Rn. 77
Stand: EL 153 – ET: 10/2021
Soweit die Aufwendungen auch die Erwerbssphäre berühren, sind sie steuersystematisch nicht mehr dem Kernbereich der Lebensführungsaufwendungen zuzuordnen.
Beispiele:
- Aufwendungen für einen Sprachkurs im Ausland, der auch dem beruflichen Fortkommen dienen soll (BFH VI B 133/12, BFH/NV 2013, 552; BFH VI R 12/10, BStBl II 2011, 796; BFH VI R 61/04, BFH/NV 2007, 1132)
- Aufwendungen für eine Auslandsgruppenreise, die sowohl aus allgemeintouristischem als auch aus berufsbezogenem Interesse unternommen wird (BFH VI R 3/11, BStBl II 2012, 416; BFH VI R 42/09, BStBl II 2011, 522; BFH VI R 5/07, BStBl II 2010, 687)
- Aufwendungen eines Lehrers für einen Ski-Kurs, wenn er Leiter der Ski-Arbeitsgemeinschaft in der Schule ist (BFH VI R 61/02, BStBl II 2006, 782: Snowboardkurs; BFH VI R 61/91, BFH/NV 1993, 416; BFH VI R 175/85, BStBl II 1989, 91)
- Aufwendungen eines Restaurantkritikers für Testessen (BFH IV B 131/99, BFH/NV 2001, 162; anders: BFH III R 11/94, BFH/NV 1996, 539: Testessen eines Spitzengastronomen beim Konkurrenten).
Es handelt sich um sog gemischte Aufwendungen, die sowohl aus betrieblichen/beruflichen Gründen als auch aus privaten Gründen getätigt werden. Die gemischten Aufwendungen sind in der Praxis die "kritischen Fälle", weil sie immer wieder zu Streitigkeiten führen, ob und in welchem Umfang sie abzugsfähig sind oder nicht. Da diese Aufwendungen – wie es in § 12 Nr 1 S 2 EStG ausgeführt ist – "auch zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des StPfl erfolgen", verläuft hier die Grenzlinie zwischen den abzugsfähigen Aufwendungen gemäß § 4 Abs 4 EStG und § 9 EStG und den nichtabzugsfähigen Aufwendungen für die allg Lebensführung gemäß § 12 Nr 1 EStG.
Rn. 78
Stand: EL 153 – ET: 10/2021
§ 12 Nr 1 S 1 EStG trifft insoweit die Aussage, dass die Aufwendungen, soweit sie der privaten Lebensführung dienen, nicht abzugsfähig sind. Zu dem betrieblichen/beruflichen Veranlassungsanteil der gemischten Aufwendungen macht § 12 Nr 1 S 1 EStG keine Aussagen. Dies hat die Konsequenz, dass der betriebliche/berufliche Anteil grds unter § 4 Abs 4 EStG bzw § 9 EStG fällt und damit abzugsfähig ist. Dies dient der zielgenauen Durchsetzung des objektiven Nettoprinzips. Nach der neueren Rspr des BFH wird diese Grenzziehung nicht durch eine speziellere Regelung in § 12 Nr 1 S 2 EStG verdrängt.
Rn. 79
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Die Annahme, dass § 12 Nr 1 S 1 EStG nur für den Teil der gemischten Aufwendungen eine Aussage trifft, der durch die allg Lebensführung veranlasst ist, während für den betrieblich/beruflich veranlassten Teil der Aufwendungen keine Beschränkungen der Abzugsfähigkeit bestehen, führt denknotwendig dazu, dass bei gemischten Aufwendungen eine Aufteilung in einen abzugsfähigen und in einen nichtabzugsfähigen Teil erfolgen muss. Die Konsequenz dieses Ansatzes ist ein Aufteilungsgebot für gemischte Aufwendungen, soweit ein rational nachvollziehbarer Aufteilungsmaßstab vorhanden ist. Hinsichtlich der Einzelheiten s Rn 132ff.
Rn. 80–82
Stand: EL 153 – ET: 10/2021
vorläufig frei