Rn. 126
Stand: EL 153 – ET: 10/2021
Die Zuordnung der Aufwendungen zur Erwerbs- oder Privatsphäre mithilfe des Veranlassungsprinzips, führt in vielen Fällen nicht zu eindeutigen Ergebnissen. Aufwendungen werden häufig nicht nur aus betrieblichen/beruflichen Gründen oder nicht nur aus privaten Gründen geleistet. Oftmals besteht ein Mix aus beruflicher und privater Motivation, der den StPfl zu den Aufwendungen veranlasst. Die Grundsätze für die Behandlung dieser gemischten Aufwendungen sind durch den grundlegenden Beschluss des GrS des BFH v 21.09.2009, GrS 1/06, BStBl II 2010, 672 neu ausgerichtet worden.
1. Die frühere Rspr des BFH
Rn. 127
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Nach der früheren Rspr des BFH enthielt § 12 Nr 1 S 2 EStG nicht nur ein Abzugsverbot für sog Repräsentationsaufwendungen, sondern darüber hinaus ein generelles Aufteilungs- und Abzugsverbot für gemischte Aufwendungen (BFH GrS 2/70, BStBl II 1971, 17; BFH GrS 3/70, BStBl II 1971, 21; BFH GrS 8/77, BStBl II 1979, 213). Ausgangspunkt der Überlegungen des BFH war, dass Aufwendungen für die Lebensführung, die nur die Privatsphäre betreffen, schon nach den Regelungen in § 4 Abs 4 EStG und § 9 EStG keine BA oder WK sein können. Deshalb ging der BFH davon aus, dass der eigentliche Sinn des § 12 Nr 1 S 2 EStG in einer generellen Regelung für die sog gemischten Aufwendungen lag. Für diese Auffassung wurde der Wortlaut des § 12 Nr 1 S 2 EStG herangezogen, wonach die Repräsentationsaufwendungen auch dann nicht abgezogen werden dürfen, wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des StPfl erfolgen. Nach der damaligen Auffassung diente § 12 Nr 1 S 2 EStG der steuerlichen Gerechtigkeit. Die Vorschrift sollte verhindern, dass StPfl durch eine mehr oder weniger zufällig oder bewusst herbeigeführte Verbindung von beruflichen und privaten Erwägungen Aufwendungen für ihre Lebensführung in den einkommensteuerlich relevanten Bereich verlagern konnten, nur weil sie einen entsprechenden Beruf hatten, während andere StPfl gleichartige Aufwendungen aus versteuerten Einkünften leisten mussten.
Rn. 128
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Nach dieser Rspr waren die sog gemischten Aufwendungen grds nicht aufteilungs- und abzugsfähig, es sei denn, das Hineinspielen der Lebensführung war unbedeutend und fiel nicht ins Gewicht oder objektive Umstände ermöglichten eine zutreffende und leicht nachprüfbare Trennung und der abgrenzbare Teil war nicht von untergeordneter Bedeutung (zB BFH VI R 7/89, BFH/NV 1992, 725; BFH IV R 22/81, BStBl II 1984, 301; BFH VI R 71/78, BStBl II 1982, 69; BFH IV R 66/77, BStBl II 1980, 117). Das BVerfG bestätigte diese Rspr (BVerfG 1 BvR 343/73, 1 BvR 83/74, 1 BvR 183, 75, 1 BvR 428/75, BStBl II 1978, 174; BVerfG 1 BvR 707/85, DStZ/E 1985, 277).
Rn. 129
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Die Rspr war aber nicht konsequent. Sie ließ zahlreiche Ausnahmen von dem Aufteilungs- und Abzugsverbot zu. So waren die Aufwendungen für einen gemischt genutzten Pkw aufteilbar (BFH GrS 2/70, BStBl II 1971, 17), ebenso die Kosten eines Flugzeugs oder Hubschraubers (BFH IV R 157/74, BStBl II 1978, 93; BFH I R 20/82, BStBl II 1985, 458), besonders hohe Kosten für Kleidung, Friseur, Kosmetika und Kleiderreinigung bei einer Sängerin (BFH IV R 3/73, BB 1978, 1293; Aufgabe dieser Rspr: BFH IV R 91/87, IV R 92/87, BStBl II 1990, 49), die Kosten für eine Hausgehilfin (BFH IV R 66/77, BStBl II 1980, 117; BFH XI R 15/85, BStBl II 1997, 33), Telefonkosten (BFH VI 133/64, BStBl III 1967, 249; BFH VI R 202/79, BStBl II 1981, 131; BFH VI R 15/81, BStBl II 1986, 200), die Schuldzinsen bei einem gemischten Kontokorrentkonto (BFH GrS 1/88, GrS 2/88, BStBl II 1990, 817; BFH IV R 93/88, BFH/NV 1992, 14; BFH GrS 1/95, GrS 2/95, BStBl II 1998, 193), die Kosten einer Waschmaschine (BFH IV 54/60 U, BStBl III 1961, 308; BFH VI R 77/91, BStBl II 1993, 837; BFH VI R 53/92, BStBl II 1993, 838; vgl auch BFH IV 158/61 S, BStBl III 1964, 455: zusätzlich Heimbügler, Kühlschrank), Prämien für eine Reisegepäckversicherung (BFH VI R 42/92, BStBl II 1993, 519), der Mehraufwand für Verpflegung (BFH VI R 82, 94; BStBl II 1995, 324), Prämien für eine Rechtsschutzversicherung (BFH VI R 97/94, BFH/NV 1997, 346) und die Kosten eines Computers (BFH VI R 135/01, BStBl II 2004, 958).
Rn. 130
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Es war nur schwer nachzuvollziehen, weshalb die eben genannten Aufwendungen (ausnahmsweise) aufgeteilt werden durften, während die Aufteilung anderer Aufwendungen unzulässig sein sollte. Nicht aufgeteilt werden durften beispielsweise die Aufwendungen für Surfbretter eines Erziehers, der in der Schule eine Interessengruppe "Surfen" leitete (BFH VI R 137/83, BStBl II 1987, 262); Aufwendungen für ein Arbeitszimmer, das auch als Durchgangszimmer für private Räume genutzt wurde (BFH VI R 49/85, BFH/NV 1988, 556; BFH VI R 180/82, BStBl II 1984, 110); Aufwendungen für eine Auslandsreise mit teils beruflichen und teils touristischen Zielen (BFH VI R 64/91, BStBl II 1993, 612) und Aufwendungen für einen Fachkongress im Ausland (BFH IV R 39/96, B...