Rn. 146

Stand: EL 166 – ET: 08/2023

§ 11 Abs 2 S 5 EStG bestimmt, dass § 42 AO unberührt bleibt. Diese Regelung, die sich zuvor in § 11 Abs 3 Hs 2 EStG befand, bezieht sich ausschließlich auf Vorauszahlungen für Nutzungsüberlassungen, soweit nicht die Sonderregelung des § 11 Abs 2 S 3 EStG eingreift, vgl BR-Drucks 15/4050, 53 (Einzelbegründung zu § 11 EStG); Kister in H/H/R, § 11 EStG Rz 130 (April 2021); aA Martini in Brandis/Heuermann, § 11 EStG Rz 78 (August 2022): § 11 Abs 2 S 5 EStG bezieht sich nach seinem Wortlaut auf § 11 Abs 2 S 1 EStG.

Überschreitet der Vorauszahlungszeitraum den Zeitraum von 5 Jahren nicht, hat eine Missbrauchsprüfung zu erfolgen. Da nach Auffassung des BFH die Vorauszahlung von Erbbauzinsen, die dazu dient, jährliche Steigerungen der Erbbauzinsen zu vermeiden, einen wirtschaftlichen vernünftigen Grund darstellt, BFH vom 07.12.2010, IX R 70/07, BStBl II 2011, 346, verbleibt für die Regelung in § 11 Abs 2 S 5 EStG kaum ein Anwendungsbereich, Martini in Brandis/Heuermann, § 11 EStG Rz 78 (August 2022) unter Hinweis auf BFH vom 23.09.2003, IX R 65/02, BStBl II 2005, 159; so auch Kister in H/H/R, § 11 EStG Rz 130 (April 2021).

Werden Zahlungen im Zusammenhang mit einer Nutzungsüberlassung ohne einen wirtschaftlich vernünftigen Grund im Voraus geleistet, zB bei Zahlungen vor Fälligkeit oder bei Zahlungen für Leistungen, die noch nicht erbracht worden sind und bei denen auch kein vernünftiger Grund für eine Anzahlung bestand, hat die Rspr allerdings zutreffend einen Gestaltungsmissbrauch bejaht, so bei einem vor Auszahlung des Darlehens ohne zeitlichen Zusammenhang geleisteten Damnum, vgl BFH vom 13.12.1983, VIII R 64/83, BStBl II 1984, 426; aA Kister in H/H/R, § 11 EStG Rz 130 (April 2021); vgl dazu BMF vom 20.10.2003, BStBl I 2003, 546 Tz 15.

Kein Gestaltungsmissbrauch liegt hingegen vor, wenn ein zeitlicher Zusammenhang besteht, vgl BFH vom 13.12.1983, VIII R 173/83, BStBl II 1984, 428; bei Schuldzinsen, die vor Fälligkeit gezahlt wurden, vgl BFH vom 24.09.1985, IX R 2/80, BStBl II 1986, 284 sowie bei Pachtvorauszahlungen, vgl BFH vom 11.10.1983, VIII R 61/81, BStBl II 1984, 267; kritisch dazu Seer, DStR 1987, 603; Prinz, DB 1985, 830. Zutreffend ist ein Gestaltungsmissbrauch nur in krassen Fällen anzunehmen, in denen Leistungen ohne erkennbare vernünftige Gründe zeitlich verschoben werden, vgl dazu Geurts/Walter in Frotscher/Geurts, § 11 EStG Rz 70 "Missbräuchliche Zahlung" (Mai 2022). Dem StPfl obliegt insoweit die Darlegung eines sachlich nachvollziehbaren Grundes für die Vorauszahlung, vgl BFH vom 22.03.21990, IV R 115/89, BStBl II 1990, 776; das FA trägt hingegen die Beweislast für das Vorliegen eines Gestaltungsmissbrauchs. Vgl auch FG Münster vom 24.03.2022, 8 K 3880/19 G,F zu beachtlichen wirtschaftlichen Gründen bei der Vereinbarung einer Leasingsonderzahlung, wenn der StPfl nachfolgend seinen Betrieb aufgibt, an der Rechtsnachfolgerin, einer GmbH, als Gesellschafter beteiligt ist und die GmbH die Leasingverträge unentgeltlich übernimmt. Ein Gestaltungsmissbrauch soll vorliegen, wenn ein Freiberufler, der seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt und seinen Pkw für unternehmerische Zwecke verwendet, die Leasing-Sonderzahlung in einen Zeitraum mit vorübergehend außergewöhnlich hoher beruflicher Nutzung des Pkw verlagert, FG Schleswig-Holstein vom 23.11.2020, 3 K 1/20, DStRE 2021, 1409 (Rev BFH VIII R 1/21); BFH vom 05.05.1994, VI R 100/93, BStBl II 1994, 643; Rehr/Riehm, FR 2021, 880.

Ein Gestaltungsmissbrauch liegt dann nicht vor, wenn eine Einkunftsquelle kurz vor einem bestimmten Stichtag veräußert oder anderweitig aufgegeben wird, um den Zufluss von stpfl Einkünften zu vermeiden und stattdessen einen unbesteuerten Wertzuwachs auf der Vermögensebene zu realisieren, BFH vom 11.10.2000, I R 99/96, BStBl II 2001, 22.

 

Rn. 147

Stand: EL 166 – ET: 08/2023

Als Rechtsfolge des Gestaltungsmissbrauchs bestimmt § 42 Abs 1 S 2 AO, dass der Steueranspruch so entsteht, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entstanden wäre. Infolgedessen führt § 42 AO idR nicht dazu, dass eine verlagerte Zahlung in vollem Umfang nicht zu berücksichtigen ist. Nur die angemessene Teilleistung ist im Kj der Zahlung zu berücksichtigen, der Rest der Zahlung hingegen in dem Kj, zu dem diese wirtschaftlich gehört.

 

Rn. 148–158

Stand: EL 166 – ET: 08/2023

vorläufig frei

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