I. Senat des BFH v 29.03.2000, BStBl II 2000, 622, der in einer Divergenzanfrage seine Absicht bekundet hat, von der vorstehenden Rspr abzuweichen. Trotz Zustimmung des IV., VIII. und XI. Senats hatte der I. Senat, s BFH v 16.05.2001, BStBl II 2002, 487; BFH v 22.10.2003, I ER S 1/03, BFH/NV 2004, 268 ohne Anrufung des GrS an der bisherigen Rspr festgehalten; zum Ganzen s Nickel/Hilgers, FR 2004, 457.
Die FinVerw, BMF v 26.07.2002, BStBl I 2002, 667 folgte der Auffassung des I. Senats. Die Literatur zu der Thematik war uneinheitlich; zum Meinungsstand auch s Laule/Bott, DStR 2005, 497 und Giehl/Mirth, NWB F 3, 12 857 und BFH v 05.05.1999, BFHE 189, 57, 60. Mit Beschluss vom 28.07.2004, BFH BStBl II 2005, 262 hat schließlich der XI. Senat nach Ablehnung dessen Divergenzanfrage durch den I. und VIII. Senat (s BFH v 22.10.2003, I ER S 1/03, BFH/NV 2004, 268; BFH v 14.10.2003, VIII ER S 2/03, BFH/NV 2004, 331) den GrS in der Absicht angerufen, die Vererblichkeit des Verlustabzugs auszuschließen.
Der GrS hat sich von der bisherigen Rspr abgewan...