Rn. 269a
Stand: EL 153 – ET: 10/2021
Der Gesetzgeber hat das Abzugsverbot des § 12 Nr 4 EStG durch das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (WElektroMobFördG) v 12.12.2019 (BGBl I 2019, 2451) auf die mit den Sanktionen "zusammenhängenden Aufwendungen" ausgedehnt. Die Änderung steht im Kontext mit einer gleichlautenden Erweiterung des § 4 Abs 5 S 1 Nr 8 EStG. Nach § 52 Abs 20 EStG ist die Anwendbarkeit der Neuregelung an einen doppelten zeitlichen Bezug geknüpft. Zum einen ist die Neufassung auf nach dem 31.12.2018 festgesetzte
- Geldstrafen (§ 12 Nr 4 EStG Alt 1),
- sonstige Rechtsfolgen vermögensrechtlicher Art, bei denen der Strafcharakter überwiegt (§ 12 Nr 4 EStG Alt 2), und
- Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen (§ 12 Nr 4 EStG Alt 3),
anzuwenden. Zum anderen müssen die "zusammenhängenden Aufwendungen" nach dem 31.12.2018 entstanden sein.
Rn. 269b
Stand: EL 153 – ET: 10/2021
Bis zu der Gesetzesänderung fielen die Kosten der Strafverteidigung einschließlich der Gerichtskosten nicht in den Anwendungsbereich des § 12 Nr 4 EStG. Sie konnten als BA/WK abgezogen werden, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der StPfl zur Wehr setzte, betrieblich oder beruflich veranlasst war (BFH VI B 133/14, BFH/NV 2015, 1247; BFH VI R 75/10, BFH/NV 2011, 2040; BFH VI R 42/04, BStBl II 2008, 223). Die dem StPfl vorgeworfene Tat musste ausschließlich und unmittelbar aus seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar sein (BFH VIII R 43/14, BFH/NV 2017, 569; BFH IX R 5/12, BStBl II 2013, 806; BFH XI R 35/01, BFH/NV 2002, 1441; FG RP v 20.10.2020, 5 K 1613/17, EFG 2021, 92, Rev eingelegt, Az des BFH: X R 34/20; vgl auch: BFH VI R 27/15, BStBl II 2018, 441). Private Gründe lagen vor, wenn die strafbare Handlung mit der Erwerbstätigkeit des StPfl nur insoweit im Zusammenhang stand, als diese ihm eine Gelegenheit zu der Straftat verschaffte (BFH VIII R 43/14, BFH/NV 2017, 569). Eine erwerbsbezogene Veranlassung wurde auch dadurch aufgehoben, dass der ArbN seinen ArbG vorsätzlich schädigen wollte oder der StPfl sich oder einen Dritten durch die schädigende Handlung bereicherte (BFH VI R 75/10, BFH/NV 2011, 2040; BFH VI R 42/04, BStBl II 2008, 223). Schädlich war bereits eine private Mitveranlassung der Aufwendungen, weil gemischt veranlasste Strafverteidigungskosten nicht objektiv aufteilbar waren (BFH VIII R 43/14, BFH/NV 2017, 569). Ergänzend s Rn 164 "Strafverteidigungskosten").
Rn. 269c
Stand: EL 153 – ET: 10/2021
Das Abzugsverbot für die "damit zusammenhängenden Aufwendungen" bezieht sich auf alle drei Alternativen des § 12 Nr 4 EStG. Das ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des § 12 Nr 4 EStG, weil sich die "damit zusammenhängenden Aufwendungen" auch auf die in § 12 Nr 4 EStG zuletzt genannte Alternative beziehen könnten. Eine solche Auslegung würde aber dem aus der Gesetzesbegründung ersichtlichen Willen des Gesetzgebers widersprechen. Außerdem lässt sich die Anbindung an alle drei Alternativen des § 12 Nr 4 EStG aus der etwas abweichenden Formulierung in § 52 Abs 20 EStG ersehen.
Rn. 269d
Stand: EL 153 – ET: 10/2021
Die Aufwendungen müssen mit der Geldstrafe gemäß § 12 Nr 4 EStG Alt 1, mit der sonstigen Rechtsfolge vermögensrechtlicher Art gemäß § 12 Nr 4 EStG Alt 2 oder mit der Leistung zur Erfüllung der Auflagen oder Weisungen iSd § 12 Nr 4 EStG Alt 3 zusammenhängen. Unstreitig ist, dass Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Begleichung der Geldstrafe oder den gleichgestellten Sanktionen entstehen, wie zB Schuldzinsen für die Fremdfinanzierung der verhängten Geldstrafe, nach dem Wortlaut der Neufassung nicht abzugsfähig sind (so auch die Gesetzesbegründung für die gleichlautende Änderung in § 4 Abs 5 S 1 Nr 8 EStG: BT-Drucks 19/13436, 91).
Dagegen ist umstritten, ob auch Strafverteidigungskosten und Gerichtskosten von der Gesetzesänderung erfasst sind. ME stehen auch derartige Aufwendungen in einem Zusammenhang mit der verhängten Geldstrafe oder gleichgestellten Sanktionen, sodass diese Aufwendungen seit dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung nicht mehr abgezogen werden können, auch wenn das strafrechtlich relevante Verhalten durch den Betrieb oder Beruf veranlasst war (ebenso Seiler in Kirchhof/Seer, § 12 EStG Rz 11 (20. Aufl); Thürmer in Blümich, § 12 EStG Rz 214 (Mai 2020); Schmieszek in Bordewin/Brandt, § 12 EStG Rz 241 (Mai 2020); aA Loschelder in Schmidt, § 12 EStG Rz 44 (40. Aufl); Fissenewert in H/H/R, Jahreskommentierung 2020, § 12 EStG Rz J 20–5). Die Gegenauffassung stellt darauf ab, dass die Gesetzesänderung nur Aufwendungen erfasst, die mit dem Ergebnis des Strafverfahrens, also mit der festgesetzten Geldstrafe oder mit den gleichgestellten Sanktionen, nicht aber mit dem Verfahren selbst, zusammenhängen.
Ein solches Verständnis würde aber dazu führen, dass die Erwe...