Josef Mitterpleininger, Dipl.-Finw. (FH) Sebastian Gruber
Rn. 209c
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Die Einräumung des (regelmäßig unentgeltlich vereinbarten) Nießbrauchs an einem luf Betrieb ist grundsätzlich auch steuerlich anzuerkennen (BFH v 04.11.1980, BStBl II 1981, 396 und BFH v 05.07.1984, BStBl II 1986, 322). Wie bei allen Verträgen mit nahen Angehörigen, die auf eine Verlagerung der Einkünftezurechnung hinzielen, ist aber Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung, dass das Vertragsverhältnis ernsthaft gewollt, zivilrechtlich wirksam bestellt und tatsächlich auch ausgeübt wird (BFH v 05.07.1984, aaO). Soweit sich der Nießbrauch auch auf Grundstücke erstreckt, ist für dessen zivilrechtliche Wirksamkeit neben der Einigung der Vertragsparteien über den Eintritt der Rechtsänderung zusätzlich dessen Eintrag in das Grundbuch erforderlich (§§ 873, 874 BGB).
Soll der Nießbrauch einem Minderjährigen gegenüber eingeräumt werden, ist für die steuerliche Anerkennung die Mitwirkung eines Ergänzungspflegers notwendig (BFH v 13.05.1980, BStBl II 1981, 297), während es einer Ergänzungspflegschaft für die Dauer des Nießbrauchs nicht bedarf (BFH v 13.05.1980, BStBl II 1981, 295). Die steuerliche Anerkennung ist jedoch in den Fällen zu versagen, in denen wegen (rechtsirrtümlicher) Auffassung des Familiengerichts die Bestellung eines Pflegers unterblieben ist (BFH v 31.10.1989, BStBl II 1992, 506; aA BMF v 30.09.2013, BStBl I 2013, 1184 Rz 5).
Ist das zu beurteilende Nießbrauchsverhältnis mangelbehaftet, ist zu unterscheiden, ob lediglich die zivilrechtlichen Formvorschriften nicht beachtet wurden (zB fehlende Eintragung im Grundbuch), oder ob die Mängel in der tatsächlichen Durchführung liegen. Während die Nichtbeachtung der zivilrechtlichen Formvorschriften (es liegt dann lediglich ein schuldrechtlich wirkendes Nutzungsverhältnis vor) dazu führt, dass die Einkünfte aus der Bewirtschaftung des luf Betriebs dem Nutzenden nicht mehr aufgrund seiner Nießbrauchsstellung zufließen, sondern nunmehr regelmäßig aufgrund eines anderweitigen Nutzungsverhältnisses (zB als Pächter oder als Berechtigter aus einem Wirtschaftsüberlassungsvertrag bzw einem unentgeltlichen Nutzungsverhältnis; vgl insoweit auch BFH v 11.04.1973, BStBl II 1973, 528 und BFH v 14.11.1979, BStBl II 1980, 432), führen Mängel in der tatsächlichen Durchführung grundsätzlich dazu, dass die Einkünfte aus dem luf Betrieb weiterhin dem zivilrechtlichen Eigentümer zuzurechnen sind.
Die steuerliche Anerkennung eines Nießbrauchsverhältnisses zugunsten von Angehörigen ist grundsätzlich nicht von einer bestimmten (zB fünfjährigen) Mindestlaufzeit abhängig; gleichwohl werden Laufzeiten von weniger als einem Jahr bzw Kündigungsabsprachen, die eine jederzeitige Vertragsbeendigung zulassen, kritisch zu sehen sein.
Rn. 209d
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Die Bestellung eines (Vorbehalts-, Zuwendungs- wie Vermächtnis-)Nießbrauchs hat bei luf Betrieben grundsätzlich zur Folge, dass zwei Betriebe entstehen, und zwar ein ruhender in der Hand des Eigentümers und ein wirtschaftender in der Hand des Nießbrauchsberechtigten (BFH v 07.04.2016, BStBl II 2016, 765 und BFH v 25.01.2017, BFH/NV 2017, 1077 für den Fall des Vorbehaltsnießbrauchs und BFH v 28.09.1995, BStBl II 1996, 440 für den Fall des Vermächtnisnießbrauchs). Dies gilt unabhängig davon, ob der Betrieb aktiv bewirtschaftet wird oder als Ganzes verpachtet ist (BFH v 08.05.2019, VI R 26/17, BStBl II 2019, 660). Der luf Betrieb geht zivilrechtlich und grundsätzlich auch steuerlich (gemäß § 6 Abs 3 EStG zwingend zum Buchwert) auf den Übernehmer über, auch wenn er während des Bestehens des Nießbrauchs das erhaltene Vermögen nicht nutzen kann, denn bei normaler Ausgestaltung des Nießbrauchs wird er wirtschaftlicher Eigentümer (§ 39 Abs 2 Nr 1 AO) des erhaltenen Vermögens, da ihm der Nießbraucher das rechtliche Eigentum nicht mehr entziehen kann; dies gilt selbst dann, wenn dem zivil- wie wirtschaftlichen Eigentümer während des Bestehens des Nießbrauchs Verfügungsbeschränkungen, wie zB ein Veräußerungsverbot oder ein Rückfall bei Vorversterben des Übernehmers usw, auferlegt worden sind (BFH 26.11.1998, BStBl II 1999, 263). Nur ausnahmsweise bleibt der Übergeber wirtschaftlicher Eigentümer, wenn der Übergabevertrag so ausgestaltet ist, dass der Nießbraucher dem Übernehmer jederzeit – und ohne dass besondere Voraussetzungen vorliegen müssen – wieder das zivilrechtlich Eigentum entziehen kann (BFH 05.05.1983, BStBl II 1983, 631).
Soweit der BFH v 25.01.2017, BFH/NV 2017, 1077 entschieden hat, dass § 6 Abs 3 EStG auf die unentgeltliche Übertragung eines (ruhenden wie aktiven) Gewerbebetriebs gegen Vorbehaltsnießbrauch nicht anwendbar ist, weil der Übertragende seine betriebliche Tätigkeit nicht vollends eingestellt habe, ist diese Rechtsprechung nicht auf die unentgeltliche Übertragung eines luf Einzelbetriebs gegen Vorbehaltsnießbrauchübertragbar, da § 14 EStG lediglich die unentgeltliche Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an den WG des luf BV fordert, nicht hingegen – wie § 16 EStG – die Ein...